keine chemtrails
© ReutersEs handelt sich hier nicht um Chemtrails.

Flüge von Europa nach Nordamerika könnten in Zukunft länger dauern. Schuld ist der Klimawandel: Laut einer Studie ändert er die Höhenwindsysteme.



Der Nordatlantik ist ein ziemlich einsamer Teil der Welt. Könnte man meinen. Und auf dem Wasser mag das vielleicht stimmen - doch in der Luft sieht die Sache ganz anders aus: Weit mehr als 1000 Flugzeuge zwischen Europa und Nordamerika sind dort zum Teil pro Tag unterwegs. Es ist einer der am meisten genutzten Luftfahrtkorridore der Erde. Gerade wird ein neues Verkehrsschema getestet, um noch mehr Jets im selben Luftraum unterzubekommen.

Atmosphärenforscher Paul Williams von der Universität im britischen Reading berichtet nun im Fachmagazin Environmental Research Letters, der Klimawandel könne dafür sorgen, dass zumindest ein Teil dieser Flüge in Zukunft länger dauert. Er macht dafür langfristige Veränderungen beim Jetstream, also starken Höhenwindsystemen in der Atmosphäre, verantwortlich.


Um Sprit zu sparen, werden die Flugrouten bereits jetzt an den Verlauf des von West nach Ost wehenden Jetstreams angepasst. Das bedeutet auch, dass die Maschinen Routen nehmen, die auf dem Papier länger scheinen als nötig. Weil aber die Winde mit bis zu 500 Kilometern pro Stunde unterwegs sein können, sind solche Strecken womöglich trotzdem treibstoffsparend: Entweder weil man auf dem Weg nach Europa besonders viel Rückenwind hat - oder weil man bei der Reise nach Amerika möglichst wenig Gegenwind abbekommt.

Diese Animation zeigt der Verkehr auf der Nordatlantik-Route:




Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Winde im Zuge des Klimawandels im Winter an Geschwindigkeit zulegen. Das liegt daran, dass zumindest in der oberen Atmosphäre die Temperaturunterschiede zwischen den Polargebieten und den Tropen steigen dürften. Und genau diese Unterschiede treiben den Jetstream an. Eine größere Temperaturdifferenz müsste also auch mehr Antrieb zur Folge haben - auch wenn experimentelle Belege dafür bisher fehlen.

Forscher Williams hat trotzdem simuliert, was ein stärkerer Jetstream für die transatlantischen Flugzeiten - und damit auch den Treibstoffverbrauch - bedeuten würde. Er kommt zu dem Schluss, dass Reisen aus den USA nach Europa schneller vonstatten gehen würden, der umgekehrte Weg aber länger dauern dürfte.

Der entscheidende Punkt dabei: Die Zeiteinsparung auf dem Weg von Nordamerika nach Europa dürfte kleiner ausfallen als die zusätzliche Flugzeit auf dem Rückweg. Das jedenfalls ergeben Williams Rechnungen. Für jeden einzelnen Flug beträgt die Differenz statistisch gesehen nur eine Minute und 18 Sekunden. Aber bei allen Transatlantikflüge eines Jahres zusammengenommen ergäben sich 2000 zusätzliche Flugstunden - und etwa 70.000 Tonnen zusätzlich ausgestoßenes Kohlendioxid.


Frühere Studien von Williams zusammen mit seinem Kollegen Manoj Joshi von der University of East Anglia hatten bereits gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit von Turbulenzen auf Transatlantikflügen durch den Klimawandel zunehmen könnte.

Für die betreffende Forschungsarbeit hatten die Wissenschaftler angenommen, dass die CO2-Konzentration beim Doppelten des aktuellen Wertes liegt. Auch für seinen aktuellen Artikel geht Williams wieder von dieser Annahme aus. Das bedeutet freilich auch, dass die Welt in solch einem Szenario vermutlich ganz andere Probleme hat, als verlängerte Flugzeiten beim Weg über den Atlantik.