Der Konflikt zwischen dem Präsidenten Igor Dodon und der pro-NATO-Regierung spitzt sich zu. Der Verteidigungsminister schickt moldawisches Kontingent zur NATO-Übung und verstößt damit gegen die Verfassung. Die Sozialistische Partei ruft zu Protesten auf.
Soldaten
Moldawische Militärangehörige trafen heute am 8. September im westukrainischen Lwow trotz des Verbots vonseiten des Präsidenten Igor Dodon ein.
Das moldawische Parlament nutzt die beschränkte Macht des Präsidenten und setzt ihren Pro-NATO-Kurs weiter fort. Nachdem Idor Dodon am 5. September den moldawischen Truppen ausdrücklich verboten hat, am NATO-Manöver "Rapid Trident 2017" im westukrainischen Lwower Oblast teilzunehmen, beschloss das Parlament die Entsendung der Truppen. Das Verteidigungsministerium leistete dem Beschluss Folge.


Bei den Übungen werden über 1.800 Militärangehörige aus NATO-Staaten wie den USA, Kanada, Großbritannien, Italien, Norwegen, Rumänien, Polen, Türkei, Litauen, Estonia, Bulgarien und Nicht-NATO-Staaten wie der Ukraine und Georgien teilnehmen. Bei den Übungen wird Interoperabilität bei solchen Operationen wie Grenzkontrolle, Patrouille, Konwoi-Eskort sowie Neutralisation der explosiven Objekte erprobt, teilt das Ministerium mit. Das Pressedienst ukrainischer Veranstalter bestätigte heute das Eintreffen von 57 Teilnehmern aus Moldawien.

Die Teilnahme bei den Manövern verstoße gegen die moldawische Verfassung, behaupten ihre Kritiker. Sie legt den neutralen Status des Landes fest. Doch selbst die Klage beim Verfassungsgericht kann in derzeitigen Situation in Moldawien scheitern: Im Parlament, in der Regierung und dem Verfassungsgericht dominieren prowestliche Kräfte, die das Land in die EU und NATO mit Unterstützung ihrer Partner im Westen einziehen wollen.

Dieser Kurs wird jedoch nicht von der Mehrheit der Bevölkerung getragen. Der Appell an das Volk bleibt für Igor Dodon möglicherweise die letzte Chance, das politische Rad seines Landes zu seinen Gunsten zu drehen.
Es wird möglicherweise ein Referendum zu diesem Thema geben. Im Moment hat Dodon nur sehr beschnittene Möglichkeiten, er kann nur rhetorisch das Vektor, nach dem sich die Republik bewegt, bestimmen. Reale Hebeln hat er bislang nicht", sagte die Expertin für den postsowjetischen Raum der Moskauer Staatsuniversität, Natalia Charitonowa.
Eine weitere Möglichkeit ist die Aktivierung der Straßenproteste. Als ehemaliger Oppositionsführer kann er sich ans Volk wenden und die Proteste anführen, wie der Abgeordnete Wladimir Zurkan sagte. Ihm zufolge nutzt die Partei der Sozialisten, die die höchsten Umfragewerte hat, die Entsendung der Truppen in die Ukraine trotz des Präsidialerlasses als Anlass für Kundgebungen am 24. September. Laut Zurkan widerspricht das dem Gesetz über nationale Verteidigung. Die Anti-Regierungsaktionen in Moldawien können zu vorgezogenen Parlamentswahlen führen.

Laut dem Anführer der Volkssozialistischen Partei Moldawiens, Viktor Stepanjuk, reift im Lande der Verfassungskonflikt:
Die Regierung, die beschlossen hat, eine moldawische Einheit zu Militärübungen in die Ukraine zu entsenden, verletzt die Verfassung, die dieses Recht dem Oberbefehlshaber - dem Präsidenten - zuordnet. Der Präsident schickte keine moldawischen Soldaten zu den Übungen "Rapid Trident 2017". Nachdem die Regierung den Gegenbeschluss getroffen hatte, und der Verteidigungsminister diesem Beschluss folgte, erklärte der Staatschef, dass er sich an das Verfassungsgericht wendet. Doch wie die letzten Ereignisse zeigen, sind das Verfassungsgericht sowie die Regierung und die Parlamentsmehrheit gegen den Präsidenten", sagte der Abgeordnete.
Die Ereignisse der letzten Monate wie Einreiseverbote für russische Journalisten und Politiker, die Ausweisung russischer Diplomaten sowie Initiativen bei der UN, das Format der Friedensmission in Transnistrien mit maßgebender Beteiligung russischer Truppen zu ändern, deuten auf die Zunahme der innenpolitischen Spannungen in Moldawien wegen der außenpolitischen Ausrichtung des Landes hin.

Deswegen fürchten sich viele Experten, wie der deutsche Politologe Alexander Rahr, dass es in Moldawien zu einem ukrainischen Szenario kommt. Erfahrungen zeigen, dass der Spagat zwischen einer prowestlichen und russlandfreundlichen Politik am Druck aus Brüssel und Washington scheitert.