Zehntausende Menschen sind am Sonntag in Paris auf die Straße gegangen. Die Demonstrationen fanden inmitten zunehmender Inflation und Treibstoffknappheit statt. Linke Parteien, Organisationen und einige Gewerkschaften hatten zu der Protestaktion aufgerufen.

Paris Demo
© AFP Julien de RosaZehntausende Demonstranten marschieren am 16. Oktober 2022 zum Place de la Bastille in Paris bei einer Kundgebung gegen die steigenden Lebenshaltungskosten und die Untätigkeit beim Klimaschutz.
Die Stimmung in Frankreich ist seit Tagen stark angespannt. Bereits über zwei Wochen dauert ein Streik von Raffinerie-Personal für mehr Lohn, weshalb es an vielen Tankstellen im Land Spritmangel gibt. Nun gingen am Sonntag in Paris Tausende Demonstranten auf die Straße, um ihrem Unmut über die steigenden Lebenshaltungskosten Ausdruck zu verleihen.

Zu der Kundgebung aufgerufen hatte Jean-Luc Mélenchon, ehemaliger Präsidentschaftskandidat und Vorsitzender der linken Partei La France insoumise (LFI, zu Deutsch: Unbeugsames Frankreich). Eine Reihe anderer linker Parteien sowie Organisationen beteiligten sich am Protest, wobei einige von ihnen Präsident Emmanuel Macron aufforderten, stärkere Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen.

In erster Linie geht es den Demonstranten jedoch um wirtschaftliche Belange. Der LFI-Vorsitzende sagte dem Fernsehsender France 3 am Sonntagmorgen:
"Es ist nicht der Marsch von Herrn Mélenchon. Es ist ein Marsch der Menschen, die hungrig sind, die frieren und die besser bezahlt werden wollen."
Der Preisanstieg sei untragbar, erklärte etwa die LFI-Abgeordnete Manon Aubry gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Es sei "der größte Kaufkraftverlust seit 40 Jahren", ergänzte sie. Die Demonstranten forderten unter anderem eine Erhöhung der Gehälter, eine Preisbremse, die Rente mit 60 und die Besteuerung von Übergewinnen von Konzernen.


Frankreichs Inflationsrate liegt derzeit bei sechs Prozent, und fast alle Industriezweige des Landes verzeichnen einen Rückgang der Wirtschaftstätigkeit aufgrund der steigenden Energiepreise und der zunehmenden Unsicherheit, was größtenteils auf die Sanktionen der Europäischen Union (EU) gegen russische fossile Brennstoffe nach dem Beginn der Moskauer Militäroperation in der Ukraine zurückzuführen ist.

Da die Energierechnungen der Privathaushalte in die Höhe schnellen, ist in Frankreich wieder Brennholz gefragt, und es wurden Stromausfälle vorhergesagt.

Die Polizei sprach von 30.000 Teilnehmern am Protestzug am Sonntag, die Organisatoren wiederum von 140.000. Es wurde unter anderem auch von Zusammenstößen zwischen Linksradikalen - die regelmäßig bei französischen Protesten auftreten - und Polizeibeamten berichtet. In den Videos, die in den sozialen Medien kursieren, ist zu sehen, wie die Sicherheitskräfte auch Tränengas einsetzen.


Inmitten der Proteste setzt die französische Gewerkschaft CGT die Streiks in den Ölraffinerien fort und fordert angesichts der hohen Inflation eine Gehaltserhöhung um zehn Prozent für die Beschäftigten. Damit will die CGT erreichen, dass die Arbeitnehmer im höheren Maße am Gewinn von TotalEnergies beteiligt werden. Das Unternehmen soll bereits im ersten Halbjahr 2022 einen Gewinn von 10,6 Milliarden US-Dollar eingefahren haben. Die Gewerkschaft erklärte am Samstag, dass sie ein Angebot des Ölriesen von sechs Prozent mehr Lohn abgelehnt habe. Für Dienstag haben zudem mehrere Gewerkschaften bei der französischen Bahn und im Pariser Nahverkehr zur Arbeitsniederlegung aufgerufen.