Die Wissenschaft des Geistes
Andere Bereiche des Gehirns, die auch im Normalfall an der Problemlösung arbeiten, erhöhen ihre Aktivität deutlich. Mit diesem Kniff versucht unser Denkorgan, weiterhin optimal zu funktionieren.
So zögert das Gehirn womöglich die verheerenden Folgen des Zerfalls hinaus, wie sie zum Beispiel bei Alzheimer auftreten. Das zeigt eine neue Studie der Jülicher Forscherin Dr. Heidi Jacobs, basierend auf Untersuchungen, die sie an der Universität Maastricht durchgeführt hat. Die Ergebnisse erscheinen am 31. Januar 2012 in der renommierten Zeitschrift Neurology.
Für die Studie hat ein Forscherteam unter der Leitung von Stefan Thurner und Michael Szell Millionen menschlicher Interaktionen ausgewertet: Handlungen wie Kommunikation, Freundschaften schließen und beenden, Handel von Gütern, schlafen, bewegen, aber auch Feindschaften, Angriffe und Bestrafung. Das - doch etwas überraschende - Ergebnis: Nur zwei Prozent aller Handlungen sind aggressiv, obwohl das Spiel etwa auch kriegerische Attacken mit Raumschiffen ganz einfach ermöglichen würde.
Fast alle Aktionen sind positiv
Das von Szell entwickelte Online-Game "Pardus" gibt keinerlei Regeln vor, jeder kann mit seinem Avatar - also mit seiner Spielfigur in der virtuellen Welt - leben, wie es ihm beliebt. "Und dennoch wird keine Anarchie gelebt", so Thurner. "Die Teilnehmer organisieren sich selbst als soziale Gruppe mit gutem Willen. Fast alle Aktionen sind positiv."
Kommentar: Im Gegensatz zu einem mit einem Gewissen ausgestatteten Menschen, hat ein Psychopath kein inneres Werte- und Regelsystem, was ihn in Machtpositionen so gefährlich für unsere Gesellschaft macht. Für detailliertere Informationen empfehlen wir die Artikelserie Der Psychopath und Politische Ponerologie - Eine Wissenschaft über das Wesen des Bösen und ihre Anwendung für politische Zwecke.
Tagträumen, das ist was für Menschen ohne geistige Disziplin. Ein kindischer Zug, von dem Experten sogar dachten, er könne neurotisch machen. Sigmund Freud warnte: "Tagträume sind die nächsten Vorstufen hysterischer Symptome." Doch nun kommen Forscher dem Sinn der Träumerei auf die Spur. Jonathan Schooler, Professor für Psychologie an der University of California in Santa Barbara, erzählt, wozu Tagträume gut sind.
Welt am Sonntag: Manchmal flieht unser Gehirn vor der Realität, und wir beginnen, vor uns hinzuträumen. Was soll das?
Jonathan Schooler: Unsere Gedanken springen zwischen internen und externen Angelegenheit hin und her. Sie konkurrieren um unsere Aufmerksamkeit: Auf der einen Seite gibt es Ziele, die wir erreichen wollen, Pläne, die dafür geschmiedet werden müssen, und einfach Dinge, die uns unklar sind und über die wir nachdenken müssen. Auf der anderen Seite stehen die externen Angelegenheiten: also das, womit wir uns im Hier und Jetzt eigentlich beschäftigen sollten, E-Mails checken zum Beispiel. Wenn diese Aufgaben uns nicht so viel abverlangen, reagiert unser Gehirn effizient: Es schaltet unsere Gedanken um, auf die Dinge, die uns innerlich beschäftigen. Andererseits kann es natürlich auch sein, dass unser Geist nur eine Pause braucht. Tagträumereien sind eine gute Möglichkeit zur Erholung.
Das Unbewusste im Sinne Sigmund Freuds war spektakulär, attraktiv, hinterlistig und munitioniert seit Sophokles' "König Ödipus" große Literatur - aber es war ziemlich düster. Freud sah im Unbewussten ein System verdrängter Bewusstseinsinhalte, ein Reich unaufgeklärter, vor allem sexueller Triebe. Tiefenpsychologen arbeiten bis heute mit der Freudschen Theorie.
