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© ASSOCIATED PRESSND-Chef Antonis Samaras verlangt nach wie vor Neuwahlen.
Griechenlands Premier Papandreou will eine Übergangsregierung bilden. Nur findet er keine Koalitionspartner. Der konservative Parteichef Samaras fordert unverdrossen Neuwahlen, er will den Premier stürzen. Das ärgert mittlerweile auch die deutschen Konservativen. Die Hoffnungen liegen nun auf dem griechischen Präsidenten - und einem ehemaligen EU-Kommissar.

Nach der überstandenen Vertrauensfrage will der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou eine Regierung der nationalen Einheit bilden, um den Bankrott des Landes abzuwenden. Er kündigte Gespräche mit allen Parteien des Landes an. Einen Fahrplan für diese Koalitionsgespräche gab es zunächst nicht. Papandreou ließ offen, wer die neue Regierung führen soll. Unklar war auch, wie sich die wichtigste Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) verhält, auf deren Mitarbeit Papandreou angewiesen ist. Konservative Parteifreunde in Europa forderten die ND zur Zusammenarbeit auf.

Die ND lehnt allerdings die Beteiligung an einer parteiübergreifenden neuen Regierung bislang ab. Parteichef Antonis Samaras bekräftigte außerdem seine Forderung nach einem Rücktritt Papandreous und nach schnellen Neuwahlen Anfang Dezember. "Wahlen sind jetzt die einzige Antwort", erklärte Samaras. Griechenlands Staatspräsident Karolos Papoulias bestellte Samaras für Sonntag ein. Der Präsident will offenbar versuchen, die Kluft zwischen den beiden großen Parteien des Landes zu überbrücken.

Samaras befürwortet bisher eine breite Koalitionsregierung für eine kurze Zeit, damit das Parlament die Bedingungen für das europäische Rettungspaket für Griechenland billigen kann. Sie solle aber nur die Zeit bis zu vorgezogenen Wahlen überbrücken. "Herr Papandreou will keine Kooperation. Er soll zurücktreten. Er ist gefährlich für das Land", erklärte Samaras im griechischen Fernsehen (NET). Papandreou hatte Neuwahlen zum jetzigen Zeitpunkt kategorisch ausgeschlossen. Die kleineren Parteien im Parlament wie die Kommunisten, das Bündnis der Linken und die ultrakonservative Völkische Orthodoxe Gesamtbewegung sperren sich ebenfalls gegen eine Kooperation mit den Sozialisten oder äußern sich nicht klar dazu.

ND-Vize als Regierungschef im Gespräch

Nach mehr als sechsstündiger dramatischer Debatte hatte das griechische Parlament Papandreou in der Nacht das Vertrauen ausgesprochen. Von 298 anwesenden Abgeordneten stimmten 153 für den sozialistischen Regierungschef. Damit stärkte ihm sogar ein Abgeordneter mehr den Rücken, als seine Fraktion Mitglieder zählt.

Die neue Regierung solle "alle Gesetze billigen, die die historischen Entscheidungen der EU vom 27. Oktober betreffen", sagte Papandreou nach einem Treffen mit dem Präsidenten Papoulias in Athen. Am 27. Oktober hatten die Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel ein Paket zur Eindämmung der Krise beschlossen - unter anderem einen 50-prozentigen Schuldenschnitt für Griechenland. "Die Umsetzung dieser Beschlüsse sind Voraussetzung für unseren Verbleib im Euro", sagte Papandreou.

In Athen kursierte das Gerücht, dass Papandreou - um die Einwilligung der ND für die gemeinsame Regierung zu erzwingen - den ehemaligen griechischen EU-Umweltkommissar Stavros Dimas als Regierungschef vorschlagen werde. Er ist heute Vizepräsidint der Nea Dimokratia.

