Scheidungsdramen, Beziehungskriege, Vernachlässigung und Gewalt - die Wege zum kindlichen Trauma sind vielfältig. Die Auswege nicht. Die Folgen dramatisch: Kindliche Traumata wirken ein Leben lang nach - psychisch wie physisch.
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Es geschah, was immer geschieht. Der Vater erzählte seine Geschichte. Die Mutter erzählte ihre. Das Kind blieb stumm. Ein klassisches Scheidungsdrama eben. Am Morgen des 3. April hatte der dänische IT-Berater Thomas S. seinen fünfjährigen Sohn Oliver in einem Vorort von Graz auf offener Straße entführt und nach Kopenhagen gebracht. Die Mutter, Marion W., wandte sich an die Medien, der Vater auch, ihre Geschichten ähnelten einander, auch wenn sie sich widersprachen: Der Vater sagte, dass es dem Bub gut gehe, weil er ja jetzt endlich zu Hause sei. Die Mutter meinte, dass es dem Bub nur zu Hause gut gehen könne, und zwar in Österreich. Wie es Oliver wirklich geht, kann nicht beurteilt werden. Eine langfristige Prognose ist aber zulässig: Es wird ihm nicht gut gehen. Früher oder später, unausweichlich.
Denn kindliche Traumata vergehen nicht, selbst wenn sich keine unmittelbaren Auswirkungen feststellen lassen. Sie beeinflussen das spätere Beziehungsleben. Sie können nach Jahrzehnten noch psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen auslösen. Sie können somatisch wirken und physische Krankheiten verursachen. Selbst Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben ihren Keim unter Umständen in der Kindheit. Ein Warnhinweis: Frühkindliche Traumata verkürzen Ihr Leben.
Und dazu bedarf es beileibe keiner dramatischen Kindesentführung (übrigens keine Seltenheit: derzeit sind in Österreich 25 ähnliche Fälle amtsbekannt) oder Gewalt- und Missbrauchserfahrungen. Der Wiener Kinderpsychotherapeut Helmuth Figdor erklärt:
Es hängt natürlich davon ab, wie man Trauma definiert. Aber im Grunde können auch weitgehend konfliktfreie Familien betroffen sein, in denen die Eltern mit ihren Kindern auf eine Art umgehen, die in einem strukturellen Sinn traumatisierend wirkt - etwa wenn sie einen depressiven Vater haben, der immer wieder über lange Strecken beziehungsunfähig ist, oder eine Mutter, die bei Auseinandersetzungen zwar nie die Hand gegen sie erheben würde, aber immer zutiefst gekränkt und enttäuscht ist und sich vielleicht tagelang von ihnen abwendet. Da ist die Watschen gesünder. Und ich sage nicht, dass die Watsche gesund ist.
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