Misrata - Die neue Führung in Libyen hat den langjährigen Machthaber Muammar el Gaddafi nach eigenen Angaben an einem geheimen Ort bestatten lassen. Zuvor sei eine religiöse Zeremonie abgehalten worden, sagte ein Vertreter des Militärrats in der Küstenstadt Misrata. NATO-Kreise reagierten zurückhaltend auf die Bitte eines Vertreters des Übergangsrats um eine Verlängerung des Militäreinsatzes in Libyen.

Gaddafis Sohn Mutassim sowie sein früherer Verteidigungsminister Abu Bakr Junis Dschabir seien direkt neben Gaddafis Grab bestattet worden, sagte der Vertreter des Militärrats von Misrata, der anonym bleiben wollte. Mit der Geheimhaltung der Grabstätten will die neue libysche Führung verhindern, das diese sich zu Pilgerorten für Anhänger Gaddafis und seiner Familie entwickeln.


Kommentar: Oder das niemand herausfinden soll, wer wirklich dort begraben liegt.


Gaddafi war am vergangenen Donnerstag in seiner Geburtsstadt Sirte getötet worden. Ob er bei Gefechten starb oder gezielt von Truppen der Übergangsregierung umgebracht wurde, ist weiter unklar. Gaddafis Sohn Mutassim und der frühere Verteidigungsminister starben ebenfalls am Donnerstag in Sirte. Die Leichen der drei Männer wurden in den vergangenen Tagen in einer Kühlhalle in Misrata öffentlich ausgestellt, wo tausende Menschen sie anschauten.

Am Montagabend fuhren Wachposten zufolge Armeefahrzeuge an dem Kühlhaus vor und holten die Leichen ab. Zuvor soll am Sonntag Gaddafis Leiche trotz vorheriger gegenteiliger Ankündigungen der neuen libyschen Führung obduziert worden sein. Das Ergebnis wurde nicht bekannt. Der Übergangsrat führt Gaddafis Tod auf seine Kopfwunde zurück, die ihm im Gefecht beigebracht worden sei. Zeugenberichte und Videoaufnahmen legen jedoch nahe, dass er nach seiner Gefangennahme vorsätzlich erschossen wurde.

Ein Vertreter des Übergangsrats bat derweil um eine Verlängerung des NATO-Einsatzes im Land. Der Einsatz solle "mindestens einen Monat länger" dauern, sagte Finanz- und Ölminister Ali Tarhuni. Aus NATO-Kreisen in Brüssel hieß es, über den zum Monatsende geplanten Rückzug solle mit Tripolis bald gesprochen werden. Die NATO-Botschafter wollen am Mittwoch zusammenkommen. Spanien kündigte an, nach einer Entscheidung sofort mit dem Rückzug seiner Soldaten zu beginnen.

Gaddafis zweitältester Sohn Seif el Islam Gaddafi befindet sich nach neuen Angaben offenbar auf dem Weg in den Niger. Der 39-Jährige halte sich ebenso wie Gaddafis früherer Geheimdienstchef Abdallah Senussi an der Grenze auf, sei aber noch nicht in das Land eingereist, sagte ein Vertreter der Tuareg im Norden des Landes. Beide werden vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gesucht.

In Gaddafis Heimatstadt Sirte kamen bei einer schweren Explosion in einem Treibstofflager nach Angaben des Übergangsrats mehr als hundert Menschen ums Leben. Wie ein Truppenkommandeur sagte, wurden zudem 50 Menschen verletzt. Die "enorme Explosion" vom Montagabend löste demnach ein großes Feuer aus. Auf dem Gelände des Lagers lägen "dutzende verkohlte Leichen".

AFP