Abnehmen als mathematisches Problem? Wie oft hört man, dass die Bilanz aus Kalorienzufuhr und Kalorienverbrennung darüber Aufschluss gibt, ob man nun zu- oder abnimmt. Rein mathematisch ist dies mit Sicherheit richtig: Wenn mehr Kalorien eingenommen werden als verbrannt, werden die überschüssigen Kalorien vom Organismus in Fettzellen „verstaut“. Also einfach nur weniger Essen, um die Kalorienbilanz zu Gunsten der Kalorienverbrennung zu verbessern?
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Es wäre schön, wenn das so einfach wäre. Aber unser Organismus ist kein Rechenschieber. Jeder weiß, wie schwer das Abnehmen fällt. Immerhin sind, laut Statistik, weniger als 10 Prozent der Abnehmprogramme, die über einen Zeitraum von fünf Jahren erfolgen, mit Erfolg gekrönt. Es bleibt also die Frage, warum die meisten Abnehmversuche scheitern und was sind die Mechanismen dafür?

Adipositas oder Fettleibigkeit ist nicht nur ein rein ästhetisches Problem.Der Zustand gilt inzwischen als eine ernstzunehmende Erkrankung mit noch ernstzunehmenderen Folgeschäden. Die allseits bekannten Nr. 1 und 2 Killer, Hypertonie und Diabetes, sind eng assoziiert mit Adipositas. Somit sind die kardiovaskulären Erkrankungen und Diabetes bei adipösen Menschen besonders ausgeprägt. Die Resultate von unbehandelter Adipositas sind langfristig Erkrankungen wie Herzinfarkt, Hirnschlag, Niereninsuffizienz, Bluthochdruck, Herzinsuffizienz u.v.m.

Die neuesten Ergebnisse der Forschung haben zeigen können, dass der Grund für eine Fettleibigkeit häufig in einer Fehlfunktion des Gehirns begründet ist. Diese Fehlfunktion bewirkt, dass kein Sättigungsgefühl erzeugt wird, bzw. die Dauer des Sättigungsgefühls signifikant verkürzt ist. Der Grund für diesen Fehlmechanismus liegt in einer „endokrinen Dysregulation“. Diese Dysregulationen werden oft provoziert durch Stresssituationen, die eine vermehrte Aussschüttung von Stresshormonen bewirken.

Stresshormone induzieren Signale an das Gehirn, die zum Hungergefühl führen. Dies ist physiologisch leicht nachvollziehbar, denn Stress unter physiologisch normalen Bedingungen bedeutet für den Organismus Aktivität und Kalorienverbrauch, der durch erneute Nahrungsaufnahme kompensiert werden muss. Stresssituationen in der modernen Gesellschaft sind aber nicht auf „fight and flight“ Situationen begründet, sondern sind zum überwiegenden Teil mental bedingt. Es erfolgt somit kein erhöhter Kalorienverbrauch während des Stresses.

Aber nichts desto trotz bekommt das Gehirn die „Aufforderung“, ein Hungergefühl zu produzieren und den Organismus für die Nahrungsaufnahme vorzubereiten. Und damit wäre die mathematische Bilanz von Kalorienaufnahme und - verbrauch zu Gunsten der Aufnahme verschoben: Unser Rechenschieber tendiert in Richtung Gewichtszunahme.

Ein weiterer Aspekt für die Gewichtszunahme auf Basis von körperlichem oder mentalem Stress stellt die Störung der biologischen Uhr dar. Störungen im Schlaf-Wach-Rhythmus stellen ebenso eine Form des Stress dar, der über einen längeren Zeitraum anhält. Diese Form des „Permanent-Stress“ mündet in einer erhöhten Bereitschaft zur Adipositas, weil mit der Störung der biologischen Uhr ein Versagen von neuroendokrinologischen Regelkreisen verbunden ist.

Diese Regelkreise werden aber auch nachhaltig von der Erkrankung selbst gestört. Ein erhöhter Body-Mass-Index ist oft gepaart mit einem Nichtwahrnehmen von Sättigungssignalen. Dies kann seinen Ausdruck finden in einem Vergessen, wann die letzte Mahlzeit eingenommen wurde oder wie viel man gegessen hatte. Damit hat sich der Teufelskreis geschlossen.

Um aus diesem Teufelskreis auszubrechen, sind neben körperlicher Aktivität und Veränderungen der Lebensgewohnheiten ebenso besondere Wahrnehmungsschulungen notwendig. Diese müssen in dafür geeigneten therapeutischen Kursen angeboten werden.