Die Dresdner Firma Mikromat hat schon zu DDR-Zeiten Werkzeugmaschinen nach Russland geliefert. Seit Beginn der Sanktionen ist ihr Russlandgeschäft auf ein Drittel gesunken. Vertriebsleiter Hans-Günter Piegert war gerade mit Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich in Russland.

Er sieht einen nachhaltigen Schaden für die deutsch-russischen Beziehungen.
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© Flickr/Zeitfixierer
Eine Studie kam jüngst zu dem Ergebnis, dass durch die von der EU verhängten Russland-Sanktionen allein in Deutschland ein Schaden in Milliardenhöhe entstanden ist. Ist Ihre Firma auch betroffen?

In den den vergangenen Jahren hatten wir einen Exportanteil nach Russland von 50 Prozent. Der Anteil ist natürlich deutlich geringer geworden. Er hat sich reduziert auf eine Maschine von ursprünglich drei oder vier.

Was sind das für Maschinen, die Sie exportieren?

Wir exportieren Präzisionswerkzeugmaschinen für die Bearbeitung von relativ großen prismatischen Werkstücken und auch Gewindeschleifmaschinen. Beides sind Nischenprodukte für sehr anspruchsvolle Kunden und eben auch teuer. Die werden nun in Russland ersetzt durch billigere und von der Bearbeitungsqualität nicht so gute Maschinen — Produkte aus allen möglichen Ländern bis hin zu China.

Was ist denn nun an diesen Maschinen so gefährlich, dass sie von den Sanktionen betroffen sind?

Die Maschinen sind mehrachsig, können mehrdimensional bearbeiten und sind von einer hohen Bearbeitungsgenauigkeit. Sie haben eine hohe Präzision von der Herstellung der Werkstücke und die werden in allen möglichen Branchen gebraucht. Von normalem Werkzeugbau für die Automobilindustrie aber auch für Flugzeugbau, Energietechnik und in verschiedenen anderen maschinenbaulichen Branchen, wo man auch für die Wehrtechnik etwas macht.

Also bei solchen spezialisierten Aufträgen, wie bei diesen Maschinen, wenn so eine Sanktion kommt und das auf einmal alles wegfällt,

Mussten Sie nach der Verhängung der Sanktionen Arbeiter auf Kurzarbeit setzen oder sogar kündigen?

Nein, wir haben versucht, das auf andere Weise zu machen, ein bisschen umzuschichten und die Leute eher in der Teilefertigung einzusetzen als in der Montage. Also eher interne Lösungen.

Wobei man nicht sagen kann, dass die Sanktionen nur das einzige Problem sind. Es gibt da insgesamt drei Probleme. Das eine ist natürlich das Thema Sanktionen, wo wir entsetzt sind, dass zum Beispiel amerikanische Firmen — bei anderen Kollegen, nicht bei uns — in laufende Geschäfte eingestiegen sind und auch geliefert haben. Das zweite ist, dass der Ölpreis deutlich gesunken ist und damit auch der Kurs des Rubels und Importe für die russische Seite doppelt so viel kosten wie noch vor ein paar Jahren, einfach durch den Kursverfall. Die dritte Geschichte ist die große Verunsicherung, die einfach mit der Frage beginnt: „Darfst du überhaupt liefern oder soll ich lieber gleich, um nicht die Zeit zu vergeuden, zu einem Chinesen oder zu einem anderen gehen?“

Was Sie meinten, dass die Amerikaner da eingestiegen sind, in Bereichen die von Sanktionen betroffen waren — durften die quasi diese Leerstellen übernehmen?

Ja, die haben dann den Deal mit Russland weiter geführt. Eine große Schweinerei.

Und was diese spezielle Maschine betrifft — haben Sie die Produktion dann eingestellt oder haben Sie sich einfach andere Kunden gesucht?

