Gabriel mit Tillerson
© ReutersBundesaußenminister Sigmar Gabriel mit Rex Tillerson auf dem G7-Außenminister-Treffen.
Am Dienstag setzen die Außenminister der sieben führenden westlichen Industrienationen ihre Beratungen im italienischen Lucca fort. Im Mittelpunkt der Gespräche steht die Situation in Syrien nach dem bis dato ungeklärten Giftgas-Vorfall in der syrischen Region Idlib.

Der Giftgas-Vorfall in Idlib bringt die Anti-Assad-Fraktion wieder auf Kurs. Der neue und alte Nenner lautet: Assad muss weg. Nach ihren Beratungen am Dienstag fordert die Industriestaatengruppe G7 von Russland nach Angaben Frankreichs, eine stärkere Zusammenarbeit zur "Beendigung des Bürgerkriegs in Syrien". Die Regierung in Moskau dürfe in ihrer Syrien-Politik "nicht scheinheilig sein und müsse ihre Verantwortung in dem Bürgerkriegsland annehmen", so Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault am Dienstag nach Beratungen mit seinen Kollegen aus den G7-Staaten im italienischen Lucca.

Damit wird Russland erneut als Faktor dargestellt, der einer friedlichen Lösung des Syrien-Kriegs im Wege steht und nun endlich zur Vernunft kommen müsse, um dem barbarischen Treiben Assads ein Ende zu bereiten.


Kommentar: Psychopathische Projektion "vom Feinsten": Es ist der Westen, der endlich zur Vernunft kommen muss, um seinem eigenen barbarischen Treiben in Syrien sowie den Gräueltaten der eigens angeheuerten Terroristen ein Ende zu setzen. Der Westen blockiert Russlands Bemühungen für eine friedliche Lösung auf allen Ebenen.


Die Staatengruppe sei einer Meinung, so heißt es offiziell weiter, dass Präsident Baschar al-Assad "nicht Teil der Zukunft Syriens" sein dürfe. Entscheidend sei es, als ersten Schritt einen Waffenstillstand unter Beobachtung der internationalen Gemeinschaft zustande zu bringen. Dabei geht die Staatengruppe nicht darauf ein, dass unter Vermittlung Russland in Astana bereits vor Wochen solch ein Waffenstillstand erreicht wurde.

Befeuert auch durch den jüngsten Giftgas-Vorfall in Syrien und den völkerrechtswidrigen US-Angriff auf syrische Stellungen, fühlte sich Rex Tillerson während des Minister-Treffens dazu berufen, einen fundamentalen Kurswechsel in der US-Außenpolitik zu verkünden.

Die Vereinigten Staaten würden sich dazu verpflichtet fühlen, nun wieder als globale Ordnungsmacht die Geschicke der Welt zu lenken:
Wir verschreiben uns wieder dem Ziel, jeden in der ganzen Welt zur Rechenschaft zu ziehen, der Verbrechen an Unschuldigen verübt“, sagte Tillerson am Montag.
Die Drohung war natürlich nicht an die Adresse Washingtoner Politiker gerichtet, sondern laut Tillerson, neben Syrien, auch als Warnung auch an das kommunistische Nordkorea zu verstehen.


Kommentar: Tillersons Drohung richtet sich tatsächlich an die falsche Adresse, denn mit Blick auf Mossul beispielsweise (und nicht nur deswegen) müssten sich die USA selbst zur Rechenschaft ziehen.


Neben den USA, zählen die Staaten Frankreich, Deutschland, Italien, Großbritannien, Japan und China zum erlauchten Kreis der sogenannten G7, nachdem Russland im Jahr 2014 aufgrund der Eingliederung der Krim in die Russische Föderation ausgeschlossen wurde.

Der bundesdeutsche Außenminister Sigmar Gabriel, nutzte derweil das Treffen G7-Außenminister, um im bisherigen Fakten-Vakuum erneut den syrischen Präsidenten Assad für den Giftgastod dutzender Menschen in der syrischen Region Idlib verantwortlich zu machen:
Der ist bereit, jede Art von Gewalt anzuwenden, um sein Ziel zu erreichen, an der Macht zu bleiben.
Der erneute Giftgas-Vorfall im Kriegsland Syrien schweißt die westlichen Industrienationen wieder gegen den syrischen Präsidenten und „Putin“ zusammen, nachdem die gemeinsame Front vor kurzem zu bröckeln drohte. Noch vor wenigen Tagen lautete die aktualisierte US-amerikanische Syrien-Doktrin, dass Assad nicht mehr zwangsläufig von der Macht entfernt werden müsse, um einen Friedensprozess in die Wege zu leiten.

Doch auch angesichts der neuesten Entwicklungen scheint die selbsternannte Ordnungsmacht, von einer klaren Syrien-Strategie noch weit entfernt. Darauf deutet auch mangelnde Abstimmung innerhalb der US-Regierung hin. So erklärte Außenminister Tillerson den Kampf gegen den IS nach wie vor zur Priorität, während Nikki Halley, US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen wieder zum alten Syrien-Schlachtruf zurückkehrte.

