Gleich sieben Kandidaten - so viele wie nie zuvor - hatten sich in Irland um das höchste Amt im Staat beworben. Dabei gingen im Wahlkampf viele Schläge unter die Gürtellinie. Am Ende gewann jedoch einer, der auf persönliche Attacken verzichtet hatte.
© AFPMichael D. Higgins und seine Frau Sabina Coyne.
Es war zwar der schmutzigste Wahlkampf aller Zeiten, aber er endet mit einem sauberen Ergebnis. Denn der Gewinner Michael D. Higgins war der einzige, der sich von Anfang an jeder persönlichen Attacke gegen seine sechs Konkurrenten enthalten hatte. Dass er deshalb als Langweiler galt, mag den 70 Jahre alten emeritierten Professor der Soziologie und früheren Minister für Kultur, Kunst und die Gaeltacht, die irisch sprechende Region an der Westküste Irlands, amüsiert haben. Michael D, wie er von den Iren genannt wird, ist eine gute Wahl: Ein Verfechter der Menschrechte, Kenner von James Joyce und Poet, dessen schmale Gedichtbände freilich nie eine hohe Auflage erreichten. Der Mann, der 30 Jahre lang die kleine Labour Partei im Dubliner Parlament bis Februar dieses Jahres vertreten hat, weiß freilich, was er seinen Sieg verdankt: Dem unverzeihlichen Fehler des Favoriten und Medien-Liebling Sean Gallagher in der letzte TV-Debatte vor dem Wahl. Gallagher stritt zunächst ab, dann gab er zu, für seine frühere Partei Fianna Fail eine 5000-Euro-Spende von einem Kriminellen angenommen zu haben. Das kam ihm teuer zu stehen. Denn mehr als 35 Prozent der befragten Bürger am Tag der Wahl bei einer Umfrage erklärt, durch die letzte TV-Wahlsendung des irischen Fernsehsenders RTE beeinflusst worden zu sein - zulasten von Gallagher.
Sean Gallagher, als Unabhängiger angetreten, war auf der Grünen Insel durch die TV-Show
Dragons Den (Höhle des Drachen) bekannt geworden. In dieser Serie können Unternehmer für ihre Geschäftsideen Investoren begeistern. Der 49 Jahre alte Agrar-Ingenieur überzeugte mit seiner Schlagfertigkeit und seinem Witz. Er verkörperte bis auf die letzte TV-Debatte denn auch den hemdsärmeligen Unternehmertyp, der trotz der Wirtschaftskrise im Land Wagemut und Optimismus demonstriert. So einen Mutmacher mochten die Medien - und wahrscheinlich auch viele Iren, bis ausgerechnet ein Mitbewerber, der Nordire Martin McGuinness, ihn mit der peinlichen Frage zur Verbindung mit einem Betrüger konfrontierte.
Es war Martin McGuinness, früher Kommandant der IRA und heute zweiter Mann in der nordirischen Regierung, der schon den Wahlkampf so richtig aufgemischt hatte. Während in Nordirland auch die Medien (bis auf ein, zwei Ausnahmen) nicht in seiner Vergangenheit zu rühren wagen, weil sie den immer noch fragilen Friedensprozess nicht gefährden wollen, konfrontierten ihn irische Journalisten mit Fragen zu seiner IRA-Vergangenheit. Statt sie zu beantworten, wies er auf seine - unbestrittenen - Verdienste um das Friedensabkommen von 1998 hin. McGuinness trat nicht als Kandidat für Sinn Fein an, sondern pathetisch als „Kandidat des Volkes“ und versprach seinen Amtssitz für das Volk zu öffnen. Sinn Fein bejubelt am Samstag sein gutes Abschneiden, er erhielt 15 Prozent der Stimmen, im Februar hatte Sinne Fein nur 10 Prozent erreicht.
Und da McGuinness und sein Vorleben unter die Lupe genommen wurden, kamen erstmals alle sieben Kandidaten unter die Lupe.
So viele hatten sich noch nie um das höchste Amt im Staat beworben - und deshalb gingen so viele Schläge unter die Gürtellinie: sexuelle Vorlieben, Verbindungen zur Unterwalt, Geldquellen etc. Dem zukünftigen Präsidenten, einem weißhaarigen Großvatertyp, konnten die Schlamm-Werfer nur eines ankreiden: sein Alter und seine geringe Chance für eine zweite Amtszeit.
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