In der sibirischen Wildnis wird es aktuell bis zu minus 34 Grad kalt, Wolfsrudel streichen auf der Suche nach Nahrung durch das Schneetreiben. Ein vier Jahre altes Mädchen ließ sich davon nicht aufhalten - sie musste Hilfe für ihre Großmutter holen.
Saglana Salchak
© Yury Darbaa/Siberian TimesSaglana Salchak
Sie hatte nichts dabei, außer einem Päckchen Streichhölzer. Trotzdem schaffte es ein vier Jahre altes Mädchen, sich im Morgengrauen acht Kilometer durch die Wildnis der russischen Republik Tuwa im südlichen Teil von Sibirien zu kämpfen, in der es momentan bis zu Minus 34 Grad kalt wird und in der sich zahllose Wölfe herumtreiben. Semyon Rubtsov, Leiter der lokalen Rettungsmannschaft, sagte laut einem Bericht des Guardian: „Die Wölfe reißen regelmäßig das Vieh in der Gegend. Das Kind hätte leicht auf ein Rudel treffen können.“

Was wollte das Mädchen aber überhaupt alleine in der Kälte? Saglana Salchak hatte mit ihren Großeltern auf einem abgelegenem Bauernhof tief im Taiga-Wald in der Nähe der mongolischen Grenze gelebt, mehr als zwölf Meilen vom nächsten Dorf und fünf Meilen von ihrem nächsten Nachbarn entfernt. Vergangenen Monat wachte sie eines Morgens auf und bemerkte, dass sich ihre 60 Jahre alte Großmutter nicht mehr bewegte. Das Kind beriet sich mit ihrem blinden Großvater, dann zog sie los, um Hilfe zu suchen. Sicherheitshalber nahm sie ein Päckchen Streichhölzer mit, so dass sie im Notfall ein Feuer hätte machen können. Mehrere Stunden brauchte sie, um sich die rund acht Kilometer durch die Wildnis zu kämpfen.

Fast hätte sie dann das Haus der „Nachbarn“ verpasst, einer der Bewohner entdeckte sie aber und verständigte Rettungskräfte. Sie schauten zuerst nach dem Mädchen, fuhren dann zu den Großeltern. Dort konnten sie nicht mehr helfen: Die 60-Jährige war an einem Herzinfarkt gestorben. Ihre Enkeltochter kam in ein Krankenhaus, abgesehen von einer Erkältung überstand sie die Tortour unbeschadet. „Ich bin einfach immer weiter gelaufen“, sagte sie. Allerdings sei ihr schon kalt gewesen und sie habe „wirklich etwas essen wollen“. Jetzt lebt sie erst mal in einer Sozialstation, dort feierte sie auch ihren fünften Geburtstag. Lokale Medien zollten ihr Respekt: „Man kann die Leute hier nicht leicht beeindrucken mit Geschichten über die Kälte, aber dieses Mädchen hat selbst die erfahrensten Leute hier beeindruckt.“

Ärger droht dagegen der Mutter des Kindes. Weil sie ihre Tochter vernachlässigt haben soll, ermitteln jetzt die Behörden gegen sie. „Sie hätte wissen müssen, dass sich ihre gebrechlichen Großeltern nicht um das Kind kümmern können“, hieß es in einer Pressemitteilung. Im Falle einer Verurteilung droht ihr eine Haftstrafe von bis zu einem Jahr. Es gab aber auch Kritik an den Behörden: Es könne nicht sein, dass es im 21. Jahrhundert noch Häuser gebe, die keine Telefon- oder Internetverbindung hätten, und somit komplett von der Außenwelt abgeschnitten seien.

Quelle: sede.