Die Meinungsfreiheit kann nur durch den Gesetzgeber, nicht nach Maßgabe von Unternehmen eingeschränkt werden, erklärt die Bundesregierung. EU-Kommissar Breton erkennt einen "Paradigmenwechsel", ähnlich dem des 11. September 2001.
angela merkel
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Die Bundesregierung sieht die Sperrung des Twitter-Kontos von US-Präsident Donald Trump kritisch. Die Betreiber sozialer Netzwerke trügen zwar Verantwortung dafür, dass die politische Kommunikation nicht mit Hass und Anstiftung zu Gewalt vergiftet werde, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Meinungsfreiheit als Grundrecht von elementarer Bedeutung könne aber nur durch den Gesetzgeber, nicht nach der Maßgabe von Unternehmen eingeschränkt werden.

Dass die Konten des US-Präsidenten dauerhaft geschlossen sind, sehe Kanzlerin Angela Merkel (CDU) deswegen als problematisch an. "Es ist richtig, dass der Staat, der Gesetzgeber dazu einen Rahmen setzt", sagte Seibert zur Lage in Deutschland. Grundsätzlich problematisch sei, was es in sozialen Medien an verfälschenden und Gewalt fördernden Äußerungen gebe.

Einen anderen Zungenschlag hat die Bewertung bei Thierry Breton, dem EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen. Der sieht in der Kontosperrung einen Wendepunkt bei der Regulierung von Online-Netzwerken. "So wie der 11. September einen Paradigmenwechsel bei der weltweiten Sicherheitspolitik hervorgerufen hat, werden wir 20 Jahre später Zeuge eines Vorher-Nachher bei der Rolle von digitalen Plattformen in unserer Demokratie", schrieb der Binnenmarktkommissar in einem Gastbeitrag für das Portal Politico.

Spätestens die Vorfälle vor und im Kapitol vergangene Woche zeigten, dass es keinen Zweifel mehr daran gebe, dass Online-Plattformen zu systemischen Akteuren geworden seien, so Breton. "Ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft können sie nicht mehr leugnen." Mit der dauerhaften Sperrung des persönlichen Twitter-Accounts von US-Präsident Donald Trump werde dies nun endlich anerkannt.


Twitter hatte Trumps Konto @realDonaldTrump dauerhaft gesperrt und ihm damit seine wichtigste Kommunikationsplattform entzogen, mit der er fast 90 Millionen Menschen erreichen konnte. Als Grund nannte Twitter das "Risiko einer weiteren Anstiftung zur Gewalt". Trump warf Twitter am Freitagabend in einer über Journalisten im Weißen Haus verbreiteten Mitteilung vor, sich mit den Demokraten verschworen zu haben, um ihn und seine Anhänger zum Schweigen zu bringen.