Glaube
© unbekanntGlaube
Jesus trat als ein wahrer Sozialkritiker und Revolutionär in Erscheinung. Ein Mann, der die Korruption und die Krankheit der Welt aufdeckte, und die unrealisierten Potenziale einer neuen Lebensweise aufzeigte, wo soziale Bande auf Mitgefühl und Verständnis gründeten. Kurzum bot er jenen ein neues Leben, die danach suchten ...

In der nördlichen Hemisphäre kündigt die Wintersonnenwende die Jahreszeit des Winters an - wenn die Sonne ihre südlichste Position am Himmel erreicht hat und ihren Weg zurück Richtung Norden beginnt. In den Augen der Menschen der Antike war die Sonne gestorben und würde wiedergeboren werden, so wie sie es jedes Jahr tat - ein Symbol der Wiedergeburt, Regeneration und ewigen Wiederholung. Daher bot Sol Invictus ('die unbesiegbare Sonne') eine Plattform der Anbetung vieler Sonnengötter vergangener Zeiten, einschließlich des syrischen Elah-Gabal, Kaiser Aurelian Sol und des persischen Mithras.

Die frühen christlichen Eroberer wollten anscheinend eine gute Sache nicht fallen lassen und adoptierten etwas zynisch die Philosophie von "wenn es nicht kaputt ist, dann repariere es nicht". Sie fanden es ziemlich passend für ihren eigenen wiedergeborenen Gott Jesus. (Abgesehen von der Tatsache, dass es in der Bibel keinen Verweis auf Jesus' Geburtstag gibt, und frühere Traditionen ihn verschiedentlich auf den 6. Januar, 28. März, 20. Mai, 20. April, etc. ansetzten.) Daher wurde der Tag, an dem die Sonne wiedergeboren wurde auch der Tag, an dem der kleine Jesus geboren wurde. In den Worten von Chrysostomus aus dem vierten Jahrhundert: "Wer, wahrlich, ist so unbezwingbar wie Unser Herr?"

Eigentlich entsprach die verdrehte Logik, die die Annahme des 25. Dezember als Jesus' Geburtstag sah, eher der Norm als einer peinlichen Anomalie; denn der Jesus-Mythos hatte viel mit diesen lästigen 'fremden' Göttern gemeinsam. Der Mysterienkult des Mithras bot seinen Anhängern ein Leben nach dem Tod. Ihre rituellen Mahle und die offensichtlichen Ähnlichkeiten zu christlichen Dogmen - wunderbare Geburt, Wiederauferstehung durch Opfer, letztes Abendmahl, Läuterung durch Taufe, und die Tatsache, dass sie unter anderem Geburtstagskumpel waren - führte zu öffentlichen Denunziationen von Kultanhängern und Aufschreien, dass Mithras Jesus "imitierte", und nicht umgekehrt.

Aber Mithras war nicht der einzige Gott oder heilige Mann, dessen Geschichte der von Jesus zeitlich vorausgeht und bemerkenswerte Ähnlichkeiten mit ihr hat. Osiris, der Protagonist der frühesten ägyptischen Mythen, wurde nicht nur im Fluss Nil getauft, sondern starb und erstand wieder auf, um seine guten Taten zu tun. Krishna, der höchste Gott des Hinduismus, steigt hinab, um das Böse zu bekämpfen, wurde von einer Jungfrau geboren, wird von Hirten begleitet, von Engeln angekündigt, und überlebt die Kindesmord-Kampagne eines bösen Königs, der sich vor der Prophezeiung eines Gotteskindes fürchtet. Und natürlich wurde Buddha am 25. Dezember von der Jungfrau Maya geboren, seine Geburt von einem 'Stern der Bekanntmachung' begleitet, 'mit weisen Männern und Engeln, die himmlische Lieder sangen'. Er wandelte auf dem Wasser, wurde vom Teufel versucht während er fastete, verbreitete als Junge fortgeschrittene Lehren, begann sein Wirken im Alter von 30 Jahren, und ernährte wie durch ein Wunder die 500 Menschen (aber wer zählt schon?). Ach ja, und er verwandelte sich auf einem Berg, und es wurde gesagt, dass sein Gesicht "so schien wie die Helligkeit der Sonne und des Mondes". Und all das fast 500 Jahre bevor Jesus auf der Bildfläche erschien.

