Wer im Krabbelalter eine schwache Bindung zur Mutter hatte, wird als Teenager und Erwachsener mit einer doppelt so hohen Wahrscheinlichkeit dick. Das zeigt eine groß angelegte Studie aus den USA.
Mutter und Baby
© ColourboxMit einer starken emotionalen Bindung können Mütter dem Übergewicht ihres Kindes vorbeugen

Je schwächer die emotionale Bindung zwischen Kleinkind und Mutter, desto wahrscheinlicher ist es, dass das Kind im späteren Leben zu viele Kilos mit sich herumschleppt. Diesen Zusammenhang stellten US-amerikanische Wissenschaftler her, der Fachartikel soll Anfang 2012 im Magazin „Pediatrics“ erscheinen. Während das Übergewicht in der Gruppe mit einer guten Verbindung nur gut jeden Zehnten betraf, war es in der mit der schwächsten gut jeder Vierte.

Insgesamt 997 Kinder und deren Mütter beteiligten sich an der Studie, die das Eunice Kennedy Shriver Institut für Kindsgesundheit und menschliche Entwicklung durchführte. Alle Probanden waren 1991 zur Welt gekommen. Eigens dafür ausgebildete Beobachter besuchten die Familien zu drei Zeitpunkten - als die Kleinkinder 15, 24 und 36 Monate alt waren. Dabei dokumentierten sie die Interaktionen zwischen Kind und Mutter, beispielsweise im Spiel, und bewerteten die Bindung zwischen beiden sowie das mütterliche Einfühlungsvermögen.

Negativ-Punkte auf der Herzenswärme-Skala

Dazu bedienten sich die Forscher eines Punktesystems: Einen Punkt gab es immer dann, wenn ein Kind geringe Bindungssicherheit zeigte oder die Mutter sich unsensibel verhielt. Anschließend wiesen sie jedem Mutter-Kind-Paar auf einer Skala von null bis sechs den entsprechenden Wert zu. Insgesamt 241 Kinder, also jedes vierte, wiesen mit drei oder mehr Punkten eine eher schlechte Bindung zur Mutter auf.

Schließlich bestimmten die Forscher den BMI ihrer Probanden im Alter von knapp 15 Jahren. Mutter-Kinder-Beziehungen mit drei oder mehr Punkten führten in 26,1 Prozent der Fälle zu übergewichtigen Teenagern. Seltener dick wurden Kinder mit zwei (15,5 Prozent) Punkten, noch seltener diejenigen mit einem (12,2 Prozent) oder keinem (13 Prozent) Negativ-Punkt.

Angemessene Stressantwort vorleben

Die Ursache dieses Zusammenhangs sehen die Forscher in einer Funktionseinheit des Gehirns. Das sogenannte limbische System reguliert nicht nur die Stressantwort des Körpers, sondern auch so grundlegende Mechanismen wie Hunger- und Durstgefühl oder Schlaf-Wach-Rhythmus. Eltern können demnach dem Übergewicht ihrer Kinder vorbeugen, indem sie eine gesunde Reaktion auf Stress vorleben und ihnen ein Gefühl von Wärme und Sicherheit vermitteln.

Durch einfühlsame Erziehung steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind starke Bindungssicherheit und eine gesunde Stressantwort entwickelt“, sagte Sarah Anderson, Assistenzprofessorin der Epidemiologie an der Ohio State University. Das wiederum beeinflusse, ob die Kinder gut schlafen können und ob sie später als Reaktion auf Stress zu Snacks greifen - zwei Faktoren, die für Übergewicht mitverantwortlich seien.

Studie nicht als Sündenbock-Suche gedacht

Mit der Studie wollten sie jedoch keinesfalls den Eltern die Schuld am Übergewicht ihrer Kinder in die Schuhe schieben, sagten die Forscher. Ihnen gehe es vielmehr darum, den Eltern klarzumachen, wie wichtig eine starke emotionale Bindung ist, sowie Verbesserungsstrategien dafür auszuarbeiten. Bisher konzentrierten sich die Bemühungen, die Fettleibigkeits-Epidemie einzudämmen, eher auf Ernährungs- und Bewegungstipps.

saw/Eurekalert