Acht Stunden Arbeit, acht Stunden Freizeit, acht Stunden Schlaf - nicht immer kann dieser Grundsatz eingehalten werden. Viele Menschen versuchen wenigstens ihre Nachtruhe nach diesem Schema einzuhalten. Und scheitern oft genug an der Dauer, die gemeinhin als ideal angenommen wird. Jetzt gibt es Experten, die feststellen, dass eine Nachtruhe von dieser Dauer zu lang ist und vielleicht sogar gesundheitsschädlich ist, berichtet die englische BBC.
Sleep
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Bekannt sind die Folgen von zu wenig Schlaf: Müde, abgeschlagen, unkonzentriert. Zu wenig Schlaf kann Übergewicht, hohen Blutdruck, Diabetes und koronare Herzkrankheiten begünstigen. Aber zu viel Schlaf? Darüber hört man wenige Beschwerden, stellt die BBC fest.

Untersuchungen der vergangenen zehn Jahre, scheinen zu belegen, dass Erwachsene, die durchschnittlich weniger als sechs oder mehr als acht Stunden täglich schlafen, ein höheres Risiko hätten, früher zu sterben als Menschen, die zwischen sechs und acht Stunden schlafen. Wissenschaftlicher ausgedrückt, existiert eine „graduelle Zunahme des Mortalitätsrisikos für Menschen, die außerhalb der sechs-bis-acht-Stunden Bandbreite“ liegen, so die BBC.

Studienvergleich

Prof. Dr. Franco Cappuccio, Professor für kardiovaskuläre Medizin und Epidemiologie an der britischen Universität Warwick, Coventry, hat 16 Studien verglichen, die die Schlafgewohnheiten von insgesamt mehr als einer Million Menschen untersucht haben. Sie wurden auch in Folgestudien („follow-up“) befragt.

Cappuccio teilte die Studienteilnehmer in drei Gruppen ein:
  • „Kurz-Schläfer“: Schliefen weniger als sechs Stunden pro Nacht
  • „Mittel-Schläfer“: Schliefen zwischen sechs und acht Stunden pro Nacht
  • „Lang-Schläfer“: Schliefen mehr als acht Stunden pro Nacht
Seine Analyse zeigte, dass zum Zeitpunkt der Folgestudie verglichen mit den „Mittel-Schläfern“ zwölf Prozent mehr an „Kurz-Schläfern“ gestorben waren.

Dem gegenüber waren aber 30 Prozent mehr an „Lang-Schläfern“ gestorben, verglichen mit den „Mittel-Schläfern“.

Das sei eine signifikante Zunahme der Mortalitätsrate, so Cappuccio, annähernd gleich dem Risiko bei täglichem Alkoholkonsum, obwohl geringer als bei Rauchern.



Langschlafen ist nicht tödlich

Um zu beurteilen, ob neun Stunden Schlaf schädlicher sind als fünf, gibt es verschiedene Ansätze, so Cappuccio. Er war sich der Möglichkeit bewusst, dass Langschläfer eventuell depressiv sind oder Schlaftabletten einnehmen. Er korrigierte die Ergebnisse diesbezüglich, kam aber noch immer auf dasselbe Verhältnis.

Nach seiner eigenen Theorie, leiden Menschen, die länger als acht Stunden schlafen, an Gesundheitsproblemen, die sich mit keinen anderen Symptomen zeigen. Demnach verursacht nicht der lange Schlaf das erhöhte Mortalitätsrisiko, sondern die verdeckten Krankheiten.



Studie mit jugendlichen Teilnehmern

Damit stimmen allerdings andere Forscher nicht überein. Prof, Shawn Youngstedt, von der amerikanischen Arizona State University, führte eine kleine Studie mit 14 jugendlichen Erwachsenen durch. Er „überzeugte“ sie, für drei Wochen pro Nacht drei Stunden länger im Bett zu bleiben. Ihre individuellen Rückmeldungen: Zunahme depressiver Stimmungen - und vermehrte Entzündungen, was durch höhere Konzentrationen des Proteins IL-6, das mit Entzündungen in Zusammenhang steht, im Blut bestätigt wurde. Die Teilnehmer klagten auch über Muskelkater und Rückenschmerzen. Dahinter vermutet Youngstedt die verlängerte Phase der Inaktivität, die mit längerem Schlaf verbunden ist.

