Laut einer US-Studie von Ernährungswissenschaftlern fördert probiotischer Joghurt keine Ansiedlung von gesundheitsfördernden Bakterien im Darm. Auch wird durch den Joghurt nicht die Zusammensetzung der Darmflora verändert, wie medial immer wieder berichtet wird. Allerdings können die probiotischen Wirkstoffe das Verhalten der Darmmikroben positiv verändern. Die Wirkungsweise hält jedoch nur bei täglichem und regelmäßigen Verzehr an. Die Studienergebnisse wurden zuvor in dem Fachjournal Science Translational Medicine veröffentlicht.

Probiotischer Joghurt regt die Verdauung an und fördert die Siedlung von positiven Bakterienstämmen. So oder so ähnlich lautet die ungefähre Werbeaussage der Hersteller. Ein Probiotikum enthält lebensfähige Mikrobiologische Organismen und wird zahlreichen Lebensmitteln - vorzugsweise in Joghurts und Mixgetränken - zugefügt. Solche funktionellen Lebensmittel mit angeblichen gesundheitsfördernden Wirkungen werden in Ernährungswissenschaftlichen Kreisen kontrovers diskutiert. Es gibt neben den Funktionsnahrungsmitteln auch eine Reihe von Arzneien, denen vorzugsweise Milchsäurebakterien zur Behandlung von entzündlichen Darmkrankheiten zugefügt werden. Bis heute gibt es widersprüchliche Aussagen und Studien zu den tatsächlichen Nutzen dieser funktionellen und diätetischen Nahrungsmittel. Eine neue US-Studie konnte nun einen Teil der Veränderungen im Darm ausfindig machen und widerlegte damit einige Werbebotschaften der Hersteller.

Laut einer internationalen Wissenschaftsstudie sind die Wirkungsweisen von Probiotika anders gelagert, als bislang angenommen. Weder die Ansiedlung von Darmbakterien noch die Zusammensetzung der Darmflora wird durch Probiotische Lebensmittel verändert. Forscher der Washington University School of Medicine in St. Louis fanden jedoch in ihrer Studienarbeit heraus, dass Probiotika das Verhalten von Mikroben im Darm verändert. Das Forscherteam konnte diese Eigenschaft allerdings nur solange beobachten, solange die Probanden täglich probiotischen Joghurt verzehrten.

Enzyme sind an Stoffwechselwegen beteiligt

Die untersuchten Joghurts enthielten fünf unterschiedliche lebende Bakterienkulturen. Während der sieben Wochen anhaltenden Studie aßen Studienteilnehmer täglich einen Joghurt mit Probiotika. Während dieser Zeit untersuchten die Wissenschaftler die Stoffwechselaktivitäten sowie die Auswirkungen auf die menschliche Darmflora. Um die Ergebnisse zu sichern, bekamen auch Mäuse Probiotika verabreicht. Bei der nachfolgenden Analyse zeigte sich, dass die Probiotika die Aktivitäten der Darmflora beim Menschen als auch bei den Tieren signifikant veränderten. Die Mikroben im Darm produzierten einige Enzyme mehr. Andere wurden hingegen weniger angeregt oder zeigten gar weniger Aktivitäten bei den Vergleichsprobanden ohne probiotischen Zusätze im Joghurt. „Diese Enzyme sind an zahlreichen Stoffwechselwegen beteiligt, die unter anderem für die Verarbeitung von Kohlenhydraten sorgen“, berichtet Studienautorin Nathan McNulty.

Studie lieferte ersten Ausgangspunkt

Vorige Studien hatten gezeigt, dass Probiotika bei Entzündungen im Darm und Durchfall Linderung verschaffen. Durch die Auswertungen der Wissenschaftler konnte nun erklärt werden, warum dies der Fall ist, erläuterte McNulty. Unklar ist aber weiterhin, welche Gesundheitlichen Folgen durch die veränderte Darmflora ausgelöst werden könnten. Wie die probiotischen Bakterienstämme diese Effektivierung produzieren, ist weiterhin nicht erforscht. Die Studie soll allerdings erste Ausgangspunkte liefern, wie die Forscher betonten.

Um die Auswirkungen der subtil wirkende Bakterien aufzudecken, verwendeten die Wissenschaftler zwei Versuchsaufbauten. In dem ersten Aufbau nahmen sieben eineiige Zwillingspaare teil. Das eine Geschwisterpaar trank ein probiotisches Getränk, dass andere nahm kein Probiotikum zu sich. Das Präparat enthielt neben Milchsäurebakterien der Gattungen Bifidobacterium und Lactobacillus zusätzlich drei probiotische Bakterienarten. Die Produzenten des Getränks werben mit den Argumenten, die Präparate bewahren prophylaktisch vor bakteriellen und viralen Infektionskrankheiten und schützen vor Allergien. Zusätzlich soll das Getränk angeblich das Immunsystem stärken. Nach Ende der Studie zeigte sich jedoch in Stuhlproben, dass zwei der Bakterienstämme Streptococcus thermophilus und Lactobacillus delbrueckii bereits in der ersten Darmpassage nicht überlebten. Die anderen beiden Arten konnten den Weg bis in den Darm vollziehen, hatten jedoch keine Möglichkeit zu siedeln.

In einem zweiten Durchgang impften die Wissenschaftler keimfreien Mäusen 15 menschliche Darmbakterienstämme. Im Vorfeld wurden Gene und Stoffwechselprodukte der Stämme genau kartiert. Durch diesen Versuch konnten die Wissenschaftler Veränderungen und Normabweichungen des Stoffwechselschemas erkennbar und zielsicher bei menschlichen Studienteilnehmer identische Musterbewegungen ausfindig machen. Hierdurch war es möglich, insgesamt 86 Veränderungen der Produktion von Enzymen in der menschlichen Darmflora zu identifizieren.

sb