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© Sott.net/Myriam Kieffer
Die Quantenphysik erkennt zwar immer wieder die Rolle von 'Information' an, definiert sie aber nie wirklich. Die Informationstheorie wurde zuerst von Claude Shannon882 in seiner wissenschaftlichen Arbeit 'Mathematische Grundlagen der Informationstheorie'883 populär gemacht, in der er sich auf die Effizienz des Informationstransports und deren Anwendung für die Informatik konzentrierte.884 Während dies an sich ein interessantes Forschungsgebiet ist, hat die Informationstheorie von Shannon jedoch einige wichtige Punkte nicht angesprochen:
Als Shannon die Grundlagen der Informationstheorie festlegte, erwähnte er mit Absicht in seiner Arbeit keinerlei Referenzen darüber, was die Information bedeutet und verweilte nur bei den Übertragungsaspekten. Seine Theorie alleine kann nicht die Semantik und Kommunikation von Entitäten einer höheren Ordnung erklären.885
Im Gegensatz dazu hat Tom Stonier886 die meisten seiner Forschungen und Schriften dem Wesen von Information selbst gewidmet und ist zu einigen bahnbrechenden Schlussfolgerungen gelangt. Laut Stonier ist die Information selbst ein fundamentaler Bestandteil des Universums:
Materie und Energie umfassen die Oberfläche des Universums. Die Oberflächenstruktur des Universums ist für unsere Sinne leicht erkennbar. Die innere Struktur ist [jedoch] subtiler. Sie ist in einer weniger offensichtlichen Art organisiert: sie besteht nicht nur aus Materie und Energie, sondern auch aus Informationen.887
Natürlich könnte man sich jetzt fragen, warum dieser Umstand nicht schon früher konzeptualisiert wurde, woraufhin Stonier antwortet:
Materie ist der Boden, auf dem wir gehen [...] Energie verbrennt unsere Finger [...] Information ist subtiler. Es ist wahr, dass [die Information] auch Teil unserer täglichen Erfahrung ist. Jedes Mal wenn wir reden, eine Zeitung lesen oder fernsehen, sind wir damit beschäftigt, Informationen zu absorbieren und auszutauschen. Wir haben jedoch immer Informationen mit Aktivitäten in unseren Köpfen verbunden - [und] nicht als etwas, das genauso real ist wie Energie und Materie.888
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[(Copy: ValiantTechnology) Abbildung 228:Tom Stonier; der Vater der Informationstheorie (1927-1999)]
Tatsächlich sind Informationen nicht ausschließlich in unserem Kopf: Worte in einem Buch sind Informationen, egal ob wir sie nun lesen oder nicht. Die in jedem lebenden Wesen vorhandene DNA ist Information, eine grundlegende Information, die die Entwicklung jeder Zelle kontrolliert. Ohne DNA kann es keine Entwicklung geben. Diese Entwicklung kann weder ausschließlich durch die Materie erklärt werden (die Nucleoide, Proteine, Wasser etc.), die die Zelle ausmacht; noch ausschließlich durch die von der Zelle erzeugte und empfangene Energie (Wärme, Elektrizität etc.). Deshalb muss ein dritte Komponente jenseits von Materie und Energie existieren, die verantwortlich für die Entwicklung und Organisation einer Zelle ist, nämlich die Information.
[...]Information macht einen kausalen Unterschied in unserer Welt [aus] - etwas, das sofort offensichtlich wird, wenn wir an menschliches Handeln denken. Doch selbst auf der Quantenebene kommt es auf die Information an. Eine Wellenfunktion ist eine Verkapselung von allem was über ein Quantensystem bekannt ist. Wenn eine Beobachtung gemacht wird und das gekapselte Wissen sich verändert, dann verändert sich auch die Wellenfunktion und damit die anschließende Quantenentwicklung des Systems. Darüber hinaus spielen Informationsstrukturen eine unleugbare kausale Rolle in materiellen Konstellationen, wie wir sie beispielsweise in physikalischen Phänomen, wie der Resonanz oder in biologischen Systemen wie DNA-Sequenzen sehen. Ist ein Gen im Grunde genommen nichts anderes als eine Reihe von kodierten Anweisungen für ein molekulares System, um eine Aufgabe auszuführen?889
Um die Bedeutung der Informationstheorie zu erläutern, stellte Stonier die berühmte Frage: 'Wenn ein Baum in einem Wald fällt und niemand da ist um es zu hören, macht es dann ein Geräusch?'890

