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© IQOQI Wien & MPQGrafische Darstellung des Teleportationsexperiments zwischen der kanarischen Insel La Palma nach Teneriffa.
Wiener Physiker haben einen neuen Entfernungsweltrekord in der Quantenteleportation aufgestellt und den Quantenzustand eines Lichtteilchens über eine Distanz von 143 Kilometern von der kanarischen Insel La Palma nach Teneriffa "gebeamt".

Wien (Österreich) - Wie die Physiker der Gruppe von Prof. Anton Zeilinger vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) und der Universität Wien gemeinsam mit Dr. Johannes Kofler aus der Abteilung von Prof. Ignacio Cirac am Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) im Fachjournal Nature berichten, überbietet die aktuelle Teleportation einen gerade erst wenige Monate alten chinesischen Rekord von 97 Kilometern.

In ihrem erfolgreichen Versuch erzeugte das Physikerteam auf der Insel La Palma zunächst verschränkte Paare von Lichtteilchen (Photonen 2 und 3, s. Abb.), also jeweils zwei Photonen, von denen keines für sich genommen eine definitive Polarisation aufweist. Misst man aber die Polarisation bei einem der Photonen und erhält ein zufälliges Resultat, so zeigt das andere Photon stets eine damit perfekt korrelierte Polarisation. Tatsächlich ist diese Art der quantenmechanischen Korrelation mithilfe der klassischen Physik nicht beschreibbar, sodass schon Albert Einstein das Phänomen als "spukhafte Fernwirkung" bezeichnete.

Im Experiment wurde Photon 3 (s. Abb.) sodann durch die Luft auf etwa 2400 Meter Meereshöhe 143 Kilometer weit über den Atlantik nach Teneriffa geschickt und dort mit einem Teleskop der europäischen Weltraumagentur (ESA) eingefangen. Zur gleichen Zeit verblieb Photon 2 im Labor auf La Palma, wo die Forscher dann weitere Lichtteilchen (Photon 1, s. Abb.) in einem frei einstellbaren Polarisationszustand erzeugten, den es zu teleportieren galt.

"Dies geschah in mehreren Schritten", so die Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik. "Zunächst wurde eine spezielle Art der gemeinsamen Messung, die sogenannte Bell-Messung ('BM'), an Photon 1 und 2 durchgeführt, bei der beide Photonen unwiderruflich zerstört werden. Bei dieser Messung wurden zwei mögliche Resultate unterschieden, und die entsprechende klassische Information wurde mit einem gewöhnlichen Laserpuls (violett in der Abbildung) nach Teneriffa übermittelt. Dort wurde, je nachdem welches der beiden Resultate der Bell-Messung empfangen worden war, die Polarisation von Photon 3 entweder um 90 Grad rotiert oder völlig unverändert gelassen. Diese Transformation ('T') schloss die Teleportation ab, und die Polarisation von Photon 3 auf Teneriffa war nun identisch mit der ursprünglichen Polarisation von Photon 1 auf La Palma."

Der Erfolg so erläutern die Forscher, sei ein bedeutender Schritt auf dem Weg zur Zukunftstechnologie des sogenannten "Quanten-Internets" und damit einer Zukunftsvision der Informationsverarbeitung. "Es basiert nicht mehr auf klassischen Computernetzwerken, sondern auf den derzeitigen Entwicklungen der modernen Quanteninformation, bei der einzelne Quantenteilchen die Träger von Information sind. Quantennetzwerke versprechen absolut sichere Kommunikation und verbesserte Rechenleistung bei dezentralen Aufgaben gegenüber allen denkbaren klassischen Technologien. Aufgrund der Transmissionsverluste in konventionellen Glasfasern wird ein globales Quantennetzwerk voraussichtlich auf der Übertragung von Quantenzuständen durch den freien Raum basieren, beispielsweise zwischen Satelliten und von Satelliten zur Erde."

Für die Wissenschaft stellt das Experiment einen Meilenstein dar, der die Reife und Anwendbarkeit der Quantenteleportation für zukünftige globale Quantennetzwerke demonstriert. Für den nächsten Schritt der satelliten-basierten Quantenteleportation will eine internationale Kooperation der Österreichischen und Chinesischen Akademie der Wissenschaften in absehbarer Zukunft einen gemeinsamen Satelliten in den Weltraum zu schießen.