Der Atom-Streit mit Iran eskaliert: Nach der Erstürmung der britischen Vertretung in Teheran weist Großbritannien alle iranischen Diplomaten aus. Deutschland holt seinen Botschafter aus dem Iran heim.

Der Iran gerät wegen der Erstürmung der britischen Botschaft in Teheran in arge Bedrängnis. Großbritannien wies Diplomaten und Mitarbeiter der iranischen Botschaft in London aus. Außenminister Guido Westerwelle rief am Mittwoch den deutschen Botschafter aus dem Iran zurück nach Berlin. Auch Frankreich und die Niederlande beorderten ihre Botschafter aus Teheran zurück. Der UN-Sicherheitsrat und die Europäische Union verurteilten den Angriff und riefen die Führung in Teheran auf, Botschaften und deren Mitarbeiter zu schützen.

Der iranische Parlamentspräsident Ali Laridschani warf in Teheran dem Westen und dem Weltsicherheitsrat eine Politik der doppelten Maßstäbe vor. Laridschani warnte nach Angaben der Nachrichtenagentur Fars vor negativen Auswirkungen auf die weltweite Sicherheitslage. Das Außenministerium hatte die Erstürmung zuvor bedauert.

Rund 200 Demonstranten hatten am Dienstag nach eigenen Angaben aus Wut über die Sanktionen gegen den Iran und den Tod eines Atomwissenschaftlers die Botschaft gestürmt. Sie warfen dem britischen Botschaftspersonal Spionage vor.

Großbritannien weist iranische Diplomaten aus

Nachdem die britische Regierung unmittelbar danach Konsequenzen angekündigt hatte, machte sie die Drohungen einen Tag später wahr. Die iranische Botschaft in London werde geschlossen, die Mitarbeiter hätten 48 Stunden, Großbritannien zu verlassen, sagte Außenminister William Hague.

"Wenn ein Land es uns unmöglich macht, auf seinem Boden zu operieren, dann kann es auch nicht erwarten, bei uns eine funktionierende Botschaft haben zu können", fügte Hague hinzu. Gleichzeitig wurde die britische Botschaft in Teheran evakuiert. Alle 24 Mitarbeiter und ihre Angehörigen wurden zurück nach Großbritannien gebracht. Mit dem Schritt breche die Regierung die diplomatischen Beziehungen zum Iran zwar nicht ab, schraube sie aber auf ein Minimum herunter, erklärte Hague.

Großbritannien machte die iranische Führung für die Gewalt verantwortlich. Die Demonstranten hätten zu einer Gruppe gehört, die "von Elementen des iranischen Regimes kontrolliert" werde, sagte Hague. Es sei "wirklichkeitsfremd", zu glauben, dass die Angriffe ohne irgendeine Form der Zustimmung durch Irans Regime hätten stattfinden können. "Keine Schwierigkeit in der Beziehung zueinander kann jemals auf als Entschuldigung dienen, diplomatisches Personal und Gelände nicht zu schützen."

EU plant schärfere Sanktionen

"Ich verurteile dieses inakzeptable Eindringen mit Nachdruck", heißt es in einer Erklärung der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. Die EU will im Atomstreit mit dem Iran die Sanktionen verschärfen. Die Außenminister wollen beispielsweise über Vorschläge beraten, auch die Öleinfuhren aus dem Iran zu verbieten und Geschäfte mit der Zentralbank des Irans zu untersagen. EU-Diplomaten sagten allerdings, dass es noch Streit über weitergehende Sanktionen gebe. Zahlreiche Staaten erklärten sich mit Großbritannien solidarisch. Norwegen hält seine Botschaft in Teheran weiter geschlossen.

Auch Russland hat die Erstürmung der britischen Botschaft in Teheran scharf verurteilt. Jeder Angriff auf eine ausländische Vertretung sei ein Verstoß gegen das Völkerrecht, teilte das Außenministerium in Moskau am Mittwoch mit. Russland verurteile die Gewalt gegen Diplomaten und rufe den Iran auf, die "inakzeptablen Angriffe" zu unterbinden. "Wir unterstützen hier Großbritannien." Neue Sanktionen gegen den Iran lehne Russland aber weiter ab, hieß es.

Während des Protests tausender Iranern waren 200 Menschen über die Mauer in die britische Botschaft eingedrungen. Sie warfen Brandsätze, verbrannten britische Flaggen, rissen Bilder von Königin Elisabeth II. von den Wänden und zerstörten Dokumente. Demonstranten griffen auch eine Wohnanlage britischer Diplomaten in einem anderen Stadtteil an. In diesem Komplex befindet sich die deutsche Schule.

Großbritannien hatte seine Sanktionen gegen den Iran verschärft und unter anderem den Geschäftsverkehr der Banken eingestellt. Auslöser war ein alarmierender Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien, wonach der Iran zumindest bis 2010 an der Entwicklung von Atomwaffen gearbeitet hat.

swd/DPA