Amerikas Demokraten bejubeln den Truppenabzug aus dem Irak, jetzt machen auch die Republikaner damit Wahlkampf: Die konservativen Präsidentschaftsbewerber warnen vor einer Rückkehr der Gewalt - und könnten damit recht haben.
us soldaten, kind
© AFP

Washington/Bagdad - Normalerweise zoffen sich die US-Präsidentschaftskandidaten beim parteiinternen Wettbewerb um die Nominierung - doch in diesem Punkt sind sich die republikanischen Bewerber einig: Amerika darf auf keinen Fall zum Jahresende seine Truppen aus dem Irak abziehen. Mit vereinten Kräften werfen sie dem amtierenden Präsidenten Barack Obama Opportunismus und verantwortungsloses Handeln vor.

Obama hatte am Freitag angekündigt, dass praktisch alle noch im Irak stationierten 39.000 US-Soldaten zu Weihnachten heimkehren sollen. Nur noch ein kleines Kontingent von etwa 160 Marineinfanteristen soll bleiben, hauptsächlich zum Schutz der diplomatischen Vertretungen im Land. "Nach einem Jahrzehnt der Kriege ist die Nation, die wir aufbauen müssen und die wir aufbauen werden, unsere eigene", sagte Obama mit Blick auf die US-Schuldenkrise.

Den Abzugstermin hatte ursprünglich Obamas republikanischer Vorgänger George W. Bush mit der irakischen Regierung vereinbart - was die Republikaner-Kandidaten geflissentlich ignorierten. Stattdessen sagten sie, Obama setze mit dem Abzug alle erzielten Fortschritte im Irak wieder aufs Spiel.

Diese seien mit dem "Blut und den Opfern" Tausender Amerikaner erreicht worden, zitierte die Washington Post Mitt Romney, Ex-Gouverneur von Massachusetts und derzeit der aussichtsreichste Anwärter auf die republikanische Spitzenkandidatur. Obama begehe einen "erstaunlichen Fehler", und es sei nicht klar, "ob diese Entscheidung das Resultat nackten politischen Kalküls oder schierer Unfähigkeit beim Verhandeln ist".

Angst vor einer Rückkehr der Gewalt

Der texanische Gouverneur Rick Perry sagte, er sei "zutiefst besorgt" darüber, dass Obama politischen Erwägungen und nicht "solidem militärischen Urteil" gefolgt sei. Die Abgeordnete Michele Bachmann wertete Obamas Absicht als "neues Zeichen politischer Schwäche". Herman Cain, früherer Chef einer Pizza-Restaurantkette, nannte den Abzug schlicht eine "dumme Sache".


Kommentar: Nachdem was die amerikanischen Soldaten selbst für Terror innerhalb der Zivilbevölkerung in Irak angerichtet haben, sind diese Behauptungen menschenunwürdig. Bis jetzt sind die Soldaten noch stationiert und ob die Soldaten wirklich abgezogen werden, wird die Zeit zeigen.


Das ist freilich Wahlkampfgetöse. Gleichzeitig könnten die Kritiker recht haben. Denn die Amerikaner verlassen den Irak nicht als stabilen Staat. Die Sicherheitslage ist prekär. Erst im Juli bewertete ein Bericht des US-Generalinspekteurs für den Wiederaufbau im Irak, Stuart W. Bowen, das Land als "außerordentlich gefährlichen Ort zum Arbeiten". Unter anderem zitiert Bowen Geheimdienstangaben, wonach noch rund tausend Qaida-Kämpfer im Land aktiv sind.

Um eine Rückkehr der Gewalt zu vermeiden, war Obama ursprünglich bereit, über das Jahresende hinaus ein Kontingent von mehreren tausend Soldaten zur Unterstützung der irakischen Sicherheitskräfte im Land zu belassen, wenn die Führung in Bagdad dies wünsche. Eine Übereinkunft darüber war aber daran gescheitert, dass Regierungschef Nuri al-Maliki keine Immunitätszusage für noch verbleibende US-Soldaten durchsetzen konnte.

Al-Maliki nannte den US-Abzug eine "historische Chance für das irakische Volk". Jetzt beginne eine neue Phase der Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten auf der Basis gegenseitigen Respekts, sagte er am Samstag vor Journalisten in Bagdad. "Der Abzug der US-Truppen beseitigt alle Rechtfertigungen des Blutvergießens im Irak von terroristischen Gruppen."

ssu/dpa