Stonier meinte, um diese Frage beantworten zu können, müsse man zuerst den Begriff 'Geräusch' definieren. Wenn 'Geräusch' als 'Vibrationen in der Luft, die durch das menschliche Ohr umgewandelt werden' definiert wird, dann erzeugt ein Baum, der auf einer verlassenen Insel umfällt, kein Geräusch; doch wenn 'Geräusch' nur durch 'Vibrationen in der Luft' definiert wird, dann wird ein Geräusch erzeugt, unabhängig davon, ob die Ohren eines Tieres oder Menschen es hören.891

Folglich modifiziert jegliche Veränderung und jedes Ereignis den Zustand des Universums, ob ein Beobachter vorhanden ist oder nicht. Genauer ausgedrückt, verändert es die fundamentale Natur des Universums, das heißt dessen Informationsgehalt. Dieses Ereignis modifiziert das Universum, in dem dieser spezifische Baum steht, zu einem Universum, in dem dieser spezifische Baum umgefallen ist.

Das ist ein wesentlicher Unterschied zu der Position, die die meisten Quantenphysiker einnehmen, für die die Anwesenheit eines Beobachters erforderlich ist, damit der Kollaps der Wahrscheinlichkeitswellenfunktion stattfinden kann und die Realität 'festfriert' und sich materialisiert. Für die Quantenphysik bleibt das Universum ohne einen Beobachter ein Meer aus unendlichen Potentialen und abstrakten Wahrscheinlichkeiten:
[...] Einstein witzelte: "Glauben Sie wirklich, der Mond ist nicht da, außer wenn jemand hinschaut?" Die Anhänger der Quantenmechanik antworteten mit einer Variante [der alten Frage] über den Baum, der im Wald umfällt: Wenn niemand auf den Mond schaut - wenn niemand 'seine Position misst, indem er ihn anschaut' - dann gibt es für uns keine Möglichkeit zu wissen ob er da ist, und folglich ergibt es [auch] keinen Sinn, die Frage [überhaupt] zu stellen.892
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© miriadna.comAbbildung 229: Unabhängig davon, ob ein Beobachter anwesend ist oder nicht, modifiziert jedes Ereignis den Zustand des Universums und seines Informationsinhalts.
Stonier führte auch eine neue Interpretation in die Thermodynamik ein, einen Zweig der Naturwissenschaften, der sich mit grundlegenden Begriffen wie Wärme, Temperatur, Energie und Arbeit beschäftigt. Eines der Hauptkonzepte, das in der Thermodynamik entwickelt wurde, ist die 'Entropie'; das Ausmaß der Unordnung in einem System.

Nach der Mainstream-Wissenschaft und ihrem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, neigt jedes System zu einem Zustand maximaler Entropie, d.h. maximaler Unordnung.893 Folglich soll jedes Gebilde zu Unordnung und Verfall neigen. Das ist der Grund, warum Wissenschaftler das 'Ablaufen' des Universums und all seiner Bestandteile vorhersagen und letztlich den entropischen Tod und die vollständige Randomisierung.894

Das Problem mit diesem Gesetzt ist jedoch, dass es nur Energie und Materie berücksichtigt. Wenn beispielsweise ein Topf mit Wasser Wärme ausgesetzt wird, werden die Moleküle anfangen zu agitieren, was zu einem erhöhten Grad an Chaos führt, während das Abkühlen dieses Systems das Organisationsniveau erhöhen und die Entropie verringern würde.

Stonier weist jedoch darauf hin, dass es noch einen anderen Weg gibt, die Entropie eines Systems zu verringern: durch die Erhöhung ihres Informationsgehalts. Trotz des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik werden lebende Formen im Laufe der Zeit immer komplexer und organisierter. Anstatt den Weg des entropischen Todes mit einer zunehmenden Unordnung zu verfolgen, folgen sie dem entgegengesetzten Weg, der ein immer höheres Niveau an Organisation und Komplexität aufweist.895