Was sollen wir nun damit anfangen? Lassen Sie uns mit ein paar Fakten anfangen. Als erstes, bezogen auf die Ähnlichkeiten mit Buddha, existierten in den Jahren vor Chrishna (schon richtig, das war die ursprüngliche Schreibweise seines Namens!) Handelswege zwischen Indien und dem mittleren Osten, auf denen buddhistische Missionare reichlich Gelegenheit dazu hatten, ihre spirituellen Waren zu verkaufen und Details über 'Erlöser' auszutauschen. Die Osiris-Mythen waren auch in Alexandria sehr bekannt, einer Hochburg früher christlicher Aktivitäten. Genauso wie die Christen in ihrer Mission, die Welt zu erleuchten, überall auf die starrköpfigen Glaubensvorstellungen der 'Heiden' trafen, so befanden sich die frühen Christen in einer Zeit und an einem Ort, der bereits mit bestehenden Mythen, Glaubensvorstellungen und Göttern versehen war.

Dies stellt ein Problem für jeden Vorläufer einer neuen Religion dar. Wie wir alle wissen, sind Glaubensvorstellungen verzwickt. Sie sind höchstwahrscheinlich alt; und wahrscheinlich weil sie so alt sind, ist es sehr schwer, sie zu brechen. Sie wollen einen Beweis? Geben Sie diesen Artikel einfach einem Freund mit einem besonders fest verankertem religiösen (besonders dem christlichen) Glauben und sehen Sie was passiert!

Wegen diesem seltsamen Phänomen, dass Menschen sich an Glaubensvorstellungen festklammern, ob diese nun wahr sind oder nicht, wird ein Kompromiss unvermeidlich. Denn was, wenn bestimmte Elemente dieser alten Glaubensvorstellungen gut nutzbar gemacht werden können? Wenn die Aktualität eines Mythos schon lange abgelaufen ist, kann die Methode, den Mythos umzuformen, eine perfekte Gelegenheit darstellen, um lang vergessene universelle Werte einzuführen, indem die konservative Mentalität von 'fremd = böse' umgangen wird. In anderen Worten kann dieser Prozess darauf hinarbeiten, die Essenz eines Mythos zu finden, seinen Symbolismus und seine versteckten Werte auszugraben und sie den danach hungernden Menschen neu zu präsentieren. Während das theoretisch eine großartige Sache ist, wird diese Praxis andererseits häufiger (d.h. immer) von Individuen missbraucht, die imperialistischere Mentalitäten und Motivationen haben. Nehmen Sie die Geschichte des christlichen Zwangs, des Mordes, der Kriegsführung, und der Folter. Der christliche Mythos wurde nicht nur dazu benutzt, Glaubensvorstellungen gewaltsam auf andere aufzudrücken, er hat auch viele einfach ausgerottet. Tempel, Manuskripte, Rituale und unzählige Menschen, die sich dem christlichen Mandat einfach verweigert haben, sind vom Angesicht der Erde hinweggefegt worden. Und wofür? Nun, hauptsächlich wegen Politik. Das Christentum erlangte Bedeutung, weil es als offizielle Staatsreligion des römischen Reiches ausgewählt wurde. Seine Einführung war politscher Natur, und alles andere folgte auf diese Tatsache. Bis zum heutigen Tag planen christliche Gruppen die Übernahme der Welt ... wortwörtlich. (Siehe den ersten Artikel einer Artikelserie in dieser Ausgabe [Anm. d. Übersetzers: The Dot Connector Magazine # 12] über die 'Tea Party and Dominionism'.) Wenn überhaupt, dann ist diese Tatsache allein Beweis dafür, dass der christliche Mythos schon lange seine soziale und spirituelle Brauchbarkeit verloren hat, wenn er denn überhaupt je eine hatte.

