Offenbar wollten die Männer ihren Wohnblock vor Randalierern schützen, als sie überfahren wurden. Während in London 16.000 Polizisten für eine relativ ruhige Nacht sorgen, breiten sich die Krawalle unter anderem nach Birmingham, Manchester und Liverpool aus.
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© REUTERS (DARREN STAPLES)

Am Rande der schweren Ausschreitungen im britischen Birmingham sind drei Männer mit einem Auto totgefahren worden. Der Vorfall habe sich in der Nacht auf Mittwoch an einer Tankstelle in der Innenstadt ereignet, teilte die Polizei in der Früh mit. Alle drei Männer seien noch in der Nacht im Krankenhaus an ihren schweren Verletzungen gestorben. Wenig später seien in der Nähe ein Auto sichergestellt und ein Mann festgenommen worden. Die Polizei leitete Ermittlungen wegen Mordes ein.

Weitere Details wurden zunächst nicht veröffentlicht. Bisher ist nicht klar, ob der Vorfall direkt mit den Krawallen in der Stadt zu tun hat. Die BBC berichtete unter Berufung auf Augenzeugen, die Männer hätten ihren Wohnblock vor den Randalierern schützen wollen. Sanitäter erzählten, es seien rund 80 Personen an der Tankstelle gewesen, als sie ankamen.

Krawalle weiten sich aus

Birmingham war einer der Schwerpunkte der Krawalle der vergangenen Nacht. In der vierten Nacht mit Straßenschlachten und brennenden Häusern in Großbritannien verlagerten sich die Ausschreitungen in Städte wie Manchester, Liverpool und Birmingham. In der Hauptstadt London blieb es weitgehend ruhig, nachdem 16.000 Polizisten mobilisiert worden waren.

Seit Beginn der Ausschreitungen am Samstag im nördlichen Londoner Stadtteil Tottenham wurden allein in der Hauptstadt 768 Verdächtige festgenommen, berichtete Scotland Yard Mittwoch früh.

Chaos in Manchesters City

Nach Angaben der Polizei liefen vergangene Nacht hunderte teils maskierte Jugendliche durch das Stadtzentrum von Manchester im Nordwesten Englands, warfen Schaufensterscheiben ein und plünderten Schuh- und Kleidungsgeschäfte sowie einen Elektromarkt. Zudem setzten sie mehrere Gebäude in Brand und schleuderten Wurfgeschoße auf die Polizisten. Die Polizei war mit mehreren Hundertschaften vor Ort im Einsatz. Ein Polizeivertreter sprach von den schwersten Krawallen in Manchester in den vergangenen 30 Jahren.

Ein Anrainer sagte dem britischen Rundfunksender BBC, das Plündern habe über Stunden angehalten, nachdem es den Polizisten nicht gelungen sei, die Masse zurückzuhalten. Der Leiter des größten Einkaufszentrums der Stadt, Glen Barkworth, sagte der BBC, Jugendliche hätten Absperrgitter in die Türen von Geschäften geschleudert.

"Das sind ganz einfach Verbrecher"

"Das sind ganz einfach Verbrecher, die heute Nacht durchdrehen", sagte Garry Shewan, ein ranghoher Polizeioffizier in Manchester. "Das ist sinnlose Gewalt und sinnlose Kriminalität in einer Größenordnung, wie ich sie nie zuvor gesehen habe." Er warnte die Randalierer, es gebe zahlreiche Videoaufzeichungen von der Gewalt. "Morgen früh werden wir kommen, um Verhaftungen vorzunehmen." Im Großraum Manchester wurden bereits in der Nacht mindestens 15 Menschen festgenommen, wie die Polizei mitteilte.

Auch in Salford in der Nähe von Manchester und in West Bromwich soll es zu Unruhen gekommen sein. Im zentralenglischen Nottingham griff eine Gruppe von 30 bis 40 Randalierern eine Polizeistation an und setzte sie mit Molotow-Cocktails in Brand. Verletzt wurde niemand, wie die Polizei mitteilte. Das Feuer konnte später gelöscht werden, mindestens acht Menschen wurden festgenommen. Auch in der zentralenglischen Stadt Wolverhampton wurden Geschäfte ausgeraubt. In West Bromwich und Birmingham, der zweitgrößten Stadt Englands, Autos angezündet. In Birmingham kam es auch zu zahlreichen Plünderungen.

Lage in London entspannte sich vorerst

In London selbst, dem Ausgangspunkt der Unruhen, blieb es am Abend angesichts eines massiv verstärkten Polizeiaufgebots zunächst relativ ruhig. Der britische Premierminister David Cameron hatte 10.000 zusätzliche Polizisten in die Hauptstadt beordert, um die seit Tagen andauernden Ausschreitungen in den Griff zu bekommen. In vielen Teilen der Stadt hatten außerdem Geschäfte aus Angst vor neuer Gewalt früher geschlossen.

Polizei sagte offenbar nicht die Wahrheit

Die Randale hatten am Samstag am Rande einer Mahnwache für den von einem Polizisten getöteten Mark Duggan im Londoner Problembezirk Tottenham begonnen. Am Dienstag nahm der Fall eine dramatische Wende, als eine interne Untersuchungskommission einräumte, dass es "keine Beweise" dafür gebe, dass der 29-Jährige Duggan auf die Polizei geschossen hatte. Diese Darstellung widerspricht den anfänglichen Polizeiangaben.

Baseballschläger-Verkauf boomt

Die schweren Krawalle in England scheinen unterdessen viele Leute aufrüsten zu lassen: Der Verkauf von Baseballschlägern, Schlagstöcken und Ähnlichem ist auf dem britischen Portal des Internethändlers Amazon am Dienstag zeitweise um mehrere Tausend Prozent gestiegen. Nach Angaben der Seite wurde der Absatz von manchen Schlägern innerhalb der vergangenen 24 Stunden um das bis zu 60- oder 70-Fache gesteigert.


Ag.