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© HyperphysicsAbbildung 230: Ordnung ist nach den Gesetzen der Thermodynamik höchst unwahrscheinlich. Informationen können das Unwahrscheinliche wahrscheinlich machen.
Während die Mainstream Wissenschaft postuliert, dass nur eine Art der Entropie existiert, die ausschließlich durch Energie angetrieben wird, gibt es für den Ingenieur Bryant M. Shiller zwei Arten der Entropie: Energiegetriebene Entropie und informationsgetriebene Entropie. Während nicht lebende896 Formen ausschließlich durch energiegetriebene Entropie kontrolliert werden und dazu neigen im Laufe der Zeit Energie zu verlieren und zu zerfallen, sind lebende Formen beiden Arten der Entropie unterworfen. Während energiegetriebene Entropie dazu neigt, sich im Laufe der Zeit zu erhöhen (durch übliche Zerfallsvorgänge), kann sich informationsgetriebene Entropie im Laufe der Zeit verringern, wenn genug Information oder Intelligenz innerhalb des Systems vorhanden sind.897 Daher können wir eine zunehmende Komplexität bei zahlreichen lebenden Formen feststellen, trotz der vorhandenen energiegetriebenen Entropie, die sie zu erhöhter Unordnung drängt.

Dem Zeitstrahl der Entropie - die Tendenz eines Systems, im Laufe der Zeit Energie zu verlieren und schließlich zu sterben - steht ein anderer Zeitstrahl gegenüber, der ihm entgegenwirkt und ebenso grundlegend ist, und in dem das Universum durch das Wachstum von Information, Struktur, Organisation und Komplexitä sich zu immer ausgeklügelteren Zuständen der Materie und der Energie weiter entwickeltt.
echcc abbildung 231
© Sott.net, adaptiert von StonierAbbildung 231: Information (I) als eine Funktion der Entropie (S)
Abbildung 231 zeigt die Kurve der Information (I) als eine Funktion der Entropie (S). Wenn die Information zunimmt, sinkt die Entropie (oben links in der Grafik), was zu einem stark organisierten Zustand führt (illustriert in der Abbildung durch eine unwahrscheinliche, strukturierte Mauer). Wenn Information abnimmt, erhöht sich die Entropie (rechts unten in der Grafik), wodurch sehr unorganisierte Zustände entstehen (illustriert in der Abbildung durch einen unstrukturierte Ziegel-Haufen, der wahrscheinlicher ist).

Nicht lebende Formen folgen der Kurve nach rechts, in Richtung der Desorganisation und dem Zerfall, dargestellt durch den grünen Pfeil in der Grafik. Lebende Formen können dieser Kurve jedoch nach links folgen, in Richtung höherer Ebenen der Information, Organisation und der Komplexität, dargestellt durch den blauen Pfeil.

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© Sott.net, adaptiert von StonierAbbildung 232: Information, Energie und Materie: Drei zusammenhängende Hauptbestandteile des Universums
Information ist nicht nur ein Hauptbestandteil des Universums und das Herzstück von lebenden Formen und der Schöpfung, sondern es interagiert auch aufs engste mit der Materie und der Energie (Abbildung 232). Abbildung 232 zeigt drei verschiedene Formen der Interaktion:
  1. Eine Mischung aus Energie und Materie, die frei von Information ist, wird beispielsweise durch kochendes Wasser veranschaulicht: energetische und desorganisierte Wassermoleküle.
  2. Eine Mischung aus Materie und Information, die frei von Energie ist, wird durch einen Kristall bei der Temperatur des absoluten Nullpunkts veranschaulicht, ein hoch organisierter und nicht-energetischer Eiskristall.
  3. Eine Mischung aus Information und Energie, in der keine Materie involviert ist, könnte durch Licht im Raum veranschaulicht werden: Photonen sind energetische, masselose Teilchen, die sich in einer geordneten Form bewegen und Informationen transportieren.898
Wir können also feststellen, dass eine Energiezufuhr Wassermoleküle dazu bringt, sich willkürlicher zu bewegen, wie beim Beispiel des erhitzten Wassers im Topf. Also erhöht sich das Ausmaß der Unordnung im Universum und Information geht verloren.
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© Sott.netAbbildung 233: Links - Kochendes Wasser (hohe Unordnung, wenig Information). Rechts - Wasserkristall (hohes Maß an Ordnung und Information).
Umgekehrt verhält es sich, wenn Energie aus dem System entfernt wird (das Abkühlen des Wassertopfes); die Unordnung wird reduziert. Schließlich kann das Wasser in hochstrukturierte und organisierte Eiskristalle einfrieren. Im Fall des Wassers ist der Abkühlungsprozess - die Entfernung der Energie - mit einer Erhöhung der Information verbunden. Somit kann man sagen:
Wärme ist das Produkt von Energie, die mit Materie interagiert. Struktur ist das Produkt der Information, die mit Materie interagiert.899
Die Physiker Seth Lloyd und Henry Stapp forderten einige weit verbreitete Überzeugungen über unsere Realität heraus und gingen einen Schritt weiter als Stonier:
[...] was passiert, wenn wir nicht annehmen, dass die mathematischen Beziehungen der sogenannten Naturgesetze die grundlegendsten Beschreibungsebenen sind, sondern Information als die Grundlage für die Konstruktion der physischen Realität angesehen wird [...] anstatt die Mathematik als primär anzusehen, gefolgt von der Physik und dann der Information, sollte das Bild in unserem erklärenden Schema umgekehrt werden, so dass wir [folgende] begriffliche Hierarchie vorfinden: Information -> Gesetze der Physik -> Materie.900
Wenn die Information tatsächlich der fundamentalste Bestandteil unseres Universums und sogar noch grundlegender als Energie und Materie ist, dann könnten die Worte, die 'Johannes dem Evangelisten' zugeschrieben werden, eine ganz neue Bedeutung annehmen:
Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.901
Fußnoten:

