Heimatkunde - Das Wetter spielte in der Lausitz schon immer verrückt

Senftenberg. Das Wetterjahr 2012 hat gleich mit mehreren Paukenschlägen begonnen: zunächst drei fast völlig frostfreie Januarwochen, dann die extreme Kälte und anschließend ein sehr milder Spätwinter. Doch Wetterkapriolen gab es in der Lausitz schon immer. Alte Chroniken berichten von erschreckenden Ereignissen.
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Die wohl ersten Wetterhinweise für die Senftenberger Region finden sich in der Ruhlander Stadtchronik des Königlichen Kreiswundarztes Paul Straßner. Der Mediziner hatte im 19. Jahrhundert in einer Handschrift "historische und politische Nachrichten das Städtlein Ruhland und Umgegend betreffend" niedergeschrieben.

Demzufolge gab es um die vorletzte Jahrtausendwende extreme Hitzeperioden. Von den Jahren 993 und 994 schreibt Straßner, dass in deren sehr heißen Sommern das Getreide auf den Feldern vertrocknete. Und im Jahr 1000 fielen sogar Seen und Teiche trocken. Zudem nahmen ansteckende Krankheiten ihren unheilvollen Lauf. 1022 sollen im Land an der Schwarzen Elster sogar so hohe Temperaturen geherrscht haben, dass Menschen und Vieh umkamen.

Diese Angaben gelten als wissenschaftlich bestätigt. Demzufolge war es zwischen 950 und 1100 wärmer als heutzutage. Fachleute sprechen vom "mittelalterlichen Klimaoptimum". Längst hatten die hohen Temperaturen nicht nur negative Auswirkungen auf die Bevölkerung. Ganz im Gegenteil: Im Zuge dessen breiteten sich die Menschen ostwärts aus. Der mittelalterliche Landesausbau begann.

Wettermäßig drunter und drüber muss es im 15. Jahrhundert in der Lausitz gegangen sein. Paul Straßner berichtet vom extremen Dürresommer 1447. 1466, dem Jahr, in der die Bezeichnungen Ober- und Niederlausitz entstanden, raubten große Überschwemmungen den Menschen Hab und Gut. Nur 24 Monate später herrschte große Hitze und Hungersnot. Gegen Ende des Jahrzehnts mehrten sich die extrem kalten Winter.

Strenger Winter 1740

Einen der bislang strengsten Winter überhaupt erlebte die Lausitz im Jahr 1740. In der Straßner-Chronik heißt es: "Alle Bäume und alles Wintergetreide wurden zu Grunde gerichtet, unter den häufigen und dichten Schnee der ganz zu Eis zusammen gefroren; die Vögel fielen Todt aus der Luft, die größten Eichen zerplatzten vor Kälte." In der Ruhlander Chronik von Bürgermeister Klepper aus dem Jahr 1922 werden diese Schilderungen bestätigt: "Es war einer der strengsten Winter, noch kälter als der Winter von 1709." Fast drei Monate dauerte dieses aus menschlicher Sicht katastrophale Ereignis.

Auch der Winter von 1862/1863 war lang und streng. Damals brachen die Elsterdämme bei Biehlen. Die Chronik des Ortes berichtet, dass das Hochwasser das ganze Elstertal einschließlich der Straße nach Naundorf (heute Schwarzheide-Ost) überflutete, sodass der Postverkehr eingestellt werden musste.

Nach weiteren Recherchen soll es am 20. Januar 1863 ein schweres Wintergewitter gegeben haben. Zwei Menschen kamen auf ihrem Weg von Heinersdorf und Ortrand durch Blitzschlag ums Leben.

Ein weiteres Wetterereignis jährt sich in diesem Jahr zum 100. Mal. Der Kleinkoschener Chronik ist zu entnehmen, dass am 12. Mai 1912 ein schwerer Wirbelsturm aus Richtung Koschenberg über das Dorf gezogen war. "Von der Scheune August Lehmann waren beide Tore herausgerissen und weggetragen worden. Die beiden Lindenbäume vor dem Wohnhaus Ruhland lagen mit ihren Wipfeln in Richtung Dorfeingang", heißt es da.

Auch in den vergangenen Jahrzehnten kam es immer wieder zu wetterbedingten Tragödien. Viele ältere Lausitzer werden sich noch an den Winter 1962/1963 erinnern können. Damals sorgte nicht nur die extreme Kälte für große Schäden, sondern ebenso der völlig verharschte Schnee. Damals wurde sogar eine wissenschaftliche Untersuchung unter Leitung des Wildbiologen Dr. Lutz Briedermann durchgeführt, wie viele Wildtiere aufgrund der Knappheit an Äsung verendet waren. Und der Jahreswechsel 1978/1979 mit seinem Temperatursturz von plus zehn auf minus 20 Grad Celsius hat sich ohnehin bei vielen Lausitzern eingebrannt.

Dürreperioden im Schaltjahr2012 ist indes ein Schaltjahr. "Schaltjahr gleich Kaltjahr" heißt es häufig. Doch die Realität sieht oft anders aus. So litt der Bezirk Cottbus beispielsweise in den Schaltjahren 1972 und 1976 unter langen Dürreperioden. Im Juni 2000 stiegen die Temperaturen sogar auf 38 Grad. Doch ob es in diesem Sommer zu ähnlichen Extremen kommen wird, weiß heute noch niemand.