obama militärbesuch
© ReutersIm Interview mit RT Deutsch kritisierte der Gründer der Hilfsorganisation Ashsham CARE, Oscar Bergamin, die Praktiken der USA: "Die US-Operation 'Inherent Resolve' ist der Beweis dafür, dass in unserer Zeit Massenbombardierungen endgültig ihre Berechtigung verloren haben".
Die US-geführte Anti-IS-Koalition hat seit 2014 mindestens 188 Zivilisten in Syrien und im Irak getötet. Höhere Opferzahlen weisen die USA als "nicht glaubwürdig" zurück. Im Interview mit RT Deutsch kritisierte der Gründer der Hilfsorganisation Ashsham CARE, Oscar Bergamin, die Praktiken der USA und die Rolle Deutschlands in der Inherent Resolve Kinetic Strike'-Gruppe.

"Die Combined Joint Task Force/Operation Inherent Resolve (CJTF-OIR) hat auf Grundlage der verfügbaren Informationen festgestellt, dass mindestens 188 Zivilisten seit Beginn der Operation 'Inherent Resolve' unbeabsichtigt bei Koalitionsluftangriffen ums Leben gekommen sind", räumte die im Pentagon eingerichtete Operationsstelle der Anti-IS-Koalition am Montag in ihrem monatlichen Lagebericht ein.


Kommentar: Die werden natürlich als "Kollateralschaden" abgeschrieben. Damit drücken sich die USA und all ihre Koalitionspartner vor der Verantwortung gegenüber dem, was sie im Nahen Osten treiben. Aller Wahrscheinlichkeit kann man sogar annehmen, dass in psychopathischer Manier die wahren Motive unterdeckelt werden: Die Zivilbevölkerung zu terrorisieren (und letztlich sogar ganz auslöschen), eine Schreckensherrschaft der Terroristen zu etablieren und mit dieser Schock-Strategie die US-Hegemonie zu sichern. Dies vollzieht sich durch Zermürbung der einheimischen Bevölkerung einerseits und andererseits durch Kontrolle der westlichen Bevölkerung durch die Massenmedien, damit diese ihren Eliten nicht mehr so nennenwerten Widerstand entgegensetzen (wie bspw. zu Zeiten des Vietnamkrieges). Doch andererseits nimmt der Widerstand zu, was die Massenmedien verschweigen - ein eindeutiges Zeichen, dass die Eliten es zu weit getrieben haben und psychologische Kriegführung zur Ruhigstellung nicht mehr genügt.


"Obwohl die Koalition außerordentliche Anstrengungen unternimmt, um militärische Ziele in einer Weise zu zerstören, die das Risiko ziviler Opfer minimiert, sind in einigen Fällen Unfälle nicht zu vermeiden", heißt es aus der Operationsleitung weiter.

Die Koalition hatte im Vorfeld ihrer Äußerung 16 neue und sieben bereits zuvor erhaltene Berichte über mögliche zivile Tote im November 2016 ausgewertet. Nur fünf Berichte davon stuften die Militärbeamten als "glaubwürdig" ein. Ganze 13 Berichte wurden als "nicht glaubwürdig" eingeschätzt. Weitere fünf Berichte werden gegenwärtig noch ausgewertet, informierte das US-Militär.

Die Mehrheit der Berichte, die den Stempel "nicht glaubwürdig" aufgedrückt bekommen haben, weist auf einen alarmierenden Mangel an Geheimdienstinformationen aufseiten der US-geführten Anti-IS-Koalition hin, glaubt der ehemalige Pentagon-Beamte Michael Maloof im Gespräch mit RT.
Die Vereinigten Staaten müssen im Grunde doppelte und dreifache Kontrollen vornehmen, um sicherzustellen, dass es am vorgesehenen Schauplatz eines Angriffs keine unschuldige Zivilbevölkerung gibt. Aber angesichts der Realitäten auf dem Boden liegt der Fall oft anders", sagte Maloof. "Wenn sie also von nicht glaubwürdigen Quellen sprechen, dann bedeutet es, dass sie selbst nicht genügend Informationen haben, um festzustellen, ob es sich tatsächlich um Kollateralschäden an der Zivilbevölkerung handelt. Es lässt sich daraus schließen, dass die USA keine Geheimdienstkontrolle in den Gebieten haben, die wir bombardieren. Dort mangelt es uns an Geheimdienstarbeit, was zu Fehlern führt."

Kommentar: Oder eine Hand weiß nicht, was die andere tut.


US-Beamte werten gegenwärtig einen weiteren Luftangriff vom 29. Dezember auf einen Konvoi des "Islamischen Staates" aus.

"Der Konvoi parkte auf einem Krankenhaus-Gelände. Das könnte in zivile Opfern gemündet haben", geht aus einer Mitteilung der US-geführten Arbeitsgruppe hervor.

Gegen Ende Dezember 2016 führte die US-Koalition insgesamt über 17.000 Luftschläge gegen die Terrormiliz durch. Mehr als 10.000 davon fanden im Irak und rund 6.000 in Syrien statt.