Dies bringt uns zu unserem zweiten Problem: Die Bibel selbst und was wir überhaupt darüber wissen können, wer Jesus wirklich war. Entgegen der christlichen Meinung sind die Evangelien und Briefe des 'Neuen Testaments' keine primären historischen Dokumente. Sie sind allesamt entweder Kopien von Kopien (dadurch beinhalten sie eine unbekannte Anzahl von Streichungen, Einfügungen und Überarbeitungen), oder sie wurden in den Jahrhunderten nach der Zeit verfasst, von der gesagt wird, dass Jesus lebte und atmete (und starb und wiederauferstand). Die frühesten Manuskripte stammen angeblich aus dem zweiten Jahrhundert. Für alles Frühere ist eine Analyse der frühesten Texte notwendig. Der Bibelwissenschaftler Burton Mack hat wahrscheinlich den größten Beitrag darin geleistet, die Schriften des Neuen Testaments und die Glaubensvorstellungen der frühen 'Jesusmenschen' für den modernen Leser in Büchern wie Wer schrieb das Neue Testament? und The Lost Gospel verständlich zu machen.

Durch sorgfältige Analyse der Evangelien und frühester christlicher Texte sind Mack und seine Kollegen zu einigen erstaunlichen Schlussfolgerungen gekommen. Um es kurz zu fassen (lesen Sie seine Bücher!), beinhalten die frühesten 'Schichten', d.h. die Sätze und Texte, die in die Jesusgeschichten eingefügt wurden, keine Informationen über Jesus' Leben oder Handlungen. Wie im Thomasevangelium sind da simple Sprichwörter: Aphorismen, spitze Erwiderungen auf hypothetische Spötter, Körnchen von Weisheit in Form von Parabeln. Keine Erwähnung einer wundersamen Geburt, eines Todes, oder einer Auferstehung, oder irgendwelcher anderer mystischen Elemente. In anderen Worten, es ist sehr wahrscheinlich, dass der gesamte christliche Mythos aus früheren Ideen zusammengebastelt wurde, und dass mythische Archetypen der hellenischen Zivilisation jener Zeiten den Sprichwörtern aufgepfropft wurden.

Die hypothetische Quelle dieser Sprichwörter (von den Gelehrten 'Q' genannt) präsentieren Jesus als so etwas wie einen kynischen Weisen, wie Diogenes oder Krates. (Die Kyniker waren eine Schule griechischer Philosophen, die die kulturellen Normen jener Zeit ablehnten und Verstand und Humor verwendeten, um die Scheinheiligkeit jener Zeit deutlich zu machen.) Kurz gesagt erscheint Jesus als ein wahrer Sozialkritiker und Revolutionär - ein Mann, der die Korruption und die Krankheit der Welt aufdeckte und die unrealisierten Potenziale einer neuen Art zu leben aufzeigte, in der soziale Bande auf Mitgefühl und Verständnis gründeten.

Kurzum bot er jenen ein neues Leben, die danach suchten. Und natürlich impliziert das den Tod des alten Lebens, der alten persönlichen Verhaltens- und Interaktionsmuster, die überhaupt erst zu dem Bedarf an seinen Lehren führten. Jedoch trafen die Jesusmenschen ganz zu Beginn auf jene Probleme, die ich oben bereits erwähnt habe: die bereits verwurzelten Systeme des sozialen Lebens und Glaubens. Ein merklicher Trend im Q-Dokument weist darauf hin, dass die Jesusmenschen, die viele jüdische Mitglieder hatten, sich in einer Situation wiederfanden, in der sie glaubten, sich im Sinne vom Judaismus rechtfertigen zu müssen. Folglich traf der Gottessohn-Mythos auf Moses, und die Christen wurden zu den 'wahren' Erben der jüdischen Tradition. Witziger Weise gibt es keinen jüdischen 'Anstrich' in den frühesten Schichten in Q, was darauf hinweist, dass sogar wenn Jesus als ein Jude geboren wurde (und dafür gibt es wirklich aus keiner Richtung einen Beweis), er sich selbst nicht als solcher identifizierte.

