Ob wir jemand dabei beobachten oder nur davon lesen: Gähnen steckt an. Forscher finden zunehmend Hinweise dafür, dass weniger Müdigkeit, sondern vielmehr das eigene Mitgefühl den Atemreflex auslöst. Aber nicht jede Person, die müde Luft einzieht, animiert gleichsam andere zum Mitgähnen.
© ReutersAufgesperrte Münder: Gähnen steckt vor allem an, wenn jemand aus der Familie vorgähnt.
Wer gähnt, der ist müde oder gelangweilt. Falsch, sagen Forscher. Gähnen ist ein sozialer Akt, der eine emotionale Verbindung zwischen Vorgähner und Mitgähner herstellt. Das bestätigt auch ein Forscher-Duo aus Italien. Sie zeigen zudem, dass Menschen nicht jedes gähnende Gegenüber gleichsam nachahmen.
Vielmehr entscheidet die emotionale Nähe zwischen zwei Menschen, ob sie gemeinsam den Mund aufreißen, berichten die Wissenschaftler im Fachjournal
PLoS ONE.
Das Team aus Pisa und Rom beobachtete 109 Erwachsene in ihrem üblichen Umfeld an mehreren Tagen über ein Jahr hinweg. Immer, wenn eine Person gähnte, notierten die Wissenschaftler, wer in der Nähe mit welcher Verzögerung mit einem eigenen Gähner reagierte. Die Forscher hofften, auf diese Weise ein Gähnmuster zu finden, das Ergebnisse aus der Empathieforschung bestätigen würde: Demnach haben Menschen intuitiv eine Rangreihe, mit wem sie am meisten mitfühlen. An erster Stelle stehen Familienmitglieder, dann kommen Freunde und Bekannte, schließlich Fremde. Möglicherweise, so die Theorie, könnte sich das auch in dem sozialen Gähnverhalten niederschlagen.