Demnach habe der syrische Präsident Bashar al-Assad aufgrund seiner angeblichen "Grausamkeit gegen das eigene Volk" jedes Recht verwirkt, weiterhin an der Spitze des Staates zu stehen. Ein Regime-Wechsel müsse her. Den Boden für diese 180-Grad-Wende der US-Doktrin bereitete ihre Emotionen weckende, aber vollkommen beweisfreie Präsentation vor dem UN-Sicherheitsrat, bei dem sie das "syrische Regime" eines Giftgas-Angriffs mit Kampfflugzeugen bezichtigte. Collin Powell hielt es im Jahr 2013 zumindest noch für notwendig, Fake-Beweise zu präsentieren, um den Angriffskrieg gegen den Irak zu legitimieren.


Kommentar: Gemeint ist sicherlich das Jahr 2003, in dem die USA den 3. Golfkrieg begannen. 2013 fand der erste Giftgas-Angriff statt, der Assad in die Schuhe geschoben wurde.



Die neue westliche Einigkeit rief auch den britischen Außenminister Boris Johnson auf den Plan. Demnach habe Russland nur eine Wahl: Entweder weiterhin das „giftige“ syrische Regime weiterhin zu unterstützen, oder:
Mit dem Rest der Welt zusammenzuarbeiten, um eine Lösung für Syrien, eine politische Lösung, zu finden.
Dass sich die führenden westlichen Wirtschaftsnationen als Repräsentanten der Welt verstehen, zeugt dabei von einer Hybris, die wie im Fall des Giftgas-Angriffs in Syrien Beweise oder zumindest belastbare Indizien überflüssig zu machen scheint. Auch neue Russland-Sanktionen brachte Johnson ins Spiel, doch für diese gab es am Dienstag keine Mehrheit:
Derzeit gibt es keinen Konsens für neue Sanktionen als effektives Mittel, um unsere Ziele zu erreichen", so Italiens Außenminister Angelino Alfano.
Wirtschaftliche Vernunft scheint sich in diesem Fall gegen die irrationalen Vorwürfe und vermeintlich humanistisch motivierten Appelle an die Adresse Moskaus durchzusetzen. Anders als bei der Vorverurteilung Assads in Bezug auf den veremintlichen Giftgas-Einsatz und dem folgenden US-Luftangriff, scheinen neue gezielt Sanktionen konkreter Beweise zu bedürfen.

Demnach werde es keine Sanktionen gegen Russland und Syrien geben, solange es keine "harten und unumstößliche Beweise" für die syrische Verantwortung des Giftgas-Einsatzes gebe, bei dem 89 Menschen ihr Leben verloren.


Kommentar: Dass der Gedanke an erneute Sanktionen gegen Russland und Syrien überhaupt ins Spiel gebracht wird, obwohl es keinerlei Beweise für eine Schuld Assads oder eine Beihilfe Russlands bezüglich des Giftgas-Anschlags gibt, zeugt von einer unglaublichen Ignoranz der westlichen Verantwortlichen.


Nach dem fatalen und erneuten Giftgas-Vorfall in der Region Idlib, passt dennoch kein Blatt mehr zwischen die Regierungen der westlichen Nationen in ihrem wertebasierten Streben danach, Syrien zu befreien. Hätte es den zynischen und menschenverachtenden Giftgas-Vorfall nicht gegeben, man hätte ihn inszenieren müssen.


Da darf auch Außenminister Sigmar Gabriel nicht fehlen, um sich nach dem Wind zu drehen:
Dass die Vereinigten Staaten jetzt mit einem Angriff gegen die militärischen Strukturen des Assad-Regimes reagiert haben, von denen dieses grausame Kriegsverbrechen ausging, ist nachvollziehbar.
Diplomaten als Experten für chemische Kampfstoffe. Wozu braucht es da noch eine Untersuchung durch Experten, wie sie Russland nach dem Vorfall bei dem unter anderem vier Kinder starben, umgehend forderte? Als Vertreter einer sogenannten politischen Lösung legte Gabriel nach. Auf dem G-7-Treffen erklärte er, dass nun alles getan werden müsse um:
Die Russen aus der Ecke der Unterstützung Assads herauszubekommen.
Eindeutig Stellung im Fall der bisher nicht untersuchten und daher nicht bewiesenen Giftgas-Vorwürfe an die Adresse Damaskus bezog Gabriel, indem er sagte:
Man kann nicht an der Seite eines Regimes stehen, dass ja nicht zum ersten Mal Giftgas gegen seine eigene Bevölkerung eingesetzt hat.



Russland unterstützt Assad jedoch aus voller Überzeugung, da die Operationen des Westens und der Vereinigten Staaten als Ordnungsmacht, bewiesen haben, welches Chaos sie im Namen der Freiheit und des Friedens hinterlassen. Der Irak, Afghanistan und Libyen sind da nur die jüngsten und prominentesten Beispiele der westlichen Devise: „Operation gelungen, Patient tot“.

An den am Dienstag begonnen G7-Gesprächen zu einer gemeinsamen Haltung gegenüber dem syrischen Präsidenten, nahmen auch die außenpolitischen Vertreter Saudi-Arabiens, der Türkei, der Vereinigten Arabischen Emirate, Jordaniens und Katars teil. Auch ihnen ist Bashar al-Assad ein Dorn im Auge. Der Schulterschluss mit den Führungsnationen der westlichen Wertegemeinschaft kann nur darauf hindeuten, dass diese die fortgesetzte Unterstützung religiös verbrämter Terrorgruppen in Syrien mittragen.

Tillerson wird nach dem G7-Treffen weiter nach Moskau reisen und dort am Mittwoch mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow zusammentreffen. Der erhobene moralische Zeigefinger des US-Topdiplomaten dürfte dort auf wenig Verständnis stoßen.