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Wenn das keine Kampfansage ist: Auf einem Kriegsschiff hat der republikanische Präsidentenbewerber Mitt Romney den eisernen Sparer Paul Ryan als seinen Vize vorgestellt. Gleich zu Beginn unterlief ihm mal wieder ein Patzer.

Der für seine verbalen Querschläge bekannte Mitt Romney hat seinem Ruf einmal mehr Ehre gemacht: Bei der Vorstellung seines Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten, Paul Ryan, präsentierte er den 42-jährigen Abgeordneten im Repräsentantenhaus als den „nächsten Präsidenten“ der USA. „Begrüßen Sie mit mir den nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten, Paul Ryan“, rief er in der Hafenstadt Norfolk im Bundesstaat Virginia seinen versammelten Unterstützern zu, sorgte damit für Gelächter und nahm es mit Humor.

„Ich bin seit jeher dafür bekannt, Fehler zu machen“, sagte Romney. Die Entscheidung für Ryan sei allerdings kein Fehler. „Ich kann Ihnen sagen, dass er der nächste Vizepräsident der Vereinigten Staaten sein wird“, berichtigte sich Romney.

Mit seinem Versprecher ist Romney nicht allein. Auch Amtsinhaber Barack Obama, gegen den er bei der Präsidentschaftswahl im November antreten soll, stellte seinen Vizepräsidenten Joe Biden im Wahlkampf 2008 entsprechend vor. Die Republikaner sprachen damals von einem „Freud´schen Versprecher“ und führten dies auf den Altersunterschied zwischen Obama und dem älteren Biden zurück.

Ryan ist „intellektueller Führer“ mit viel Wirtschaftserfahrung

Der 42-Jährige Paul Ryan sei ein „Mensch großer Zuverlässigkeit, dessen Integrität unbestritten ist“, sagte Romney bei der Kundgebung auf dem Kriegsschiff in Norfolk im Bundesstaat Virginia. Ryan habe feste Prinzipien, die er in die Praxis umsetzen könne. Er verstehe die finanziellen Herausforderungen des Landes und sei ein „intellektueller Führer der Partei“. Gleichzeitig behandle er seine politischen Gegner mit Respekt, sagte Romney.


Ryan griff in seiner ersten Rede als Anwärter auf die Vizepräsidentschaft den demokratischen Präsidenten Barack Obama und dessen Vize Biden an. „Wir brauchen eine neue Führung, um den Wohlstand, Wirtschaftswachstum und die Arbeitsplätze wiederherzustellen“, sagte er. Er sei stolz, gemeinsam mit einem Mann anzutreten, der so viel Erfahrung aus der Wirtschaft mitbringe. „Dies ist ein entscheidender Moment in der Geschichte unserer Nation, und es ist absolut existenziell, dass wir den geeigneten Mann wählen, um Amerika zu Größe und Wohlstand zurückzuführen“, sagte Ryan. Hohe Arbeitslosigkeit, sinkende Einkommen und erdrückende Schulden seien das Ergebnis „fehlgeleiteter Politik“ der Regierung von US-Präsident Obama. „Wir werden die Größe dieses Landes wiederherstellen“, versprach der 42-Jährige.

Ryan mutiert vom Kongress-Hiwi zum möglichen Vizepräsidenten

Paul Ryan macht eine Karriere, von der unzählige junge Amerikaner träumen. In nur 20 Jahren vom Praktikanten im US-Kongress bis zum Sprungbrett für die politische Spitze des Staates aufzusteigen: Das gelingt den Allerwenigsten.

Der Katholik irischer Abstammung aus Janesville im Bundesstaat Wisconsin könnte es schaffen. Nach dem Wirtschafts- und Politikstudium in Ohio, wo er einer Bruderschaft angehörte, hospitierte er in der Poststelle des Senators Robert Kasten. Der war von dem jungen Mann so beeindruckt, dass er ihn zu seinem Berater für Wirtschaftspolitik machte. Von da an ging es für Ryan steil bergauf - vielleicht bis ins Weiße Haus.

Er war Redenschreiber für den Vizepräsidentschaftskandidaten von 1996, Jack Kemp, und zog bei der Kongresswahl zwei Jahre später mit nur 28 Jahren in das US-Abgeordnetenhaus ein. Dort machte er sich bis heute als Vorsitzender des mächtigen Haushaltsausschusses einen Namen als eiserner Sparpolitiker, der das Steuersystem und die Sozialkassen der überschuldeten USA für die Zukunft fit machen will.

Obama-Team kritisiert Ryans Haushaltsentwurf

Ryan ist Vorsitzender des Haushaltsausschusses des Repräsentantenhauses und hat den Ruf eines eisernen Sparers. Für die Demokraten sind Ryens radikale Pläne ein rotes Tuch. Präsident Barack Obama - der sich auch schon Wortgefechte mit Ryan lieferte - bezeichnet den 2011 vorgestellten Haushaltsentwurf des Republikaners als „Sozialdarwinismus“. Obamas Wahlkampfteam erklärte, Ryan habe seinerzeit als Mitglied des Kongresses die „unbedachte Wirtschaftspolitik“ von US-Präsident George W. Bush verteidigt. Diese habe zu einem „explodierenden Defizit“ geführt und die US-Wirtschaft ruiniert. Ryan vertrete eine „radikale“ und „schlechte“ wirtschaftspolitische Vision. Sollte diese zur Anwendung kommen, würden sich „katastrophale“ Fehler wiederholen.

Der 42-Jährige ist seit rund zwölf Jahren verheiratet und hat drei Kinder, die Tochter Elizabeth Anne und die Söhne Charles Wilson und Samual Lowery. Er gilt als außerordentlich sportlich und verbringt nach eigenen Angaben seine Freizeit am liebsten in der Natur. Ryan ist ein leidenschaftlicher Jäger und Angler. Passenderweise hat er seiner Frau den Hochzeitsantrag während eines Angelausflugs an einen See im Norden Wisconsins gemacht. Freunde bezeichnen ihn als fröhlich und sympathisch, aber auch als sehr beharrlich.

dpa/AFP