Gummistiefel waren gestern am Hasporter Damm und im Bereich der Bismarckstraße das Kleidungsstück der Wahl: In zahlreichen Kellern und Garagen stand das Wasser über zehn Zentimeter hoch. Schuld daran war ein Unwetter, das sich seit dem späten Donnerstagabend über Delmenhorst entlud und die Kapazitäten der Kanäle überstieg. Stark betroffen waren außerdem die Cramerstraße, Klosterdamm und Schollendamm. Die Feuerwehr fuhr zu rund 130 Einsätzen - auch im Umland verursachte das Unwetter Schäden. Menschen wurden nicht verletzt.

Tropfende Bücherkisten, Grills, Gartengeräte und Kinderspielzeuge türmen sich neben Ein- und Mehrfamilienhäusern. Der übliche Keller-Hausrat ist von den Besitzern ins Freie getragen worden, um dort im schönsten Sonnenlicht zu trocknen. Bei besonders heftig betroffenen Straßen hängen aus jedem fünften Haus Schläuche, die Wasser aus Keller oder Garage in den Gulli leiten. "Retten, was zu retten ist", sagt die Mieterin eines Mehrfamilienhauses in der Cramerstraße und trägt tiefgekühlte Gemüsepackungen hoch in die Wohnung. Die Tiefkühltruhe im Keller hat die Nacht nicht überstanden.

Vermieter Herbert Frommeyer packt zusammen mit den übrigen Bewohnern des Hauses an, räumt Gegenstände weg, säubert, wo es geht. "Wenn ich bedenke, dass ich belächelt wurde, als ich den Sockel gebaut hab'", sagt Frommeyer und verweist auf die hohe Stufe, die die Waschmaschinen der Hausbewohner trägt. Jetzt hat er gut lächeln - zumindest was die Waschmaschinen angeht. Dass es überhaupt zur Flutung gekommen ist, gibt ihm ein Rätsel auf. "Es muss der Schmutzwasserkanal voll gewesen sein, so dass das Wasser nicht abfließen konnte, sondern in den Keller gedrückt wurde." Das hätte seiner Meinung nach aber nicht funktionieren dürfen. "Die Regenwasser- und Schmutzwasserkanäle sind ja getrennt."

Laut Stadtsprecher Timo Frers ist der Niederschlag für die Schäden verantwortlich zu machen. Es habe Bereiche in Delmenhorst gegeben, wo auf einen Quadratmeter Fläche 67 Liter Wasser pro Stunde hinab prasselten. Auch Britta Fengler, Sprecherin der Stadtwerke Delmenhorst, sieht in den heftigen Regenfällen den Grund für die Überschwemmungen: "Kein Kanalsystem ist für derartig extreme Starkregenereignisse, wie sie sich in Delmenhorst ereignet haben, ausgelegt", teilt sie mit. Zwar werde das Kanalsystem nach dem aktuellen Generalentwässerungsplan in Teilabschnitten erweitert, doch diese Mengen könne es auch dann nicht tragen.

"Dass da die Kapazitäten irgendwann erschöpft sind, ist klar. Irgendwann kommt der Punkt, an dem die Wassermassen zu groß sind", berichtet Frers. Im Vergleich zu den Unwettern, die vor Kurzem in Oldenburg und Bremen losbrachen, habe man mit dem Delmenhorster Regenguss noch Glück gehabt. "Es kam nicht zu Bränden und auch Tunnel wurden nicht überschwemmt." Hinzu käme, dass es verhältnismäßig wenige Souterrainwohnungen gebe und daher vor allem Keller und Tiefgaragen und weniger Wohnungen betroffen seien.

Land unter bei der Lebenshilfe

Dass es "nur den Keller" getroffen habe, erleichtert auch Erwin Drefs. Als der Geschäftsführer der Lebenshilfe Delmenhorst gestern früh die Feuerwehr vor der Tür sah, wurde ihm kurz mulmig. "Ich war dann sehr beruhigt, dass keinem Bewohner etwas zugestoßen ist." Die Räume der Einrichtung an der Bismarckstraße, in der auch behinderte Menschen untergebracht sind, wurden schnell von der Feuerwehr leergepumpt, berichtet Drefs. "Um sieben waren die da, das hat alles ganz großartig geklappt." Darüber hinaus hätten auch andere Einrichtungen Hilfsbereitschaft signalisiert. "Da war sofort eine große Solidarität." Doch obwohl alles einigermaßen glimpflich ausgegangen sei, gebe es durchaus Wunden zu lecken, verrät Drefs. Ob die Heizungsanlage unbeschädigt sei, wäre beispielsweise noch nicht klar. Außerdem stand das im Keller gelagerte Archiv teilweise unter Wasser. "Wir sind jetzt dabei, das alles zu sichten." Die Akten seien schließlich unbedingt aufzubewahren. "Dazu sind wir gesetzlich verpflichtet."

Die drei Männer von der Freiwilligen Feuerwehr Delmenhorst Süd, die mit dem Abpumpen im Keller der Lebenshilfe beschäftigt sind, sind schon seit Stunden auf den Beinen. Sechs Häuser haben sie in dieser Zeit bereits vom Wasser befreit. So ganz überraschend, findet Sascha Einemann, der seit fast zehn Jahren bei der Feuerwehr ist, sei die Überschwemmung nicht. "Das passiert alle zwei bis drei Jahre, das kann man schon so sagen", schätzt der Feuerwehrmann, allerdings sei immer mal ein anderer Stadtteil betroffen.

Einen weniger feuchten Einsatz hatte die Freiwillige Feuerwehr Hude: Am späten Donnerstagabend war der Blitz in ein Reetdachhaus eingeschlagen. Das historische Gebäude fing innerhalb kürzester Zeit Feuer. Mit allen drei Ortswehren wurde das Feuer bekämpft, doch das Haus brannte bis auf die Grundmauern nieder. Laut Feuerwehr waren die Hauseigentümer bei Nachbarn zu Gast, als das Unwetter tobte - daher wurde niemand verletzt. Auch in der Gemeinde Ganderkesee rückte die Feuerwehr aus, hier waren es laut Ortsbrandmeister Rolf Meyer aber nur die Wassermassen, die kleinere Schäden anrichteten. "Es sind Keller überflutet worden", berichtet Meyer, darüber hinaus habe es im Bereich der Urneburger Straße wegen der Überschwemmungen einige Absperrungen gegeben, die aber schnell aufgehoben werden konnten.

Die Frage, die sich wohl viele Mieter und Hausbesitzer jetzt stellen, ist: Wer zahlt nach einem solchen Schaden? Laut den Öffentlichen Versicherungen Oldenburg reicht eine normale Hausratsversicherung in einem Fall wie diesem nicht aus. Diese würde nur bei sogenannten Leitungswasserschäden greifen - also etwa bei einem Rohrbruch. Um die Folgen eines Starkregens erstattet zu bekommen, müsse eine Elementarschadensversicherung abgeschlossen werden.