882Claude Elwood Shannon (1916-2001), amerikanischer Mathematiker und Elektroingenieur.
883 Zweiteilige wissenschaftliche Abhandlung in den Ausgaben des "Bell System Technical Journal" im Juli 1948 und Oktober 1948.
884Das heißt, die Erschaffung von Kommunikationsprotokollen, die die Menge der kommunizierten Informationen maximieren, während die verwendeten Ressourcen minimiert werden.
885Davies P. & Gregersen N., Information and the Nature of Reality, S. 4
8861927-1999. Biologe, Philosoph, Informationstheoretiker und Pazifist. Siehe: Goodman G., 'Tom Stonier, a man of computers and peace', Steinschneider.com, 28. Juni 1999. www.steinschneider.com/biography/tomstonier.htm
887Stonier, T. Information and the Internal Structure of the Universe, S.1
888ebd.
889Davies, P. & Gregersen, N. K. Information and the Nature of Reality, S.7
890Diese Frage wurde zuerst in einer Abhandlung des Philosophen George Berkeley gestellt, die 1710 veröffentlicht wurde, und sich auf die Prinzipien des menschlichen Wissens fokussierte.
891Für Stonier ist das Beharren auf der Feststellung, dass der Baum kein Geräusch erzeugt, wenn es keinen Beobachter gibt, egozentrisch und inadäquat. Diese Annahme würde implizieren, dass in einem Zimmer keine Funkwellen mehr vorhanden sind, sobald wir das Radio abschalten. Siehe: Stonier, T. Information and the Internal Structure of the Universe, S. 8
892Greene, B. The Fabric of the Cosmos, S. 95
893Boltzmann, L. The Second Law of Thermodynamics. S. 20
894Thomson, W. (1862) 'On the age of the sun's heat', Macmillan's Mag. 5, 288 - 93; PL, 1, 394 - 68
895Stonier, op. cit., S. 41-57
896Die Grenze zwischen lebenden Formen und nicht lebenden Form könnte vielleicht nicht so eindeutig sein wie es erscheinen mag. Dieser Punkt wird in Kapitel 42: 'Das Abzweigende Universum', näher betrachtet.
897Shiller, B., Origin of Life: The 5th Option, Trafford (2004), S.305-315
898Das Photon ist ein fundamentaler Informationsträger mit zahlreichen Freiheitsgraden des Informationstransports, einschließlich Frequenz, Phase, Ankunftszeit, Polarisation, Bahndrehimpuls, Linearimpuls, Verschränktheit etc. Siehe: Kumar P., 'Information in a photon', DARPA, Defense Science Office. www.darpa.mil/Our_-Work/DSO/Programs/Information_in_a_Photon
899Stonier, T., op. cit., S.74
900Davies, P. & Gregersen, N., Information and the Nature of Reality, S. 3
901Johannes 1: 1-3