Was bedeutet das alles? Einerseits bedeutet es, dass das Meiste von dem, was wir über Jesus und das Christentum denken, falsch ist. Aber es gibt Körner von Wahrheit zwischen der Spreu des geliehenen, gestohlenen und erfundenen Kirchendogmas. Es braucht nur einen scharfsichtigen Blick und den Tod von lang gehegten Illusionen. Tatsächlich ist das eine große Sache, die uns zu unserer zweiten kosmischen Frage führt: "Was machen wir damit?" Ich denke, wir können damit anfangen, zu versuchen, die Essenz des Christentums zu finden. Wenn alle Lügen abgestreift sind, was bleibt dann übrig? Was können wir im Jesus Mythos und den Mythen aller Weltreligionen finden?

Jesus kritisierte zuallererst den Stand der Dinge. Nur weil er es vor 2.000 Jahren tat, heißt das nicht, dass wir heute aus dem Schneider sind. Er war aus einem bestimmten Grund ein Kritiker, und 2.000 Jahre sind genug Zeit für das Wachstum aller möglichen Arten von Warzen und Krankheiten in einem Körper jeglicher Lehre. Von einer ursprünglichen Bewegung, die scheinbar empfänglich für das Gute in anderen Glaubensrichtungen und Kulturen war, ist das Christentum zu einem sehr engstirnigen Glaubensgefängnis geworden - etwas, wogegen es ursprünglich angegangen war. Kurz gesagt ist der christliche Mythos seinem Tod nahe, und nur indem das eingestanden wird, kann etwas Neues und Gutes daraus werden. Der Mythos der Wiedergeburt ist mächtig, und er sagt uns etwas über die Funktion eines Mythos.

Ebenso wie ein hypnotisierter Junge den Kreis nicht verlassen kann, den der Hypnotiseur um ihn herum gezogen hat, verschließen die Christen ihren Geist gegenüber den Wahrheiten, die oftmals nur außerhalb ihres Glaubenssystems gefunden werden können. Doch anzunehmen und zu bekräftigen: "Ich hab's!" blockiert jegliche Chance das zu finden, was uns eigentlich fehlt. Sowohl Jesus als auch Buddha versuchten den Menschen zu zeigen, wie man 'rechtschaffen' ist, indem sie praktische Ratschläge gaben. Durch die immanente Natur des Themas (menschliches Verhalten, Fehler, Glauben, Emotionen) bedeutet das: psychologische Wahrheiten. Doch Psychologie war die gesamte Geschichte hindurch eine gefährliche Sache. Sie wurde von allen Führern verboten und ausradiert, die fürchteten, dass ihre Untertanen ihnen in ihren geheimen Unterfangen und versteckten Agenden auf die Schliche kommen würden, indem sie das Wissen anwendeten, das die Psychologie anbot.

Was die Welt braucht, ist eine neue Religion - eine Religion, die auf den Prinzipien von universellen Werten gründet, die ihrerseits in den allgemeinen Potenzialen von Empathie und Weisheit gründen, unabhängig davon, welche Farbe Ihre Haut hat, oder welchen Glauben Ihre Eltern hatten. Wenn Sie also ein wahrer Christ oder Buddhist oder ein Hinduist, oder Anhänger jeder anderen großen oder kleinen Religion sind, was soll dann Weihnachten für Sie bedeuten?

Winter Weihnachten Komet christmas comet
© Unbekannt
Weihnachten ist eine Zeit, um altmodische monotheistische Religionen abzulehnen und etwas Neues anzunehmen - etwas Neues in uns selbst, in unserer Welt, und in unserer Art, wie wir uns anderen gegenüber verhalten. In diesem Jahr also, lassen Sie uns Weihnachten feiern - aber ohne die Fantastereien, mit denen es in der Vergangenheit durchtränkt war. Lassen Sie uns Weihnachten stattdessen als eine Gelegenheit betrachten, unseren Lieben näher zu kommen, und sich vielleicht darauf zu konzentrieren, was es bedeutet, wiedergeboren zu werden, was es heißt, das Böse zu bekämpfen, und auf die Art von Welt, die wirklich möglich ist, wenn wir im Lichte der Wahrheit leben.