Menschenrechtsgruppen unterstellen den USA regelmäßig, diese würden Schäden an der Zivilbevölkerung systematisch unterschätzen. Amnesty International veröffentlichte zuletzt einen Bericht, wonach alleine bei bei Luftangriffen 300 Menschen getötet worden wären.

Mehr als 60 Staaten sind Teil der US-geführten Koalition gegen den "Islamischen Staat". Im Jahr 2014 begann diese ohne Genehmigung vonseiten der Regierung von Baschar al-Assad in Damaskus mit Luftangriffen in Syrien und zuvor im Irak. Zu den Hintergründen der Luftkampagne erklärte der Vorsitzende der in Syrien aktiven "Ashsham CARE Organisation für Soforthilfe und Wiederaufbaumaßnahmen", Oscar Bergamin, im Interview mit RT Deutsch:
Als strategischer Schlüsselpunkt gesehen werden kann die Schlacht um Kobane im September 2014. Die USA hatten schon Stellungen des IS bei Kobane bombardiert, bevor sich eine internationale Koalition von Staaten unter dem Namen 'Operation Inherent Resolve' zusammenfand, um den IS zu bekämpfen. Der erste Angriff unter diesem Namen galt aber nicht dem IS, sondern der so genannten Khorasan-Gruppe. Am 24. September 2014 griffen US-Bomber ein Gebäude der syrischen Khorasan-Gruppe an, die sich aus Afghanistan-Veteranen zusammensetzte. Dabei starben 15 Menschen und das Gebäude wurde völlig zerstört. Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten. Diese Gruppe war Teil der al-Nusra-Front und gilt in den Vereinigten Staaten als Terrororganisation. Diese Aktion löste bei den noch zweifelnden Rebellen am Boden eine sofortige Ablehnung der Bombardierungen aus, die als rücksichtlos betrachtet wurden.
Bergamin bemerkte, dass nicht nur die USA an solchen Aktivitäten "rücksichtsloser Bombardierung" beteiligt sind. Gegenüber RT Deutsch sagte er:
Zur 'Inherent Resolve Kinetic Strike'-Gruppe gehört auch Deutschland, das mit Tornado-Kampfjets Aufklärungsflüge durchführt. 80 Prozent der Angriffe gehen trotzdem auf das Konto der US-Amerikaner. Nach Angaben von März 2016 sollen bei diesen Angriffen mehr als 27.000 Kämpfer und über 120 Anführer des IS getötet worden sein.
„In der gleichen Zeit konnte der IS seine Kampfkraft aber stets ausbauen, eroberte sogar die antike Stadt Palmyra gleich zweimal. Es stellt sich also ernsthaft die Frage, wie es möglich ist, dass sich eine Terrorgruppe halten kann unter einer Dauerbombardierung vonseiten einer internationalen Koalition?", fragte der Vorsitzende der humanitären Hilfsorganisation kritisch nach. Er warnt allerdings vor voreiligen Schlüssen und erklärte, dass sich die Kampfkraft des IS nur erklären lässt, wenn man sich die Umstände im Irak während der US-amerikanischen Besatzungszeit zwischen 2003 und 2011 vergegenwärtigt:
Dass der IS von den USA unterstützt wird, ist eine von vielen Verschwörungstheorien. Sie ist aber Nonsens.


Vielmehr haben die mit dem IS verbündeten Kämpfer sehr viel von den US-Amerikanern gelernt während der Zeit der Besatzung im Irak.


Kommentar: Unter anderem, indem sie (vielleicht nicht alle, aber doch ein größerer Teil) von US-Amerikanern ausgebildet wurden?


Genau in dieser Zeit hat sich eine Art bewaffneter Widerstand unter der sunnitischen Bevölkerung herausgebildet, die von einer neuen Schiiten-Regierung unterdrückt wurden. Die USA führten diese Schiiten-Regierung ein, die mehrheitlich aus Exil-Politikern bestand und die "Baathifizierung des Landes" brutal durchsetzte. Konnten die US-Truppen 2003 noch ohne großen Widerstand von Kuwait nach Bagdad vorrücken, kam es während der Besetzung des Irak bis 2011 zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Tausende radikalisierte Sunniten führten Terroranschläge durch. Kriegshandlungen und Gewaltkriminalität spitzten sich zu. Diese Übergriffe richteten sich sowohl gegen verschiedene konfessionelle Gruppen im Irak als auch gegen die westlichen Besatzungstruppen. Das in der Zwischenzeit im Krieg versinkende Syrien bot 2012 eine geeignete Ausfallbasis für den "Islamischen Staat", der sich 2007 noch "Islamischer Staat im Irak" genannt hatte, um später frischfröhlich mit Toyota-Pickups in Mossul einzufallen.


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Abschließend betonte Bergamin, dass die Operation Inherent Resolve "der Beweis dafür ist, dass Massenbombardierungen in unserer Zeit endgültig ihre Berechtigung verloren haben".