Wie eine Mondlandschaft

Nach dem Ausbruch eines Unterwasservulkans in der Nähe des Inselstaates Tonga haben Neuseeland und Australien Hilfs- und Aufklärungsflüge geschickt. Jetzt wird das Ausmaß der Katastrophe langsam sichtbar.
Tonga Vulkan
Von Lena Bodewein, ARD-Studio Singapur

Totaler Schock und Panik bei den Menschen, die zufällig den Moment filmten, als der unterseeische Vulkan am Wochenende ausbrach. Von Booten und Inseln, die in sicherer Entfernung liegen, konnten andere Beobachter aufnehmen, wie eine riesige Aschewolke in den Himmel stieg, grau getürmt, gewaltig, furchterregend.

Der Ausbruch des Hunga Tonga Hunga Ha'apai war selbst aus dem Weltall per Satellit zu erkennen, der Knall Tausende von Kilometern weit zu hören, und die Erschütterungen konnten auf der anderen Seite des Erdballs gemessen werden.


Gestörte Kommunikation erschwert Einschätzung der Lage

Die Aschemassen bedeckten das pazifische Inselreich, verdarben die Trinkwasserversorgung und zerstörten die Kommunikationswege. Darum ist das Ausmaß der Schäden, der Opfer und des Hilfsbedarfs noch nicht endgültig klar.

"Es ist eine sehr herausfordernde Zeit", so Australiens Außenministerin Marise Payne, "die Verständigung ist sehr stark beeinträchtigt durch den Vulkanausbruch." Dazu gehört möglicherweise auch ein Schaden am großen Unterwasserkabel. "Der Ausbruch und seine Auswirkungen sind auch in anderen Teilen dieser Region zu spüren gewesen, wir wissen es selbst aus Australien an unserer Küste, aber besonders auch in Fidschi."

Ein Tsunami, den der Ausbruch auslöste, bedrohte auch viele Nachbarländer, selbst in Japan wurden Fischerboote zerstört.

Das Königreich Tonga besteht aus rund 170 Inseln, etwa 40 sind bewohnt. Viele der abgelegeneren Inseln waren wegen der Aschewolken schwer zu erreichen.

Erkundungsflüge und Hilfslieferungen

Inzwischen konnten Australien und Neuseeland aber Flugzeuge losschicken, um sich ein Bild zu machen und dringend benötigte Hilfe zu bringen.

"Die Orion - ein Seefernaufklärer - soll erkunden", so Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern. "Sie soll, wie auch die Australier, aus der Luft eine Einschätzung vornehmen, vor allem von den weiter entfernten Inseln, und dann die Informationen nach Tonga und zu den tonganischen Behörden übermitteln. Ein C-130 Hercules Transportflugzeug soll Hilfslieferungen abwerfen, weil nicht klar ist, wie der Zustand des Flughafens ist. Die Aschewolken stellen ein Risiko dar. Aber bei Abflug wurde mir gesagt, dass es möglich sein wird, diese essentiellen Informationen zu sammeln."

Je nachdem, was gerade am nötigsten gebraucht wird, soll die neuseeländische Marine mit den entsprechenden Hilfsgütern in See stechen. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO und das Kinderhilfswerk UNICEF wollen Hilfe schicken.

Kein Trinkwasser und kein Strom

Das neuseeländische Transportflugzeug bringt zunächst vor allem Wasser. Die Wellen des Tsunamis und niederregnende Vulkanasche haben alle Süßwasservorräte unbrauchbar gemacht, warnten die Behörden von Tonga.

Der Strom ist stellenweise immer noch ausgefallen, viele Brücken und Straßen sollen zerstört sein, Satellitenbildern zufolge sind zwei unbewohnte Inseln verschwunden.

Mögliche Opfer? - "Es ist noch zu früh"

Eine Britin soll vom Tsunami ins Meer gerissen worden sein. Aber insgesamt ist über Opfer bisher wenig bekannt, wie Neuseelands Premierministerin erläuterte: "Momentan haben wir nur Informationen aus zweiter und dritter Hand - über Angehörige oder Kirchenvertreter. Bisher sagen viele Berichte, dass es auf den Inseln wenig Verluste von Menschenleben gab, aber ich betone noch einmal: Das ist alles nur aus zweiter Hand und es ist noch früh."

Der Unterwasser-Vulkan liegt nur 65 Kilometer von der Hauptstadt Tongas entfernt. Bewohner von Tonga beschrieben den Anblick ihres Landes als Mondlandschaft - über die jetzt die Nacht hereingebrochen ist.