Hamburg - Hamburgs Sektenexpertin Ursula Caberta hat sich bislang hauptsächlich eine erbitterte Fehde mit der Scientology-Organisation geliefert und dabei bundesweit Bekanntheit erlangt. Nun hat sie in der Esoterik-Bewegung einen neuen Gegner gefunden. Und da Allgemeinplätze nicht so ihre Sache sind, nennt sie am Dienstag bei der Präsentation ihres neuen Buches Schwarzbuch Esoterik auch gleich etliche Prominente, die wissentlich oder auch unwissentlich eine ihrer Meinung nach gefährliche Szene stützen: Etwa der frühere Fernsehpfarrer Jürgen Fliege mit seinen Geschäften. Oder der Entertainer Harpe Kerkeling und die Sängerin Nena, die mit ihren spirituellen Erfahrungen auch der Esoterik-Branche dienten.

«Jürgen Fliege steht symptomatisch für diese gefährliche Entwicklung», sagt Caberta. Er sei vom evangelischen Pastor zum Esoteriker mutiert. «Er hat wohl alles vergessen, was er in christlicher Geschichte vielleicht mal gelernt hat.» Jetzt veranstalte er im bayerischen Bad Wörishofen ein «Fest für Körper, Geist und Seele», wo sich «Stars der Esoterik-Szene» wie Bert Hellinger, Katja Ebstein oder Rüdiger Dahlke die Klinke in die Hand gäben. Und nicht nur die: Diesmal sei auch der EKD-Vorsitzende Nikolaus Schneider angekündigt. «Da stelle ich mir dann schon die Frage, was will der Vorsitzende der EKD Deutschland bei einem "spirituellen Woodstock"?»

Eindringlich warnt sie in ihrem Buch vor selbst ernannten Heilern, Gurus, Gauklern, dubiosen Therapeuten und zahlreichen Gruppen, die Schätzungen zufolge allein in Deutschland inzwischen bis zu 20 Milliarden Euro umsetzten. «Eines haben sie alle gemeinsam: Sie können Menschen schädigen, gesundheitlich oder "nur" finanziell.» Brächten sie Menschen doch dazu, «ihr bisheriges Leben aufzugeben, alles zu vergessen, was ihnen vorher wichtig war und ihr Leben bestimmt hat» - für Caberta sind das auch Kriterien für Sekten. Dies zu unterbinden, sei Aufgabe der Kirchen und der Politik, fordert sie und verlangt unter anderem Regelungen für den Markt der käuflichen Spiritualität und ein neues Heilpraktikergesetz.

«Wir haben eine lange, lange Liste, wo schreckliche Schicksale - unter welchem esoterischen Level auch immer - passiert sind: von Morden über Kindesmissbrauch, Anleitungen zum Suizid bis hin zu gesellschaftlichen politischen Einflüssen, die zu Katastrophen führen können», sagt Caberta. Für besonders gefährlich halte sie die christlichen Fundamentalisten, von denen sich die Kirchen viel zu wenig abgrenzten. Sowohl ihnen als auch den Esoterikern sei gemein, dass sie den Islam als einen Feind betrachteten. «Das hat eine Form angenommen, die dringend angegangen werden muss», fordert Caberta.

Die Sängerin «Nena geistert ja nun schon seit ich weiß nicht wie vielen Luftballons durch die esoterische Landschaft», sagt Caberta. Sie sei ein Beispiel dafür, wie über Prominente spirituelle Erfahrungen vermarktet werden können. Nena selbst mache das zwar nicht, betont die Sektenexpertin. «Aber sie ist praktisch das Aushängeschild für alle anderen Anbieter.» Schließlich verkünde Nena immer wieder irgendwelche spirituellen Höhenflüge als «individuell und positiv».

«Ich liebe Hape Kerkeling», betont Caberta bei ihrer Pressekonferenz in Hamburg. Aber wenn er sich auf den Jakobs-Weg mache, Erfahrungen sammle und anschließend behaupte, er sei «ein Buddhist mit christlichem Überbau», «dann kann man sich die Frage stellen: Lieber Hape Kerkeling, ist Dir eigentlich bewusst, wie viele neue Opfer Du produzierst in der esoterischen Welt?» In ihrem Buch kommt sie zu dem Schluss: Kerkeling spreche mit seiner selbst gebastelten Patchwork-Religion viele verunsicherte Menschen an - und riefe damit all die zahlreichen Anbieter auf dem Esoterikmarkt auf den Plan.

dpa/lno