Kanadische Familien verklagen eine US-Firma wegen falscher Angaben über den Samenspender auf Schadenersatz.
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Nicht nur über eine Vorstrafe wurden ahnungslose SpermakäuferInnen getäuscht: In der Vorgeschichte des Spenders Nummer 9623 aus der Samenbank der US-amerikanischen Firma Xytex findet sich eine erhebliche psychische Krankheit. Die Familien, die sein Sperma bezogen, wussten davon nichts. Ihnen wurde Christian Aggeles aus dem US-Bundesstaat Georgia als hochgebildeter, unbescholtener und gesunder Mann verkauft.

Weil sie über die gesundheitlichen und sozialen Umstände des Spenders falsch informiert worden waren, haben drei Familien aus Ontario Klage gegen eine US-Samenbank und ihre kanadische Vertretung eingereicht, berichtete die kanadische Zeitung The Globe and Mail am 15. April.

Die Familien hatten Sperma desselben Spenders verwendet und fordern mehrere Millionen Dollar Schadenersatz. Betroffen sind weitere Familien. Laut Klageschrift gibt es insgesamt 36 Kinder, die mit Aggeles Sperma gezeugt wurden. Xytex habe sein Sperma auch dann noch verkauft, nachdem der wahre Gesundheitszustand des Spenders, sein Bildungsniveau und seine Vorstrafen bekannt waren. Wegen Diebstahls sass er acht Monate im Gefängnis.

Falsche Diplome und Vorstrafen

Die Klage wurde in der ersten Hälfte April in Newmarket, Ontario eingereicht. Darin heisst es, dass bei Spender 9623 Schizophrenie sowie eine narzisstische Persönlichkeitsstörung diagnostiziert worden waren. Die angegebenen Diplome und Abschlüsse seien erfunden. Seinen Bachelor-Abschluss habe der heute 39-Jährige erst im vergangenen Jahr geschafft, zwanzig Jahre nach seiner Anmeldung an der Uni.

In wieweit Schizophrenie vererbbar ist, bleibt umstritten. Sicher ist, dass Verwandte eines Erkrankten ein erhöhtes Risiko tragen, ebenfalls eine schizophrene Psychose zu entwickeln.

Die Spenderangaben wurden nicht überprüft

Sperma-Spender Chris Aggeles
Sperma-Spender Chris Aggeles, 39
Der Spender Christian Aggeles habe nach eigenen Angaben seine gesundheitlichen Probleme verheimlicht und betreffend seiner Ausbildung gelogen, stellt eine der Familien fest. In einem Fragenbogen von Xytex gab er beispielsweise an, an einem Doktortitel (PhD) in Neurowisssenschaften zu arbeiten. Von Xytex dazu befragt wurde er nie.

Die klagenden Familien werfen Xytex vor, sie habe die Vorgeschichte des Spenders nicht sorgfältig geprüft. Die Kunden seien getäuscht worden mit falschen Bildungsabschlüssen, einer falschen Krankengeschichte sowie der Angabe, der Spender habe den IQ eines Genies.

Eine Klage in den USA wurde abgewiesen

Angela Collins und Margaret Elizabeth Hanson, ein Paar aus Port Hope, hatten im vergangenen Jahr bereits das Mutterunternehmen Xytex, die Angestellten der Samenbank und den Spender verklagt, die Klage vor einem Gericht im US-Bundesstaat Georgia, dem Wohnort Aggeles, wurde jedoch abgewiesen.

Das Paar hatte wegen Täuschung, Verletzung der Sorgfaltspflicht und Produkthaftung geklagt. Doch das Gericht ging nicht darauf ein, weil man wegen einer «wrongful birth» nicht klagen könne. Ein geborenes Leben sei im US-Bundesstaat Georgia nicht als Schaden einklagbar.

Wegen einer «Wrongful Birth» (dt. «Kind als Schaden») können sich Eltern in Georgia gerichtlich auch nicht wehren, wenn sie vom behandelnden Arzt nicht ausreichend über eine Behinderung des Kindes informiert wurden und deshalb das Kind nicht abtrieben und ein behindertes Kind zur Welt brachten.

«Xytex hält sich an alle Standards»

«Xytex ist ein Marktführer und hält sich an alle branchenüblichen Standards», erklärte Xytex-Anwalt Ted Lavender. Das Unternehmen biete Familien, die ohne diese Hilfe dazu nicht in der Lage wären, in sicherer und zuverlässiger Weise an, das Geschenk der Geburt zu erfahren.

Die kanadische Vertretung von Xytex, Outreach Health Services Inc., war laut The Globe and Mail für einen Kommentar nicht zu erreichen. Wann der Fall behandelt wird, ist noch nicht bekannt.

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Diesen Beitrag hat Daniela Gschweng aufgrund eines Artikels der kanadischen Zeitung «The Globe and Mail» und anderer Quellen erstellt. Schweizer Medien haben bisher nicht darüber berichtet.