Herr Soros hat in einer Rede vor dem Brüsseler Wirtschaftsforum am 1. Juni die Krise angesprochen, die die EU ereilt hat. Es war eine ehrgeizige Rede, bei der der ungarische Milliardär einen gedanklichen Ausflug in die Geschichte der EU unternahm und detailliert an die Vision der Europäischen Integration des französischen Geschäftsmannes und Diplomaten Jean Monnet erinnerte. Er sah die Notwendigkeit, vor allem Frankreich und Deutschland zu einer Wirtschaftsunion zu verpflichten, und mit der Zeit eine politische Vereinigung zu erreichen. Dies soll verhindern, dass diese beiden Länder nach dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg noch einmal in verheerendere Konflikte verwickelt werden.
Wo Herr Soros sich allerdings bereits von der Wahrheit loslöst, ist seine Darstellung der Sowjetunion als Bedrohung für Westeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg:
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Westeuropa mit Hilfe des Marshall-Plans wieder aufgebaut, aber es war immer noch durch die Sowjetunion bedroht, die den östlichen Teil des Kontinents besetzte.Wohlfeile Geschichtsklitterung zum Nachteil der Sowjetunion
Die Wahrheit an dieser Angelegenheit ist, dass die Sowjetunion Europa vom Faschismus befreite, dass Hitler es ohne die unermessliche Hartnäckigkeit und das Opfer des sowjetisch-russischen Volkes und der Roten Armee geschafft hätte, den Kontinent zu kolonisieren.
Wie der US-Historiker Peter Kuznick schreibt:
Bis zum [D-Day im Juni 1944] kämpfte die Sowjetunion fast eigenhändig gegen das deutsche Militär. Bis zur Invasion in der Normandie kämpfte die Rote Armee gegen mehr als zweihundert feindliche Divisionen, während die US-Amerikaner und Briten zusammen selten mit mehr als zehn konfrontiert waren. Deutschland verlor über sechs Millionen Männer an der Ostfront und etwa eine Million an der Westfront und im Mittelmeer.Kehren wir nun zu der Rede von Herrn Soros und der Behauptung zurück, dass die EU "von feindlichen Mächten umgeben ist: Putins Russland, Erdogans Türkei, Sisis Ägypten und die USA, die Trump gerne schaffen würde, aber nicht kann".
Auch hier verkauft uns der Milliardär-Investor eine bequeme Verdrehung der Wahrheit - denn die Wahrheit ist, dass Russland von der EU bedroht wird und nicht umgekehrt. Das passiert durch die zunehmende Rolle der EU, die als politischer Arm der NATO-Militärallianz agiert, zu deren Mitgliedern übrigens, um Herrn Soros zu erinnern, auch die Türkei gehört.
Kommentar: Nur eines der vielen Beispiele der NATO- und EU-Aggression gegen Russland:
Nicht Russland bedroht die EU, sondern umgekehrt
Es ist nicht so, dass Russland der EU aktiv feindlich gesinnt wäre, sondern dass Russland sich vor der Feindseligkeit der EU verteidigen muss. In dieser Hinsicht sind die Sanktionen, die Russland auferlegt wurden, nachdem die EU und ihre Beamten aktiv einen blutigen Staatsstreich in der Ukraine im Jahr 2014 aktiv unterstützt hatten, eine doppelte Ungerechtigkeit, die George Soros' glatte Behauptung, dass Russland der "Böse" ist, mehr denn je in Verruf bringt.
Herr Soros liegt allerdings mit einem Hinweis richtig, nämlich wenn er sagt, dass, wenn
die Europäische Union in ihrem Handeln so weitermacht wie bisher, es wenig Hoffnung auf eine Verbesserung gibt. Deshalb muss die Europäische Union radikal neu erfunden werden.Die Krise, die die EU verschlungen hat, ist das Produkt eines Fundamentalismus des freien Markte, der sonst als Neoliberalismus bekannt ist und von den liberalen Eliten in den letzten Jahrzehnten gleichsam als weltliche Religion praktiziert wird.
Es ist genau die Fähigkeit des Kapitals, sich über die ganze Welt hin und her zu bewegen, um die beste Investitionsrendite zu suchen, die so viel Chaos und Instabilität zum offensichtlichen Schaden für Millionen von Werktätigen führte. Es ist diese ökonomische Instabilität, die in der gleichen Zeit der wichtigste "Push-Faktor" hinter der Masseneinwanderung war. George Soros und seinesgleichen haben sich durch diesen Sachverhalt bereichert und tragen zu den ungeheuerlichen Auswirkungen dieses Prozesses auf die Volkswirtschaften sowie den sozialen Zusammenhalt bei.
Europa der Eliten ist kein zukunftsfähiges Europa
Die europäische Integration als Konzept ist unmöglich infrage zu stellen. Allerdings ist die EU, wie sie derzeit existiert, eindeutig dysfunktional und entspricht nicht in gleicher Weise den Bedürfnissen der überwiegenden Mehrheit ihrer Bürger. Sie wird im Interesse einer neoliberalen Elite geführt, die die nationale Souveränität und politische Stabilität als Fluch für ihre Prioritäten sehen, Renditegelegenheiten durch kurzfristige Investitionen zu erzielen. Es ist diese perverse und groteske Interpretation von "Freiheit" und "Libertät", die die Institutionen der EU dominierte und diese im Zuge der Weltwirtschaftskrise von 2007/08 in die Krise stürzte.
Das Ergebnis der Krise im Neoliberalismus war das Wachstum der Anti-Politik, oder genauer gesagt der "Politik gegen das Übliche", die sich in der Entscheidung des britischen Volkes im Jahr 2016, die EU zu verlassen (Brexit) sowie bei der Wahl von Donald Trump zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten im selben Jahr wiederfindet.
Eine europäische Integration ohne Russland ist ein politisches Oxymoron. Es ist ein Oxymoron, das die EU in ihrem Vorgehen untermauert, da sie nicht auf die ökonomischen oder politischen Bedürfnisse der Bürger Europas, sondern vielmehr auf die Bedürfnisse Washingtons und der unipolaren Welt eingeht, die seit dem Untergang der Sowjetunion im Jahre 1991 existiert.
Soros ist Teil des Problems und nicht der Lösung
Die europäischen Regierungen, die sich dazu entschieden haben, sich Washingtons Willen zu fügen, werden sich mit allen entsprechenden Konsequenzen konfrontiert sehen. In Wahrheit werden sie zum größten Opfer der Konsequenzen sein, zu denen es kommen wird, wenn sie unter den Slogans des Friedens und der Sicherheit Russland als die Bedrohung derselben angreifen werden.
George Soros und alles, was er vertritt, könnte niemals Teil der Lösung der Krise in der EU sein. Im Gegenteil: Soros ist Teil des Problems. Bis die europäischen Regierungen dies erkennen und merken, dass die Misserfolge der EU nicht von den Fehlern des Neoliberalismus unterscheidbar sind, beschäftigen sie sich mit einer Krise, die sich nur weiter vertiefen wird.
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Kommentar: Soros ist in der Tat ein großer Teil des Problems!