Anders der amerikanische Sozialpsychologe Timothy D. Wilson. Er entwickelt in Gestatten, meine Name ist Ich ein Konzept des Unbewussten - er nennt es das "adaptive Unbewusste" -, das ohne Verdrängung funktioniert. Für Wilson spielen sich viele Vorgänge im Geist/Gehirn außerhalb des Bewusstseins ab, weil das schlicht "die effizientere Lösung" ist. Auch auf das adaptive Unbewusste haben wir allerdings (wie aufs Freudsche) keinen direkten Zugriff. Wilson führt vor, dass die klassische Innenschau auf der Couch weniger zur Selbsterkenntnis verhilft als die Beobachtung unserer Handlungen in und unserer Reaktionen auf die Umwelt.
Das erste Kapitel von Gestatten, mein Name ist Ich heißt zwar "Freuds Genie, Freuds Kurzsichtigkeit", aber Timothy Wilson meidet die theoretische Kampfzone. Als Sozialpsychologe, der sich mit den Auswirkungen sozialer Vorgänge auf Denken, Fühlen und Handeln des Einzelnen beschäftigt, polemisiert er kurz gegen die jahrzehntelange wissenschaftliche Dominanz der Psychoanalyse - bevor er sich jedoch ernstlich mit Freud anlegt, schlüpft er lieber an Freud vorbei und fragt: "Gibt es nicht einfachere Erklärungen für die unbewussten Phänomene, die er erörtert hat?"
Wer den Psychotherapeutenspruch „Gut, dass wir darüber geredet haben“ belächelt, weil das Gespräch möglicherweise folgenlos bleibt, findet vielleicht im Schreiben eine Alternative. Das Verfassen von autobiografischen Texten als Teil der Psychotherapie geht schon auf Alfred Adler (1870 - 1937) zurück - und damit auf die frühe Zeit der modernen Psychologie.
Inzwischen hat sich nachweisen lassen, dass dem Schreiben über Erlebnisse, die mit starken Emotionen verbunden sind, geradezu magische heilsame Kräfte innewohnen. Darauf vertrauen auch der Berliner Sozialisationsforscher Lutz von Werder und seine Mitautorinnen, die einen neuen Ratgeber unter dem Titel Die heilende Kraft des Schreibens im Patmos-Verlag (Ostfildern bei Stuttgart) vorgelegt haben.
Schreiben hilft Klären
Das Aufschreiben von Erinnerungen, Gefühlen, Assoziationen ist im 20. Jahrhundert rasch Teil der Psychotherapie geworden. Die Verschriftlichung zwingt den Geist zum Nachdenken, zur Arbeit, zur Klärung verschütteter Vorgänge und Erlebnisse. Durch verschiedene Methoden lässt sich der Prozess vertiefen. So kann man sich etwa einem Duft aus seiner Kindheit aussetzen, um von da aus assoziativ die Gefühls- und Erlebniswelt seiner jungen Jahre zu beschreiben.
Am Anfang waren es nur zwei - die ängstliche Shirley und die lustige Peggy Lou. Die Woche darauf stellte sich Vicky in der psychoanalytischen Praxis vor und berichtete wiederum von Peggy Ann. Doch die Therapeutin Cornelia Wilbur fragte immer weiter: Gibt es noch mehr Persönlichkeiten? Was ist sonst noch in Ihrer Kindheit passiert? Und so zählte Wilbur schließlich 16 verschiedene Persönlichkeiten, die alle im Gehirn ihrer zu Beginn der Therapie 30-jährigen Patientin Shirley Mason lebten und sich abwechselnd zu Wort meldeten. Sie seien entstanden, so vermutete Wilbur, als Reaktion auf bizarre Misshandlungen und sexuelle Übergriffe in der Kindheit.
Die Geschichte von "Sybil" - so das Pseudonym der Patientin - wurde eine der berühmtesten und einflussreichsten Erzählungen der modernen Psychiatrie. Ihr Leben wurde als Roman und als Spielfilm unter das Publikum gebracht. Vermutlich trugen die Werke mit dazu bei, dass die sogenannte Multiple Persönlichkeitsstörung 1980 Eingang in den offiziellen psychiatrischen Diagnosekatalog fand und dann eine steile Karriere machte: Bis 1980 fanden sich in der Fachliteratur gerade einmal 200 Fälle, deren Symptomatik unter Umständen zu der neuen Erkrankung passen könnte. Sechs Jahre später waren allein in den USA 6000 Menschen als gespaltene Persönlichkeiten diagnostiziert.
