Schnellere Signale, Verdichtung der Nervenfasern: Meditation verändert bereits nach vier Wochen das Gehirn, zeigt eine Studie. Forscher sehen die Chance für neue Therapien von psychischen Erkrankungen.
lotussitz, meditation
© DPA
Washington/Lubbock - Eine Aufmerksamkeitsmeditation verändert in vier Wochen die Nervenfasern einer bestimmte Gehirnregion stärker als eine reine Entspannungsübung. Das zumindest berichten Forscher um Yi-Yuan Tang von der Texas Tech University in Lubbock. In einem vorderen Teil der Hirnrinde habe sich nach dem Meditationstraining die Isolierung der Nervenzellfortsätze (Axone) deutlich verbessert, was zu einer schnelleren Durchleitung von Signalen führe. Der sogenannte anteriore cinguläre Cortex wird allgemein mit der Kontrolle von Wahrnehmung und Emotionen in Verbindung gebracht sowie mit der Fähigkeit, Konflikte zu lösen.

Die Aufmerksamkeitsmeditation beinhaltet neben der Körperentspannung auch Aufmerksamkeitstraining und Tagträume. Für die Untersuchung wurden 45 Studenten der University of Oregon und 68 Studenten der chinesischen Dalian University of Technology in zwei Gruppen aufgeteilt. Alle Teilnehmer hatten zuvor keine Erfahrung mit meditativen Übungen. Eine Gruppe praktizierte Aufmerksamkeitsmeditation, die andere Entspannungsübungen. Im ersten Teil der Studie erstreckte sich das Training über vier Wochen mit insgesamt elf Stunden, im zweiten Teil über zwei Wochen mit fünf Stunden.

Geistesübungen lindern Schmerzen

Mit Hilfe der Diffusions-Tensor-Bildgebung, die verschiedene Faktoren der Durchlässigkeit von Nervenzellgewebe misst, untersuchten Yi-Yuan Tang und sein Team die Veränderungen in den Gehirnen der Teilnehmer. Bei der Gruppe mit der Aufmerksamkeitsmeditation habe sich nach vier Wochen in bestimmten Hirnregionen eine geringere Durchlässigkeit der Zellwände gezeigt, was für eine bessere Isolierung spreche. Zudem vermuten die Forscher eine Verdichtung der Nervenfasern.

Die Wissenschaftler sehen in ihren Ergebnissen einen weiteren Schritt dazu, die Veränderungen von Gehirnstrukturen beim Lernen besser zu verstehen. Zudem zeige die Studie, die jetzt im Fachblatt Proceedings of the National Academy of Sciences erschienen ist, mögliche Ansätze für Therapien von psychischen Erkrankungen wie Angststörungen, Depressionen, Schizophrenie, Borderline-Syndrom und Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Bei diesen Erkrankungen sei die Selbstregulierung der Wahrnehmungs- und Emotionskontrolle beeinträchtigt, schreiben die Wissenschaftler.

Erst kürzlich hatten Forscher andere erstaunliche Wirkungen von Meditation entdeckt: Im Experiment hatte sich herausgestellt, dass Geistesübungen Schmerzen ebenso gut lindern können wie starke Medikamente.

boj/dpa