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Mit der Online-Registrierung hatten die Regierung und die Menschen Probleme
Zahlreiche US-Firmen kürzen die Stunden von Teilzeitkräften. Damit sind sie von den Verpflichtungen der Gesundheitsreform entbunden. Betroffen ist vor allem der Niedriglohnsektor.

Gut fünfzehn Prozent der US-Amerikaner, also weit über vierzig Millionen Einwohner, sind weder privat krankenversichert, noch können sie staatliche Hilfe in Anspruch nehmen. Dafür gibt es im Wesentlichen drei Gründe:

Die Betroffenen sind zu arm, um sich eine private Krankenversicherung leisten zu können, haben aber für eine staatliche Grundversorgung wiederum ein zu hohes Jahreseinkommen.

Sie werden aufgrund von Vorerkrankungen von privaten Krankenversicherungen abgelehnt.

Sie wollen sich die Versicherung einfach ersparen.

Mit einer ambitionierten Gesundheitsreform wollte US-Präsident Barack Obama die Situation für unfreiwillig Unversicherte und jene Personen, die von privaten Versicherungsgesellschaften bisher abgelehnt wurden verbessern. Gegen den erbitterten Widerstand der Republikaner (allen voran Mitglieder der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung wurde der Patient Protection and Affordable Care Act (ACA - vulgo Obamacare) letztlich dennoch durchgesetzt und soll ab 2014 stufenweise in Kraft treten. Kernstück der Reform ist die Einführung einer - teils staatlich subventionierten - Pflichtversicherung. Die privaten Versicherungen wiederum verzichten auf die Ablehnung von Antragstellern.

Das alles klingt erstmals ganz gut. Doch wie heißt es so schön? Der Teufel steckt im Detail. Viele Ökonomen - und darunter durchaus nicht nur konservative - bezweifeln generell die Effizienz des bisher ausgehandelten Reformpakets (Obamas ungesunder Handel). Auch die Finanzierbarkeit ist nicht wirklich geklärt und damit der nächste Haushaltsstreit bereits vorprogrammiert. In den deutschsprachigen Medien fanden während der vergangen Wochen vor allem die technischen Schwierigkeiten mit der Registrierungs-Website Beachtung.

Einkommensschwache fürchten empfindliche Einbußen

Gravierender erscheinen jedoch diverse "Systemfehler", die derzeit bereits jene einkommensschwachen Personengruppen zu spüren bekommen, denen Obama eigentlich helfen wollte. So berichten Medien seit geraumer Zeit immer wieder von Stundenkürzungen bei Teilzeitangestellten, insbesondere in Niedriglohnsektoren wie Handel und Gastronomie.

Obamacare sieht zwar vor, dass Arbeitgeber mit mehr als fünfzig Angestellten in Zukunft Versicherungen verpflichtend abschließen müssen, allerdings nur für Mitarbeiter, die mehr als dreißig Stunden arbeiten. Aufgrund der zu erwartenden höheren Kosten für Gesundheitsversicherungen erwägen nun etliche Unternehmen, Teilzeitkräfte auf unter dreißig Stunden zu setzen. Bloomberg Businessweek spricht unter Berufung auf eine Studie der University of California von rund 16 Prozent der Gastronomiebediensteten, die mit Stundenkürzungen rechnen müssten.

Die Angst vor Lohneinbußen aufgrund von Arbeitszeitverkürzungen bei gleichzeitig zu erwartenden höheren Versicherungsprämien würde massiv um sich greifen, so der Guardian. Einige Handelsunternehmen würden bei Teilzeitangestellten die bisherigen freiwilligen Leistungen im Gesundheitsbereich überhaupt streichen und die betroffenen Arbeitnehmer "der öffentlichen Gesundheitsvorsorge überantworten".

Die Frustration über negative Auswirkungen von Obamacare auf Arbeitnehmer ist auch bei den größeren Gewerkschaften angekommen. AFL-CIO, eine Dachorganisation von weit über fünfzig Einzelgewerkschaften, arbeitete inzwischen eine Resolution aus, die explizit Verbesserungen für Teilzeit-Arbeiter einfordert:
The resolution calls for preservation of high-quality coverage under multi-employer plans. It also calls for greater employer responsibility, especially in regards to part-time workers. ... AFL-CIO President Richard Trumka called the issues raised by the resolution ones of "fundamental fairness," including if low- and moderate-income union members and their collectively bargained health care plans will be able to benefit from the same premium support that big insurance companies will receive and if they will have to pay fees to subsidize big insurance companies. There also are concerns that smaller employers will be able to get away with taking health care away from workers while paying no penalty.
Im Forum der Gewerkschaftswebsite bezeugen zahlreiche Einträge die problematische Situation, der sich viele Arbeitnehmer ausgesetzt sehen. Die Unausgewogenheiten und erwarteten Mehrkosten von Obamacare werden vielfach auf die Arbeitnehmer abgewälzt. Auch wenn bei einer derart tiefgreifenden Gesundheitsreform wie dem Patient Protection and Affordable Care Act Schwierigkeiten zu erwarten waren, scheinen sie zumindest im Moment doch "die Falschen" zu treffen.