Vergangene Woche wurde ein Polizist in der US-Stadt Baltimore auf offener Straße erschossen. Der Täter konnte unerkannt entkommen. Die Polizei deklarierte den gesamten Ortsteil zum Tatort und zeigt seitdem mit einem massiven Aufgebot Präsenz. Viele Anwohner fühlen sich davon eingeschüchtert.
Police-state
Seit fast einer Woche befindet sich ein Stadtteil in Baltimore, der größten Stadt im US-Bundestaat Maryland, faktisch im Ausnahmezustand. Anlass ist die Ermordung eines Polizisten, der vergangenen Mittwoch in West-Baltimore auf Patrouille war. Als Sean Suiter etwas Verdächtiges sah, näherte er sich einem Mann, der dem Beamten unvermittelt in den Kopf schoss. Der fünffache Vater verstarb anschließend im Krankenhaus.

Um des Täters habhaft zu werden, erklärte die Polizei kurzerhand den gesamten Bezirk zum Tatort. Seitdem säumen schwerbewaffnete Polizisten die Straßenecken, während an den Kreuzungen Checkpoints errichtet wurden. Bei allem Verständnis für Maßnahmen, die zur Ergreifung des Täters führen sollen, fühlen sich immer mehr Einwohner von dem massiven Polizeiaufgebot drangsaliert. Gegenüber dem BaltimoreBrew sagte eine Anwohnerin:
Es ist so traurig, was mit dem Polizisten passiert ist und ich hoffe, dass sie denjenigen fangen, der es getan hat. Aber das hier ist wirklich übertrieben. Ich habe so etwas noch nie gesehen.
Gegenüber dem Lokalblatt schildert Edward Stanley seine Erlebnisse: "Sie kamen drei Mal zu meinem Haus und fragten, 'Haben Sie was gesehen? Wissen Sie etwas?'." Stanley kritisiert die in seinen Augen bestehende Unverhältnismäßigkeit der Behördenmaßnahmen:
Bei den anderen Morden - wie dem kleinen Mädchen, das vor zwei Monaten hier getötet wurde - sieht man nichts Vergleichbares.

Kommentar: Es ist nicht da erste Mal dass Geschehnisse dieser Art in den USA ausgenutzt werden um für Tage und manchmal Wochen einen Ausnahmezustand dieser Art auszurufen. Dabei geht es weniger um das Finden der Täter, sondern vielmehr darum die Bevölkerung an die Militär und Polizeipräsenz vor ihren Häusern zu gewöhnen. Desweiteren dienen diese Maßnahmen der Einschüchterung der Bevölkerung und zur Übung für Vorgänge gegen die Bevölkerung in der Zukunft. Irgendwann soll anscheinend dieser Ausnahmezustand überall in Amerika zur Norm werden. Orwell lässt grüßen.
Politische Ponerologie
© de.pilulerouge.comPolitische Ponerologie: Eine Wissenschaft über das Wesen des Bösen und ihre Anwendung für politische Zwecke

Um zu seinem Haus zu gelangen, musste Stanley wie alle anderen auch eine Bescheinigung vorlegen, dass er dort wohnt. Anwohner, die sich nicht ausweisen konnten, wurde der Zutritt zu ihrer Nachbarschaft verwehrt. Viele Menschen fühlen sich eingeschüchtert angesichts drohender Körperdurchsuchungen, sobald sie ihr Haus verlassen. Manche verzichten sogar darauf, ihren Briefkasten zu leeren, nur um keinen Schritt nach draußen machen zu müssen, berichtet die Lokalzeitung.


Einwohner machen ihrem Unmut auf Twitter Luft

Auf Twitter äußern Einwohner unter dem Hashtag #freewestbaltimore ihren Unmut über die als aggressiv empfundenen Polizeimaßnahmen. Dort ist von einem "Freiluft-Gefängnis" die Rede, von "Invasoren", die sich wie eine "Besatzungsmacht" aufführten.




Kommentar: Im letzten tweet oben wird erwähnt; alleine in West-Baltimore hat so eine Besatzung das dritte Mal in drei Jahren stattgefunden...


Bürgerrechtsorganisation kritisiert Polizeieinsatz

Derweil nahm die Bürgerrechtsorganisation ACLU zu den Ereignissen Stellung:
Uns beunruhigen Berichte, dass Personen, die das Gebiet betreten oder verlassen haben, durchsucht wurden und dass Nicht-Anwohner daran gehindert wurden, das Gebiet zu betreten. Während die Suche nach einem Mörder für die Polizei natürlich eine hohe Priorität hat, werden dadurch die Grenzen für ein rechtmäßiges Verhalten der Polizei nicht außer Kraft gesetzt.
Die Bürgerrechtler verweisen in diesem Zusammenhang auf das Urteil eines Bundesgerichts, das ähnliche Maßnahmen als verfassungswidrig bezeichnete:
Die Einwohner von Baltimore und insbesondere die Bewohner der betroffenen Gemeinde verdienen eine klare Erklärung von der Stadt, warum diese beispiellosen Maßnahmen ergriffen wurden und warum diese rechtmäßig sind. Die Notwendigkeit, einen Tatort vor einer Verunreinigung zu schützen, um Beweismittel sichern zu können, erklärt nicht aus sich heraus, warum der Zutritt zu so einem großen Gebiet noch Tage nach dem Vorfall beschränkt wird.
Nach Beweisfund Hoffnung auf baldiges Ende

Während der Dreharbeiten eines Fernsehteams hat die Polizei am Montagabend ein Beweisstück gesichert, das die Ermittler als "signifikant" bezeichneten. In West-Baltimore wächst nun die Hoffnung, dass der Täter bald gefasst wird und der Polizeieinsatz zu seinem Ende kommt.


Die Lage ist zwar am Dienstag noch immer weit entfernt vom Normalzustand, doch inzwischen sollen erste Polizeisperren geräumt sowie ein Teil der Sicherheitskräfte abgezogen worden sein.