Diskriminierung
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Politisches Nachspiel eines Musikfestivals in Kanada: Weil eine Sängerin ihr Publikum nach der Hautfarbe sortierte und eine weiße Frau dabei nicht mitspielen wollte, erhebt der Veranstalter nun den Vorwurf des Rassismus - jedoch nicht gegen die Sängerin.

Die kanadische Sängerin Lido Pimienta hat die Angewohnheit, ihr Publikum nach der Hautfarbe zu sortieren. So auch vor zwei Wochen bei dem Musikfestival "Halifax Pop Explosion", das in der Hauptstadt der kanadischen Provinz Nova Scotia stattfand. Die gebürtige Kolumbianerin forderte ihre Zuhörerinnen mit dunkler Hautfarbe auf, nach vorn zu kommen, während sie von den Anwesenden mit weißer Hautfarbe verlangte, nach hinten zu treten.

In der Trennung des Publikums nach Hautfarbe sieht die Künstlerin eine antirassistische Maßnahme. Denn dunkelfarbige Frauen seien oft zu schüchtern, nach vorn zu treten und reihten sich daher hinter den weißen Männern und Frauen ein, ist Pimienta überzeugt. Und diese Ungerechtigkeit will sie zumindest bei ihren eigenen Konzerten angehen.

Ihr selbst missfalle es als Konzertbesucherin, immer früh erscheinen zu müssen, um einen vorderen Platz zu bekommen. Denn sonst könne sie als kleingewachsene Frau die Künstler nicht sehen, da Männer ihr "ohne auch nur darüber nachzudenken" die Sicht versperrten. Von der Spezies der Y-Chromosom-Träger hält sie ohnehin nicht viel. Ihre eigenen Konzerte seien für Frauen gedacht, nicht für Männer. Letztere neigten dazu, sie zu "überwältigen", wenn sie sich bei ihren Auftritten vor die Bühne stellen. Die Präsenz von Männern bei ihren Shows empfindet die Kanadierin als "bedrohlich".

Allerdings war es eine hellpigmentierte Geschlechtsgenossin, die sich während des Auftritts in Halifax weigerte, der Anordnung der Sängerin Folge zu leisten und sich nach hinten zu begeben. Zehnmal ermahnte Pimienta die Frau, endlich zu verschwinden, bis sie entnervt aufgab und sagte:
Du stiehlst Zeit von meinem Auftritt, du zeigst keinen Respekt für diese Frauen, und ich habe dafür keine Zeit."
Veranstalter distanziert sich von "aggressivem und rassistischem" Verhalten

Dabei hatte die Apartheids-Verweigerin noch nicht einmal aus einem politischen Motiv heraus gehandelt. Sie fotografierte für den Veranstalter ehrenamtlich die Auftritte der Künstler. Nach dem Vorfall distanzierte sich dieser jedoch mit scharfen Worten von der Fotografin und erklärte, sie nicht weiter zu engagieren. In einem vor einer Woche veröffentlichten Statement heißt es:

Wir werden eine solches Verhalten nicht akzeptieren, und ihr solltet das auch nicht tun. Tragt Verantwortung für eure Freunde - redet mit ihnen und unterstützt sie dabei, ihren Rassismus loszuwerden. Farbige Menschen verdienen sichere Räume, und es liegt in eurer Verantwortung, zu helfen. Und in unserer. An Lido Pimienta: Es tut uns leid, dass eine unserer Mitarbeiterinnen deine Kunst, deine Show und dein Publikum durch ihr aggressives und rassistisches Verhalten gestört hat."


Kommentar: Da fehlen einem echt die Worte!


Das Festival werde diskriminierenden Verhalten keinen Raum bieten, so die Veranstalter, die sich zudem eigens bei den "farbigen" Konzertbesuchern für einen "ruinierten Abend" entschuldigten. Die Erklärung habe sie "tief berührt", erklärte die Sängerin am Dienstag. Sie bezeichnete das Verhalten der Fotografin als einen "Akt der Gewalt". Weiter sagte Pimienta:
Als Immigrantin, als afro-indigener Mensch, als intersektionelle Feministin, als Mutter und all die anderen Merkmale, die mich als 'anders' qualifizieren, weiß ich, wie es ist, in den Medien und Institutionen nicht präsent zu sein und sich bei einer Musikshow nicht repräsentiert zu fühlen."
Wie diskriminierend ihr eigenes Verhalten ist, ist der selbsternannten Vorkämpferin gegen Ungerechtigkeit offenbar nicht bewusst - der Begriff geht schließlich auf das lateinische Verb "discriminare" zurück, das für trennen, absondern beziehungsweise unterscheiden steht. Menschen nach Hautfarben zu sortieren und aufgrund ihrer Pigmentierung unterschiedlich zu behandeln, galt daher bislang als Wesensmerkmal rassistischer Diskriminierung. In Kanadas Künstlerkreisen hat sich offenbar eine andere Sichtweise etabliert.