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© Sputnik/ Evgeny Biyatov
Russland gehört zu den drei weltweit lesefreudigsten Ländern: 59 Prozent der russischen Bürger gaben bei einer Online-Umfrage des Marktforschungsinstituts GfK an, sich mindestens einmal pro Woche einem Buch zuzuwenden. Der reale Bücherverkauf falle allerdings weiter, wenn auch in geringerem Tempo als früher, berichtet die Agentur RBC.

Leser-Geografie

Russland ist neben China und Spanien unter den drei lesefreudigsten Ländern und belegt im Rating des Meinungsforschungsinstituts GfK den zweiten Rang. Demnach haben 59 Prozent der Befragten erklärt, täglich oder mindestens einmal in der Woche zu lesen. In China ist der Anteil des lesenden Publikums mit 70 Prozent am höchsten, in Spanien sind es 57 Prozent. Wie die GfK-Online-Umfrage unter 22.000 Menschen in 17 Ländern, darunter in den USA, Großbritannien, Deutschland und Frankreich, ergab, widmet sich etwa die Hälfte (50,7 Prozent) der Menschen wenigstens einmal in der Woche einem Buch.

Die Studie in Bezug auf Lesehäufigkeit wird laut einem Vertreter des russischen GfK-Büros alljährlich durchgeführt. Die Zahl jener in Russland, die wenigstens einmal in der Woche zu einem Buch greifen, ist ihm zufolge steigend.

Im Jahr 2010 waren es 47,3 Prozent der Befragten, unter denen 20 Prozent angaben, „jeden Tag“ zu lesen. 2016 sollen laut den GfK-Daten bereits 30 Prozent die Gewohnheit, täglich zu lesen, bestätigt haben. Einmal im Monat lesen laut der Studie in Russland 17 Prozent der Befragten, und gar nicht - sechs Prozent.

Zu den Ländern, wo Bücher wenig populär sind, zählen die Niederlande und Südkorea. Dort erklärten 16 Prozent der Befragten, prinzipiell keine Bücher zu lesen. Ähnlich hoch sei der Anteil der Nichtleser in Belgien (14 Prozent) sowie in Kanada, Frankreich und Japan (jeweils 11 Prozent).

Wie die Forscher feststellten, wenden sich Leute mit höherem Einkommen öfter dem Lesen zu: 67 Prozent der wohlhabenden Befragten lesen täglich, unter den minderbemittelten sind es 48 Prozent. Interessant sei, dass die Frauen mehr als Männer wenigstens einmal pro Woche lesen - jeweils 60 und 57 Prozent.

Dieser Unterschied offenbarte sich laut der Studie besonders in den Niederlanden - ständig lesen dort 51 Prozent der Frauen und 33 Prozent der Männer, in Spanien - jeweils 65 und 50 Prozent.

Die von der Agentur RBC befragten Teilnehmer des russischen Büchermarktes zweifeln allerdings an diesen optimistischen Angaben der GfK-Studie.

„Positive Trends gibt es zweifellos, aber sie sind nicht so deutlich“, meinte der Präsident der Verlagsgruppe „Eksmo-AST“, Oleg Nowikow.

Seines Erachtens könne man eher sagen, dass „die Abnahme des Interesses am Lesen unter Russlands Bürgern aufgehört hat“, was mit der staatlichen Förderung und der gestiegenen Anzahl der Buchgeschäfte verbunden sei.

Wie der Generaldirektor der russischen Buchgeschäftskette „Bukwojed“, Denis Kotow, im Gespräch mit RBC behauptete, lesen Russlands Bürger durchschnittlich etwa neun Minuten am Tag Bücher, eine Stunde lang sitzen sie im Internet und zwei Stunden vor ihrem Fernseher. Somit sei in der Struktur des Medienkonsums der Anteil des Lesens „unbefriedigend niedrig“, stellte Kotow fest.

Positiv, aber unklar

„Da es sich um eine Online-GfK-Umfrage handelt, befinden sich die Befragten offenbar auf einem gewissen Niveau des Einkommens und technologischen Wissens. Das Hauptproblem hinsichtlich des Lesens liegt nicht in den Großstädten, sondern in den Kleinstädten und Ortschaften, wo die Bücherinfrastruktur unbefriedigend ist“, sagte der „Bukwojed“-Chef gegenüber der Agentur.

Die Chefredakteurin der Zeitschrift „Knischnaja industrija“ (zu Deutsch: „Buchindustrie“). Jelena Solowjowa, machte darauf aufmerksam, dass nicht die Umfragen, sondern der reale Bücherverkauf die Situation am genauesten widerspiegeln würden. „Am Büchermarkt geht es um den Verkauf. Bei uns aber wächst er den verkauften Exemplaren nach kaum. Deshalb zu sagen, dass die Anzahl der Leser im Lande zunehme, ist zweifelhaft“, schlussfolgert die Expertin.

Sie sprach von einer Systemkrise des russischen Büchermarktes. In den letzten fünf Jahren sei der Umsatz um 12 Prozent gesunken. Habe er 2011 noch 80,58 Milliarden Rubel betragen, so seien es zum Jahresende 2016 nur 71 Milliarden Rubel gewesen. In derselben Zeit sei der Verkauf von E-Büchern deutlich gestiegen und habe 58 Milliarden Rubel erreicht. Da dieses Segment aber nur drei bis vier Prozent des Marktvolumens ausmache, könne es den sinkenden Verkauf von gedruckten Ausgaben nicht ausgleichen. Wie Oleg Nowikow anmerkte, liest aber nur einer von 20 Menschen legal E-Bücher.

Laut den Angaben der Russischen Bücherkammer (RKP) wurden im Jahr 2016 in Russland insgesamt 446,2 Millionen Bücher und Broschüren herausgegeben, was 2,9 Prozent weniger als im Vorjahr sind. Allerdings soll sich die sinkende Tendenz verlangsamt haben, denn vor einem Jahr war es um 5,4 Prozent weniger. Bei all dem sei die Zahl der veröffentlichten Titel jedoch gestiegen: Die russischen Verleger haben 2016 mehr als 117.000 Titel herausgegeben, im Vorjahr waren es dagegen 112.000 Titel.