In Kiel ist am Abend ein Tornado über die Uferpromenade hinweggezogen und hat schwere Schäden hinterlassen. Menschen wurden durch die Luft gewirbelt, einige fielen ins Wasser. Die Feuerwehr spricht von sieben mittelschwer bis schwer Verletzten.
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© dpa-Bildfunk/Philipp Brandl
Der Tornado in Kiel kam offenbar plötzlich und mit großer Wucht: Gegen 18 Uhr zog er über die Kiellinie - eine beliebte Promenade am Ufer der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt. Mehrere Menschen waren gerade dabei, Ruderboote an einem Steg zu sichern. Augenzeugen zufolge wurden sie durcheinander gewirbelt. Einige von ihnen fielen ins Wasser. Andere wurden durch herumfliegende Gegenstände am Kopf getroffen. Laut Feuerwehr wurden vier Menschen schwer, drei weitere mittelschwer verletzt.

"Das hat alle emotional mitgenommen"

Rund um den Ruderverein an der Kiellinie erinnerten am späten Abend ein umgestürzter Baum, abgerissene Äste und ein umgekippter Müllbehälter an das heftige Ereignis. Ein Mitarbeiter eines nahen Lokals berichtete den Einsatzkräften, dass "viel durch die Gegend geflogen" sei. Das habe alle "emotional mitgenommen". Der Vorsitzende des Ersten Kieler Ruder-Clubs von 1862, Bernd Klose, sagte: "Es sind Menschen betroffen. Das ist traurig."

Und nicht nur die Kiellinie hat es schwer erwischt: Nach Angaben der Feuerwehr wurden in einem Neubaugebiet in Kiel-Meimersdorf mehrere Dächer abgedeckt. In Kiel-Gaarden seien außerdem Ziegel von Dächern gerissen worden.

DWD-Experte: Ein eher schwächerer Tornado

Nach Einschätzung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) hätte der Tornado bei anderem Verlauf allerdings noch wesentlich größere Schäden anrichten können. Wäre er durch die Innenstadt gezogen, hätten Dachziegel wie Geschosse durch die Gegend fliegen können, sagte DWD-Tornado-Experte Andreas Friedrich am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. "Von der Stärke her ist es nach ersten Auswertungen aber ein eher schwächerer Tornado gewesen."

Friedrich schätzte die Rotationsgeschwindigkeit des Tornados auf 118 bis 180 Kilometer pro Stunde. Das gehe mit "zerstörerischer Kraft" einher. Am Boden habe er sich aber nur mit Tempo 10 bis 20 fortbewegt. Die Spur der Schäden des im Süden der Stadt gebildeten Tornados sei Auswertungen zufolge etwa sieben Kilometer lang. Meist sei er über schwach bebautes Gebiet gezogen.

Über der Förde habe sich kurzzeitig ein sogenannter Multivortex-Tornado gebildet, sagte Friedrich. Dabei seien am Boden zwei benachbarte Tornados zu beobachten gewesen. "An Land hat sich der Tornado dann aber relativ schnell aufgelöst."

"Absolut nicht vorherzusagen"

Nach Darstellung des Kieler Diplom-Meteorologen Sebastian Wache sind Tornados auf dem Wasser zu dieser Jahreszeit nicht ungewöhnlich - auch nicht vor Kiel. Den Behörden ist aus seiner Sicht aber kein Vorwurf zu machen: "So etwas ist absolut nicht vorherzusagen", sagte Wache der Deutschen Presse-Agentur. Entstanden ist der Sturm nach seinen Worten am Rande der Stadt - im Stadtteil Meimersdorf.

Im August fegte ein Tornado über Ostfriesland

Mitte August hatte ein Tornado schwere Schäden in Ostfriesland angerichtet. Weggerissene Hausgiebel, umgestürzte Fahrzeuge und zahllose Trümmerteile von Dächern und Zäunen zeugten davon, mit welcher Gewalt der Tornado über die Gemeinde Großheide gezogen war. Verletzt wurde laut Feuerwehr damals niemand. Jährlich werden Experten zufolge im Schnitt insgesamt zwischen 20 bis 60 Tornados in Deutschland nachgewiesen.