Als Folgestudie führt Youngstedt gerade eine Studie durch, in der „Lang-Schläfer“ und „Mittel-Schläfer“ eine Stunde weniger pro Nacht im Bett zubringen sollen. Die Resultate sollen in nächster Zukunft veröffentlicht werden.



Schwierige „Schlafmessung“

Jeder Schlafforscher begegnet einer Reihe von Schwierigkeiten bei seinen Untersuchungen: Eine davon ist, dass Schlaf nicht besonders genau gemessen werden kann.

„Wir neigen dazu, auf sehr einfache Methoden zu vertrauen wie etwa die Teilnehmer zu fragen, wie viele Stunden sie pro Nacht schlafen“, sagt Cappuccio. „Naturgemäß müssen wir uns auf das Gedächtnis der Befragten verlassen, und... wir wissen nicht ob uns die Zeit im Bett, des Schlafs oder ob uns „Nickerchen“ berichtet werden.“

Offensichtlich besteht die generelle Tendenz, die Dauer des Schlafs zu überschätzen. Und wenn es darum geht die Qualität des Schlafs zu beurteilen, scheinen alle Experten übereinzustimmen, dass sie die Gesundheit beeinflusst, allerdings ist die Messung der Schalfqualität noch schwieriger als bei der Schlafdauer.

Ein weiterer Vorbehalt besteht darin, dass Babys, Kinder und Teenager andere Schlafbedürfnisse als Erwachsenen haben.



Schlafzeit vs. Durchschlafzeit

Wenn es aber der Fall ist, dass sechs Stunden Schlaf für einen Erwachsenen zu wenig und mehr als acht Stunden zu viel sind, was ist dann die ideale Dauer - was will unser Körper?, fragt die BBC.

Sie berichtet, dass es eine Menge Belege gibt, dass bis ins späte 17. Jahrhundert die Menschen nicht in einem langen Stück schliefen. Sie schliefen in zwei separaten Segmenten, unterbrochen von ein bis zwei Stunden, in denen sie beteten, lasen, plauderten, Sex hatten, rauchten, zur Toilette gingen oder sogar die Nachbarn besuchten. Das könnte natürlicher sein als die gegenwärtige Tendenz in einem Stück zu schlafen - oder zumindestens zu versuchen, so die BBC.

Cappuccio lässt diese Frage beiseite und konzentriert sich auf die Gesamtzahl der geschlafenen Stunden und hält fest, dass drei Viertel der westlichen Bevölkerung durchschnittlich zwischen sechs und acht Stunden pro Nacht schlafen. Dieses Ausmaß sei auch mit den besten Ergebnissen für ein langes Leben verbunden.



Wie viele Stunden?

Kann man jetzt sagen, acht Stunden Schlaf sind besser als sechs? Die magische Zahl könnte in der Tat sieben Stunden sein, folgt man Dr. Gregg Jacobs, vom Sleep Disorders Center (Zentrum für Schlafstörung) an der University of Massachusetts Medical School. „Sieben Stunden Schlaf taucht als Optimum immer wieder auf“, so Jacobs und weist auf zum Beispiel die jährliche Umfrage der amerikanischen „National Sleep Foundation“ hin.

„Der typische Erwachsene [in diesem Report] berichtet von sieben Stunden täglichem Schlaf. Und das scheint die mediane Schlafdauer unter der erwachsenen Bevölkerung weltweit zu sein. Das legt nahe, dass es möglicherweise natürlich ist, um die sieben Stunden täglich zu schlafen“, so Jacobs zur BBC.



Zum Abschluss hält die BBC launig fest, dass „Wenn Sie Ihren Schlaf genießen, eine Menge Zeit im Bett verbringen und sich dabei wohlfühlen, machen Sie wahrscheinlich etwas richtig. Es gibt keine harten Belege, dass extra Schlafzeit oder auch nur sich hinzulegen und zu entspannen, Sie umbringen wird.“

BBC News / Mag. Christian Boukal