Red-Deer-Mensch
© unsw.edu.au, Peter Schouten (Illu.), (Kollage: grewi.de)Frontalansicht des Schädels eines Red-Deer-Meschen vor einer künstlerischen Rekonstruktion.
Sydney/ Australien - Im südwestlichen China haben Wissenschaftler fossile Überreste einer bislang unbekannten Menschenart aus der Steinzeit entdeckt. Die Funde ermöglichen den Forschern einen seltenen Einblick in die jüngere Vergangenheit der menschlichen Evolution und haben erstaunliche Auswirkungen auf das Wissen über die frühen Menschen Asiens.

Wie die Forscher um Professor Darren Curnoe von der University of New South Wales und Professor Ji Xueping vom Yunnan Institute of Cultural Relics and Archeology aktuell im Fachjournal "PLoS One" berichten, weisen die Fossilien eine "höchst ungewöhnliche Vermischung archaischer und moderner anatomischer Merkmale" auf. Zudem handelt es sich um die jüngsten Funde, die je auf dem asiatischen Festland gemacht werden konnten.

Mit einem Alter von 14.500 und 11.500 Jahren, haben sich die nach dem Fundort der Fossilien, der sog. Red Deer Cave bei Maludong nahe der Stadt Mengzi in der Provinz Yunnan benannten Menschen ihren Lebensraum mit modern Menschen geteilt, die damals mit den ersten Formen von Landwirtschaft begonnen haben.

"Diese neuen Funde stammen möglicherweise von einer bislang unbekannten Art - einer Art, die noch bis zum Ende der Eiszeit vor rund 11.000 Jahren überlebt haben könnte", erläutert Curnoe. "Alternativ könnte es sich aber auch um einen bislang unbekannten Zweig von modernen Menschen handeln, der aus Afrika nach Asien eingewandert ist und dessen Population zur Genetik der heute lebenden Asiaten beigetragen haben könnte."

Insgesamt entdeckten die Forscher bei den Arbeiten in der Höhle von Maludong seit 1989 die fossilien Überreste dreier Individuen, die jedoch bis 2008 nicht weiterführend untersucht wurden. Schon zuvor hatte ein chinesischer Geologe ein weiteres Skelett in der Nähe des Dorfes Longlin in der Nachbarregion Guangxi Zhuang entdeckt. Schädel und Zähne der Funde aus Maldong und Longlin gleichen sich und zeigen neben den der ungewöhnlichen Vermischung archaischer und moderner Merkmale auch bislang unbekannte anatomische Eigenschaften.

"Während heutzutage in Asien mehr als die Hälfte der gesamten Weltbevölkerung lebt, wissen Wissenschaftler immer noch sehr wenig darüber, wie sich der moderne Mensch hier entwickelt hat, nachdem sich unsere Vorfahren vor rund 70.000 Jahren in Eurasien niedergelassen hatten", so Curnoe.

Die Bezeichnung der Höhle als "Red Deer Cave" leiten die Forscher aus dem Umstand her, dass die ausgestorbene Menschenart von hier aus Rotwild gejagt und innerhalb der Höhle zubereitet hatte.

Bislang wurden auf dem ostasiatischen Festland nur frühmenschliche Knochenfunde mit einem Alter von mindestens 100.000 Jahren gemacht, weswegen Wissenschaftler bislang glaubten, dass diese Region nicht besiedelt war, als die ersten Vorfahren moderner Menschen hier ankamen. Die neuen Funde stellen diese Vorstellung nun in Frage.

"Aufgrund der geografischen Vielfalt des ist das südwestliche China als Epizentrum für eine große Artenvielfalt und für seine reichhaltige Kultur bekannt", so Professor Ji. "Diese Vielfalt reicht auch weit in die Vergangenheit zurück."

Alleine innerhalb des vergangenen Jahrzehnts zeichneten Funde in Eurasien und Asien ein neues Bild der Geschichte der modernen Menschen, als etwa auf der indonesischen Insel Flores mit Fossilien von Homo floresiensis (Hobbits) eine bis dahin unbekannte Kleinmenschenart gefunden wurde und in Sibirien mit den Denisova-Menschen (...wir berichteten) sogar eine einstige Menschenart nachgewiesen werden konnte, mit der sich moderne Menschen vermischt haben.

"Der Fund der Red-Deer-Cave-Menschen öffnet ein neues Kapitel der Geschichte der menschlichen Evolution, das asiatische Kapitel, dessen Geschichte erst jetzt erzählt wird", so Curnoe.

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Quellen: grenzwissenschaft-aktuell.de / unsw.edu.au