Die Wissenschaftler um Julia Frankenstein vom Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen führten ihre Experimente mit 26 Einwohnern der Stadt Tübingen durch. Die ortskundigen Probanden wurden mit einem fotorealistischen virtuellen Modell ihrer Heimatstadt konfrontiert. Sie trugen dazu einen Helm, der ihnen dreidimensionale Straßenansichten Tübingens direkt vor die Augen projizierte, so dass sie das Gefühl hatten, vor Ort zu sein. Die Aufnahmen stammen aus dem Projekt „Virtuelles Tübingen“, für das Wissenschaftler des MPI das Zentrum der Stadt dreidimensional am Computer neu entstehen ließen. So ist es möglich, die Stadt virtuell zu erkunden und Untersuchungen zum Orientierungssystem des Menschen durchzuführen.
Durch Manipulation des körpereigenen Opiatsystems wollen die Forscher Informationen darüber sammeln, ob beim Mitfühlen die gleichen Mechanismen ablaufen wie beim direkten Schmerzerleben.
Der Ansatz folgt der Annahme, dass im Gehirn einer Person, die einen anderen Menschen mit Schmerzen beobachtet, ähnliche Prozesse ablaufen, wie bei der Person, die die Schmerzen tatsächlich erleidet, erklärte der Neurowissenschafter und Psychologe Claus Lamm vom Institut für Psychologische Grundlagenforschung und Forschungsmethoden der Uni Wien.
Die Forscher wollen sich diesen Mechanismen über das Opiatsystem im Gehirn annähern. Dieses System setzt körpereigene Neurotransmitter im Gehirn frei, die an den synaptischen Übergängen zwischen Nervenzellen die Übertragung von Schmerzen unterdrücken. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um einen Schutzmechanismus des Körpers, der dazu dient, die Reaktionen auf Belastungen zu dämpfen. Die Wissenschafter wollen nun die Rolle, die dieses System im Hinblick darauf spielt, wie sehr man mit anderen Personen mitfühlen kann, untersuchen.
Die Menschheit hat ausgerechnet ihren Ekelgefühlen einem Forscher zufolge viel zu verdanken. "Der Mensch hat im Lauf der Evolution die Neigung entwickelt, sich mit bestimmten emotionalen Reaktionen vor wiederkehrenden Bedrohungen aus der Umwelt zu schützen. Und so ist das auch beim Ekel", sagte der Kognitionswissenschaftler Jason Clark.
An der Universität Bielefeld leitet der Osnabrücker Forscher Clark noch bis Samstag die Tagung "Die Evolution von Ekel - von Oral zu Moral". Zu Gast sind Philosophen, Psychologen und Anthropologen.
Ekel warnt den Körper vor Bedrohungen
Der Ekel vor Spinnen oder vergammeltem Essen warne den Körper beispielsweise vor Bedrohungen wie einer Vergiftung. Aber auch die Funktion von Ekel bei moralischen Urteilen werde häufig mit einem evolutionären Nutzen erklärt.
Über die Eigenheiten anderer Menschen ein wenig lachen zu können, kann durchaus heilsam sein. Was wie eine Binsenweisheit klingt, hat jetzt eine Studie von zwei jungen Wissenschaftlern an der Universität Leipzig erstmals gründlich untermauert.
Als Gewinner eines Wettbewerbs des Bundesforschungsministeriums im Wissenschaftsjahr 2011 zur Frage „Was macht gesund?“ gaben die Mitarbeiter des Leipziger Instituts für Arbeits- und Organisationspsychologie eine klare Antwort: Humor macht gesund. Wer im positiven Sinne lachen kann, schläft besser und erlebt weniger Stress. „Je mehr Humor man hat, desto niedriger ist der Puls und umso weniger Stress erleidet man“, sagt Diplompsychologin Tabea Scheel, die Leiterin der Studie.
Als Probanden dienten ihr und Co-Autor Mario Csonka 340 Schüler zwischen 13 und 17 Jahren. Die Jugendlichen aus 16 Klassen an sieben Schulen in Sachsen nahmen an umfangreichen Umfragen, Workshops und Experimenten teil.
Kommentar: Das Scheitern der offiziellen Alzheimer-Forschung