Es gibt andere Abnehmer sicherlich, aber das sind schon relativ spezielle Dinge, die wir da machen. Wir haben nichts auf Lager, wir haben quasi nur auf einen Auftrag hin gebaut und das werden wir auch so beibehalten. Aber das ist dann eben auch eine gewisse Schwierigkeit. Denn der Fall ist bei uns zum Glück nicht eingetreten, dass wir eine Maschine angefangen hatten und dann keine Lizenz bekommen haben. Aber andere Kollegen in der Branche haben das gehabt. Die sind dann einfach auf Produkten sitzengeblieben, die ja dann auch ein immer angepasst sind auf die Bedürfnisse des Kunden und nicht so wie ein Standartprodukt anderer Art einfach an einen anderen Kunden verkauft werden können.

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Und wie haben Ihre russischen Partner reagiert? Haben sie sich inzwischen von Ihnen abgewandt?

Nein, so kann man das nicht sagen. Wir sind immer noch im Kontakt. Wir waren in der vergangenen Woche in Russland, in Tatarstan, unterwegs, um uns zu zeigen und zu erklären, dass wir sowohl willens, als auch in der Lage sind, zu liefern. Es ist auch nicht so, dass jedwede Lieferung nach Russland unmöglich wurde durch die Sanktionen, sondern es ist einfach für jedes Objekt einzeln eine Genehmigung zu beantragen. Es gab schon eine Reihe von Genehmigungen, es ist nicht so, dass 100 Prozent wegfällt, sondern dass die Bürokratie ein bisschen schwieriger wurde und diese Dreifaltigkeit von Kursverfall, Verunsicherung und den Sanktionen zu vielerlei Schwierigkeiten geführt hat.

Hat das Verhältnis zu Ihren russischen Partnern gelitten, oder ist das unter den Wirtschaftsleuten nicht so?

Nein, da ist man im Kontakt. Es ist ja auch so, dass in der Wirkung auf der russischen Seite folgendes passiert. Für die russische Seite ist der Import für solche Produkte von den Vorschriften ein bisschen erschwert, es ist dort auch eine Bürokratie eingezogen, die ich noch aus DDR-Zeiten kenne, die also zu allem staatliche Genehmigungen erfordert. Außerdem gibt es eine große Aktivität, generell Importe zu vermeiden und das in allen Branchen. Das geht los bei Lebensmitteln und endet im Maschinenbau, wo immer wieder gesagt wird: Weise mir erst nach, dass es in Russland keine andere Maschine gibt, die diese Dinge machen kann. Erst dann wird der Import genehmigt. Wenn es Äquivalente gibt aus dem eigenen Aufkommen oder möglicherweise auch aus anderen Ländern, die keine Sanktionen verhängt haben, dann wird da umgelenkt.

Aber dadurch werden ja ganze Handelswege umgelegt oder trocken gelegt, das ist ja schon ein langfristiger Schaden für die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen, oder?

So ist es. Aber so eine Maschine, die ist ja langlebig. Und ein Kunde, der so eine Maschine kauft, der arbeitet dann erstmal 20 oder 30 Jahre damit.

Sanktionen dienen ja eigentlich dazu, einem Land zu schaden, aber schneiden sich die EU und Deutschland damit nicht ins eigene Fleisch?

Ja sicher. Wir haben zu zwei Dingen beigetragen. Erstens dazu, dass die russische Seite aufgewacht ist und gesagt hat „Wir müssen wieder dafür sorgen, dass unsere eigene Wirtschaft auf die Beine kommt“. Und nun bestimmte Dinge angeht, angefangen wiederum in der Lebensmittelindustrie. Es sind neue Hühnerfarmen und Schweinezuchtanlagen entstanden und auch in den Pflanzenbaubetrieben ist da mehr Druck entstanden, etwas zu tun.

Und die ganze staatliche Aufsicht über die Devisengeschäfte, die ist auch sehr verstärkt worden. Das ist eine Dauerhafte Schädigung unserer Möglichkeiten zu exportieren.

Meinen Sie, dass der Druck aus der Wirtschaft so groß werden könnte, dass die Sanktionen aufgehoben werden können?

Also ich denke schon. Die Politik hat wohl selber inzwischen gemerkt, dass diese Sanktion nicht zu den politischen Zielen geführt haben, die man eigentlich erreichen wollte. Es ist eine Diskreditierung und eine Deformierung eingetreten, die weder uns noch der russischen Seite nutzt. Und Schaden tut es beiden Seiten.