Anstelle von privaten Firmen soll sich künftig ein staatseigenes Entwicklungszentrum um die Herstellung von Spähsoftware kümmern. Zuletzt soll das Unternehmen Digi Task ganz ohne Ausschreibung den Staatstrojaner entwickelt haben.

„Der Bund wird die Software künftig selbst entwickeln“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU) der Onlineausgabe der Mitteldeutschen Zeitung. Es sei ein Kompetenz-Zentrum zur Erforschung und Entwicklung solcher Software sowie ein Service-Zentrum nötig, in dem allen Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder gegen Bezahlung Programme für hoheitliche Zwecke angeboten werden können. Darauf werde man nun hinarbeiten, kündigte Uhl an.
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Die Frankfurter Rundschau berichtete, dass das Zollkriminalamt und andere Behörden Millionenaufträge ohne Ausschreibung an die hessische Softwarefirma Digi Task vergeben habe, die wegen ihrer Trojaner-Programme in der Kritik steht. Allein das Zollkriminalamt bestellte laut Amtsblatt der Europäischen Union vielfach ohne Ausschreibung von März 2008 bis Januar 2009 Spähprogramme im Wert von mehr als 2,7 Millionen Euro.

Auch ein Auftrag des bayerischen Landeskriminalamts über eine Software-Lieferung im Wert von 247.773 Euro im November 2008 sei „ohne Aufruf zum Wettbewerb“ vergeben worden, heißt es im Amtsblatt der EU. Die Begründung der Behörden: Die Leistung könne aus technischen Gründen nur von einem bestimmten Bieter ausgeführt werden.

Dem Bericht zufolge hatte das Landgericht Köln bereits im Jahr 2002 den damaligen Digitask-Chef zu 1,5 Millionen Euro Geldbuße und 21 Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt, weil er jahrelang Beamte des Zollkriminalamts in Köln bestochen hatte. Diese hätten dafür bevorzugt Digitask-Geräte bestellt, so das Gericht. Der Verurteilte führe die Firma nicht mehr, heißt es laut Frankfurter Rundschau aus Behördenkreisen, und habe mit den Geschäften nichts mehr zu tun. Alleiniger Gesellschafter von Digitask sei laut Handelsregister bis heute aber seine Ehefrau. Dies bestätigte auch ein Digitask-Anwalt der Zeitung. Die Frau habe mit der Geschäftsführung jedoch nichts zu tun.

Innenminister sprechen über Trojaner

Die Innenminister von Bund und Ländern wollen heute in einer Telefonkonferenz über den umstrittenen Einsatz von Spionage-Software zum Abhören von Online-Telefonaten sprechen. Ein Thema sollen strengere staatliche Kontrollen der sogenannten Trojaner sein. Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) und sein niedersächsischer Amtskollege Uwe Schünemann (CDU) forderten vor einem Einsatz unabhängige Kontrollen der Software. Sie sollte „zukünftig von einer unabhängigen Stelle geprüft und zertifiziert werden“, sagte Jäger der Westdeutschen Zeitung. Ähnlich äußerte sich Schünemann in der Zeitung Die Welt.

Angesichts des Wirbels um die Trojaner und des neu aufgetauchten Computer-Virus Duqu fordert der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) einen Bundesinternetminister, der die Netzpolitik koordiniert. Es sei höchste Zeit für solch einen Minister, „der die drängenden Probleme des digitalen Zeitalters von der Sicherheit bis hin zum Datenschutz mit Nachdruck und aus einem Guss löst“, sagte BDK-Chef Andre Schulz der Neuen Osnabrücker Zeitung.

hei/dapd/dpa