Die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Deutschland ist stark gestiegen. Kanzlerin Merkel und die Bürgermeister der größten Städte haben deshalb neue Maßnahmen vereinbart. Dazu zählen Sperrstunden ebenso wie der Einsatz der Bundeswehr.
Angela Merkel
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Die Bundeswehr und das Robert Koch-Institut (RKI) sollen künftig Experten in Corona-Hotspots schicken. Das haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Bürgermeister der elf größten deutschen Großstädte vereinbart. Die Unterstützung sei sinnvoll und geboten, wenn in sieben Tagen mehr als 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner registriert wurden.

Spätestens wenn dieser Sieben-Tage-Wert auf 50 Infektionen steigt, sollen die Städte außerdem umfangreichere Beschränkungen einführen. Dazu gehört etwa die Erweiterung der Maskenpflicht auf den öffentlichen Raum, wenn dort der nötige Abstand nicht eingehalten werden kann. Genannt werden auch Sperrstunden und Alkoholbeschränkungen für Gastronomiebetriebe sowie weitergehende Beschränkungen der Teilnehmerzahlen von Veranstaltungen und privaten Feiern.

"Alles wird zurückkommen: Feiern, Ausgehen, Spaß"

"Mir ist sehr wohl bewusst, dass die Maßnahmen, die jetzt nötig sind, wehtun", sagte die Kanzlerin nach dem Video-Gespräch mit den Bürgermeistern. So träfen etwa Sperrstunden die Gastronomie hart, die es ohnehin schwer habe. Und die Einschränkung von Hochzeiten und anderen Feiern greife tief in das Privatleben der Menschen ein. Ihre oberste Priorität sei jedoch, wenn irgendmöglich, das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben nicht wieder so herunterfahren zu müssen wie im Frühjahr.

Merkel appellierte insbesondere an junge Menschen, die Corona-Regeln ernst zu nehmen: "Denken auch Sie einmal an das, was Ihnen am wichtigsten ist!" Dazu zählten sicherlich die Gesundheit der eigenen Familie oder auch Ausbildungschancen, die aber von einer starken Wirtschaft abhängig seien. "Alles wird zurückkommen: Feiern, Ausgehen, Spaß ohne Corona-Regeln", sagte die Kanzlerin. Aber nun gelte es zunächst, Masken zu tragen, Abstand zu halten, die Corona-App zu nutzen und regelmäßig zu lüften.

Nach zehn Tagen weitere Beschränkungen möglich

Merkel und die Bürgermeister beschlossen außerdem, dass die deutschen Metropolen ihre Ordnungsämter so entlasten sollen, dass sie die Beschränkungen kontrollieren können. Bund und Länder sollen kurzfristig darüber beraten, wie auch Bundespolizei und Länderpolizeien helfen können. Kommt der Anstieg der Infektionszahlen in den Hotspots nicht spätestens nach zehn Tagen zum Stillstand, seien weitere Beschränkungen unvermeidlich.

An dem Gespräch mit Merkel nahmen die Oberbürgermeister und Bürgermeister von Berlin, Hamburg, Bremen, München, Frankfurt am Main, Köln, Düsseldorf, Dortmund, Essen, Leipzig und Stuttgart teil.

Mehr als 4500 neue Corona-Fälle an einem Tag

Zuvor hatte das Robert-Koch-Institut mitgeteilt, dass die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus binnen eines Tages auf 4516 gestiegen sei. Davon habe Nordrhein-Westfalen mit mehr als 1000 den größten Anteil verzeichnet, gefolgt von Baden-Württemberg und Bayern mit jeweils etwa 650 Neuansteckungen.

Nach Angaben des RKI müssen derzeit auch wieder mehr Covid-19-Patienten intensivmedizinisch behandelt werden. Deren Zahl betrage mittlerweile 487, davon müssten 239 beatmet werden. Elf weitere Menschen starben nach RKI-Angaben mit oder an einer Corona-Infektion. Seit Beginn der Pandemie haben sich 314.660 Menschen in Deutschland mit dem Virus angesteckt.

Großstädte besonders betroffen

Die Infektionszahlen steigen derzeit in allen Bundesländern, besonders betroffen sind aber die Großstädte. Zuletzt hatten Berlin, Bremen und Frankfurt am Main die kritische Grenze von 50 Neuansteckungen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen überschritten. Auch München vermeldet einen starken Anstieg, Köln und Essen lagen zuletzt noch knapp unter der Schwelle.