Eines der Dinge, bei denen Karl Marx falsch lag, war sein Glaube, dass das Kapital in die Hände von immer weniger Menschen fließen und der Abstand zwischen Reichen und Armen mit der Entwicklung des Kapitalismus extremer werden würde.
Karl Marx
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Wie bei vielen Dingen, die Marx gesagt hat, liegt auch hierin ein Körnchen Wahrheit. Es ist nämlich so, dass die Verteilung des Reichtums und eigentlich von allem, was produziert wird, tatsächlich einem bestimmten Muster folgt, der Pareto-Verteilung. Die Pareto-Verteilung sagt im Grunde, dass ein kleiner Teil der Menschen am Ende den Großteil der Waren besitzt. Und das betrifft nicht nur Geld.

Alles, was Menschen kreativ produzieren, landet in dieser Verteilung. Ökonomen nennen diesen Effekt das "Matthäus-Prinzip" und entnehmen das aus einer Stelle im Neuen Testament. Das Bibelzitat lautet: "Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden." (Matth. 25:29)

Das ist sozusagen eine Darstellung der Art und Weise, in der sich die Welt überall dort manifestiert, wo menschliche schöpferische Produktion involviert ist. Sie scheint darauf hinzudeuten, dass die Wahrscheinlichkeit, weiterhin erfolgreich zu sein oder Ihren Erfolg noch zu beschleunigen, ansteigt, wenn Sie bereits erfolgreich sind und anfangen zu produzieren. Und wenn Sie versagen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Sie scheitern.

Marx hatte recht darin, dass er dies als ein Merkmal des kapitalistischen Systems postulierte. Der Grund, warum er sich dennoch geirrt hat, ist, dass es kein Merkmal ist, das für ein kapitalistisches System spezifisch ist. Es ist ein Merkmal, das allgemein für alle bekannten Systeme kreativer Produktion gilt. Wir haben es hier mit so etwas wie einem Naturgesetz zu tun. Es ist so sehr ein Naturgesetz, dass die Verteilung des Reichtums durch physikalische Modelle dargestellt werden kann, die dieselben Gleichungen verwenden, welche die Verteilung von Gasmolekülen im Vakuum bestimmen. Es ist also eine grundlegende Beobachtung über die Art und Weise, wie die Welt sich darstellt.

Es gibt viel Bewegung in den oberen ein Prozent

Und das ist problematisch. Denn wenn es so ist, dass Ressourcen auf unfaire Weise einer kleinen Minderheit zufallen und es hierfür einen natürlichen, gesetzähnlichen Grund gibt, dann muss das aus einer sozialen Perspektive heraus angegangen werden. Denn wenn die Ungleichheit zu extrem wird, dann wird sich das ganze System destabilisieren. Sie können also eine intelligente Diskussion darüber führen, wie die Auswirkungen des Transfers kreativer Produktion in die Hände einer kleinen Anzahl von Menschen gemildert werden können.

Ein anderer Grund dafür, dass Marx falsch lag - und es gibt eine ganze Reihe solcher Gründe - ist, dass zwar die Produkte unserer Kreativität in den Händen einer kleinen Anzahl von Menschen landen, es über die Zeit gesehen aber nicht dieselben Leute sind. Es ist nur der gleiche Anteil der Menschen. Stellen Sie sich vor, es läuft Wasser in den Abfluss und Sie sagen: Sehen Sie sich den Wirbel an, der ist dauerhaft. Sie denken: Klar, der Wirbel ist konstant. Aber die Wassermoleküle sind es nicht. Sie bewegen sich hindurch. In gewisser Weise gilt das Gleiche für die Pareto-Verteilung. Es gibt diese ein Prozent Personen, und es gibt immer das eine Prozent, aber es sind nicht immer dieselben Menschen.

Die Stabilität eines solchen Systems unterscheidet sich von Kultur zu Kultur, aber es gibt viel Bewegung in den oberen ein Prozent, eine enorme Menge an Bewegung. Und einer der Gründe für diese Bewegung ist, dass Dinge zunächst groß werden, dann zu groß werden und dann zusammenbrechen. So war es auch im Jahr 2008, als Politiker sagten: "Zu groß, um scheitern zu können". Da haben sie, soweit ich das beurteilen kann, etwas wirklich Rückständiges von sich gegeben. Die Aussage hätte umgekehrt formuliert werden müssen. Es hätte heißen sollen: "So groß, dass es scheitern musste".


Kommentar: Der Text stammt aus dem folgenden englischsprachigen Video: