Sektenexpertin Ursula Caberta glaubt, dass die Scientology-Sekte in Stormarn verstärkt auf Mitgliedersuche gehen wird.
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© dapdUrsula Caberta, Leiterin der Arbeitsgruppe Scientology in der Hamburger Innenbehörde

Bad Oldesloe. "Wie kann ich meine Kinder vor Scientology schützen? Profitiert Scientology von der Krise der katholischen Kirche?" Viele Oldesloer Bürger nutzten gestern die Gelegenheit, um ihre Fragen rund um die Sekte am Infostand des Anti-Scientology-Bündnisses in der Mühlenstraße loszuwerden. Das Bündnis aus dem DGB Stormarn, dem Verein für Integration und Toleranz, dem Verein "Frauen helfen Frauen" und den Parteien SPD, Grüne, Linkspartei und CDU hatte sich formiert, nachdem die Sekte für gestern geplant hatte, mit einem Infostand in der Oldesloer Innenstadt für neue Mitglieder zu werben. Kurzfristig sagten die Scientologen ab. Das Gegenbündnis war trotzdem vor Ort, um Aufklärungsarbeit zu leisten.

Schützenhilfe gab es von einem echten Profi: Deutschlands bekannteste Scientology-Expertin, Ursula Caberta, beantwortete die Fragen der Bürger. Von der Art und Weise, wie in Bad Oldesloe auf die Sekte reagiert wurde, ist sie begeistert. "Wenn Politik und Vereine Hand in Hand gegen Scientology vorgehen, ist das optimal", so Caberta. Sie geht davon aus, dass die Sekte mehr und mehr versuchen wird, in Stormarn neue Mitglieder zu rekrutieren. "Bei denen kriselt es", so Caberta. "In Hamburg ist es für sie nicht mehr so einfach, Infostände zu bekommen, daher weichen sie eher in den Speckgürtel aus."

Auch diese Aktivitäten werden jedoch zentral gesteuert. Die sogenannte "Kirche" in Hamburg ist für den gesamten norddeutschen Raum und Mecklenburg-Vorpommern zuständig, sie steuert die Öffentlichkeitsarbeit und die Rekrutierung von "Raw Meat" - neuen Mitgliedern. Im Stormarner Raum gehören laut Caberta Infostände zu den beliebtesten Mitteln, um Präsenz zu zeigen. Andere Aktivitäten bleiben eher versteckt - ernsthafte Versuche, in den umliegenden Städten sesshaft zu werden, gab es in den letzten Jahren wohl eher nicht.

"Ich kann mir gut vorstellen, dass die Wirtschaftsleute von Scientology in Stormarner Hotels Kommunikations- oder Managementseminare veranstalten", sagt die Sektenexpertin. Dies sei momentan die erfolgreichste Art, neue Mitglieder zu rekrutieren. Ist man sich unsicher, ob man sich auf eine Scientology-Veranstaltung verirrt hat, sollten die Alarmglocken spätestens schrillen, sobald vom Sektengründer L. Ron Hubbard die Rede ist. "Früher oder später läuft es immer auf Hubbard und seine Lehren aus", so Caberta. Auch wenn es bei Seminaren Bücher zu kaufen gibt, sollte man stutzig werden.

Was tun, wenn man glaubt, dass sich ein Angehöriger in den Fängen der Scientologen befindet? Das Beste sei es, erst einmal Interesse zu zeigen, um mehr zu erfahren. Bei Kritik oder Vorwürfen machen viele Betroffene gleich dicht. "Am besten wendet man sich dann an eine der wenigen Beratungsstellen, die es noch gibt", sagt Caberta. "Die Sekten-Info in Nordrhein-Westfalen ist zum Beispiel sehr kompetent." Caberta hatte zuletzt die Arbeitsgruppe Scientology in Hamburg geleitet. Im vergangenen Jahr wurde sie vom damaligen Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) geschlossen.

Obwohl das Beratungsangebot eher mau sei, so Caberta, sei der Ausstieg aus Scientology heutzutage leichter als noch vor einigen Jahren. "Die Aussteiger sind viel besser miteinander vernetzt", sagt sie. "Auch die öffentliche Wahrnehmung hat sich zum Positiven verändert. Als Aussteiger gilt man als Opfer, nicht mehr als Versager."

Der Mitinitiator der Aktion, der Stormarner DGB-Vorsitzende Uwe Teut, will sich weiterhin im Bündnis mit Parteien und Vereinen stark gegen Scientology machen. "Sobald die Scientologen wieder einen Infostand anmelden, sind wir wieder hier", sagt er.