Wien (Österreich) - Ein internationales Forscherteam hat Bäume bei Tag und Nacht mit Laserscannern untersucht und können anhand der Daten nun eindrucksvoll zeigen, dass auch Bäume nachts regelrecht schlafen.
Laserscan Baum
© Eetu Puttonen / tuwien.ac.at Der Tag-Nacht-Rhythmus eines Baums.
Dass auch Pflanzen dem Tag-Nacht-Rhythmus unterworfen sind, ist uns allen anhand des Öffnens und Schließens der Blüten von Blumen bekannt. „Aber auch einige Bäume haben Blätter, die sich nachts zuklappen“, erläutern die Forscher um Eetu Puttonen vom Finnish Geospatial Research Institute, Norbert Pfeifer von der Technischen Universität Wien und András Zlinszky vom Centre for Ecological Research an der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, und haben ihre Studienergebnisse im Fachjournal Frontiers in Plant Science (DOI: 10.3389/fpls.2016.00222) veröffentlicht.

„Wissenschaftlich untersucht wird das schon lange“, erläutert die Pressemitteilung der TU Wien und führt weiter aus: „Carl von Linné beobachtete, dass sich Blumen auch in einem dunklen Keller weiterhin öffnen und schließen, Charles Darwin stellte fest, dass Pflanzen über Nacht ihre Blätter und Stängel hängen lassen und nannte diese Bewegung ‚Schlaf‘. Doch bis heute wurden solche Untersuchungen nur mit kleinen, in Töpfen gezogenen Pflanzen durchgeführt. Niemand wusste, ob auch Bäume dieses Schlafverhalten zeigen.“

Jetzt konnte das internationale Forscherteam erstmals sozusagen das Schlafverhalten ausgewachsener Bäume messen und dokumentieren, indem sie Zeitserien von Laser-Scanner-Punktwolken aufnahmen, die jeweils aus mehreren Millionen Messpunkten bestehen.

„Unsere Resultate zeigen, dass der ganze Baum in der Nacht zusammensinkt, was man als Positionsänderung der Blätter und Äste messen kann“, sagt Eetu Puttonen. „Die Änderungen waren nicht groß, bis zu 10 cm bei einem Baum mit einer Höhe von fünf Metern, aber sie waren systematisch und eindeutig innerhalb der Genauigkeit unserer Messinstrumente.“

Ihre tiefsthängende Position erreichen die Bäume demnach einige Stunden vor Sonnenaufgang und kehren dann am Morgen in ihre ursprüngliche Position zurück. Ob sie allerdings von der Sonne „aufgeweckt“ wurden oder durch ihren eigenen internen Rhythmus, ist noch nicht geklärt.

„Auf molekularer Ebene hat sich das wissenschaftliche Feld der Chronobiologie schon weit entwickelt, und besonders der genetische Hintergrund des Tageszyklus von Pflanzen ist gut untersucht“, sagt András Zlinszky. „Pflanzenbewegung hängt immer eng mit dem Wasserhaushalt einzelner Zellen zusammen, der unter anderem auch davon abhängt, ob Licht für die Photosynthese zur Verfügung steht. Aber Änderungen der Pflanzenform sind selbst bei kleinen Kräuterpflanzen schwer zu dokumentieren, weil man für klassische Fotografie sichtbares Licht benötigt, das einen Einfluss auf den ‚Schlaf‘ der Pflanzen haben kann.“

Mit Laserscans hingegen stört man die Pflanze nur minimal. Die Scanner verwenden Infrarotlicht, das von den Blättern reflektiert wird. Einzelne Punkte auf der Pflanze werden bloß für Sekundenbruchteile angestrahlt. Mit dieser Laserscan-Technik kann ein voll ausgewachsener Baum innerhalb von Minuten abgebildet werden, mit einer Auflösung von weniger als einem Zentimeter.

„Wir glauben, dass die Punktwolken aus den Laserscans uns ein tieferes Verständnis vom Schlafmuster der Pflanzen ermöglichen. Wir können damit unsere Messungen von einzelnen Pflanzen zu größeren Bereichen, zu ganzen Gärten oder Wäldern, ausweiten“, sagt Norbert Pfeifer vom Department für Geodäsie und Geoinformation der TU Wien.

In einem nächsten Schritt wollen die Forscher nun wiederholt Punktwolken von Bäumen sammeln und die Ergebnisse mit Messungen über den Wasserhaushalt der Bäume in Verbindung setzen. Mit Hilfe dieser Daten kann dann untersucht werden, welchen Einfluss der tägliche Wasserverbrauch der Bäume auf das lokale oder regionale Klima hat.“