Europas Konservative sollen ND beeinflussen

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier forderte Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel auf, ihrer Schwesterpartei in Griechenland "klare Ansagen" zu machen. Das Verhalten der konservativen Opposition in Athen sei nicht akzeptabel, sagte Steinmeier der Welt am Sonntag. Er kritisierte, dass die ND "tagaus, tagein gegen die Sparauflagen" polemisiere. Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok forderte ND-Chef Samaras auf, eine Übergangsregierung in Athen zu stützen. "Samaras' Haltung gegenüber seinem Land ist unverantwortlich", sagte Brok.

Papandreou hatte bereits zugesagt, gegebenenfalls auf sein Amt zu verzichten und einen neuen Mann an die Spitze der neuen Regierung zu stellen. "Wir werden sehen, wer die Führung dieser Regierung übernehmen wird", sagte der Sozialistenchef. Als möglicher Kandidat war auch der bisherige Finanzminister Evangelos Venizelos gehandelt worden. Die schnelle Bildung einer neuen Regierung ist für Griechenland wichtig. Solange das Land das neue Hilfsprogramm und die nötigen Gesetze nicht gebilligt hat, wird es kein Geld von den internationalen Geldgebern bekommen und bald pleite sein - möglicherweise schon im Dezember.
papandreou, papoulias
© APPremier und Präsident: Papandreou (l) spricht mit Papoulias.

Kanzlerin Merkel warnte derweil vor der Erwartung, die Schuldenkrise werde auf einen Schlag vorbei sein. Die Schulden seien über Jahrzehnte aufgehäuft worden, daher werde es "sicherlich ein Jahrzehnt dauern, bis wir wieder besser dastehen", erklärte Merkel in ihrer wöchentlichen Video-Botschaft. Sie beteuerte, es gebe keinen Anlass zum Pessimismus, was die Wirtschaftsentwicklung angehe. Zugleich betonte Merkel jedoch: "In Europa müssen sich alle anstrengen und ihre Hausaufgaben machen."

Staatsunternehmen als Pfand hinterlegen

Der Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Bundestagsfinanzausschuss, Hans Michelbach, forderte eine zügige Entscheidung über den künftigen Kurs des von der Pleite bedrohten Landes. Notfalls müsse Griechenland zum Verlassen der Euro-Zone gezwungen werden, sagte Michelbach in Berlin. Auf keinen Fall dürften weitere Hilfen ohne zusätzliche Sicherheiten gewährt werden. Griechenland sollte dafür einen Teil seiner Staatsunternehmen als Pfand hinterlegen.

Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder stellte sich ausdrücklich hinter Papandreou und verteidigte dessen ursprüngliche Idee für ein Referendum über den Sparkurs. Es sei "naiv" von den Euro-Partnern gewesen, angesichts der politischen Mehrheitsverhältnisse in Athen nicht von einem solchen Schritt auszugehen, sagte der SPD-Politiker. Schröder forderte als Ausweg aus den Problemen der Eurozone ein "föderales Europa", für das sowohl der EU-Vertrag als auch das Grundgesetz geändert werden müssten.

Der Präsident des Münchner ifo Instituts, Hans-Werner Sinn, sieht keine Möglichkeit mehr für einen Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone. "Die Griechen haben keine Chance, im Euro-Raum wettbewerbsfähig zu werden. Sie müssten ihre Löhne um die Hälfte senken. Das geht nur durch Austritt und Abwertung", sagte Sinn der "Wirtschaftswoche". Auch wenn es keine Rechtsgrundlage für einen Austritt gebe, sei die Trennung vom Euro möglich, so Sinn.

Der Reisekonzern Tui will sich derweil in Griechenland gegen eine mögliche Währungsumstellung vom Euro auf die Drachme absichern. Der Bild liegt ein Brief vor, wonach die griechischen Hoteliers aufgefordert werden, einen neuen Vertrag vor dem Hintergrund einer möglichen Währungsumstellung zu unterschreiben.

mli/dpa/rts/AFP