Aggressiv, lästig und penetrant: Milliardenfach verbreiten sich derzeit Mücken in Deutschland. Das Hochwasser spielt dabei eine große Rolle. Forscher halten eine echte Plage für möglich. Es gibt aber auch positive Aspekte.
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© dpaSsssssssssssssssssssssssst - Stechmücken breiten sich in Deutschland in diesem Sommer besonders aus.
Klingt wie ein schlechter Witz, ist aber keiner: Es gibt Überschwemmungsmücken. Man sagt auch: Überflutungsmücken. Wer im Moment gerade in Dresden an der Elbe, in Regensburg an der Donau oder Halle an der Saale unterwegs ist, wird sie kennengelernt haben. Sie sind um ein Vielfaches aufdringlicher und blutrünstiger als die Normalmücke. Milliardenfach breiten sie sich gerade aus, stechen wild um sich und verleiden einem den Sommerabend im Garten oder auf dem Balkon.

Es gibt ungefähr 50 Mückenarten in Deutschland - und einige von ihnen gehören zu den Überflutungsmücken. Das sind keine eigenen Unterarten, sondern Mücken aus Eiern, die vor Monaten oder Jahren abgelegt wurden in überfluteten Tümpeln, Wiesen, Wäldern, in Pfützen oder Senken. Dort haben sie sich angesammelt und können nun erst schlüpfen, weil die getrockneten Gebiete wieder überschwemmt worden sind.

Lästig und aggressiv

Diese Überflutungsmücken sind sehr lästig, weil ausgesprochen stechwütig: „Besonders aggressiv, besonders penetrantes Anflugverhalten“, so eine Sprecherin des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg (Brandenburg). Das Wüten ist kein Wunder: Überschwemmungsmücken sind genetisch bedingt im Stress. Sie stehen unter einem Zeitdruck, der sie rasend macht. Sie müssen Eier ablegen, bis zu 300 pro Weibchen, während die dafür benötigten nassen Uferflächen mit Rückgang der Flut langsam wegtrocknen.

Um aber schleunigst Eier ablegen zu können, benötigen sie ganz schnell viel Eiweiß und das holen sie sich aus dem Blut von Mensch und Tier. Haben sie dann die Eier gelegt, gibt es zwei Möglichkeiten: Es dauert ein bisschen bis zur nächsten Jahrhundertflut, das wüste Stechen nimmt ab.

Zwei halbwegs gute Nachrichten

Oder es geht ganz schnell und wird doppelt und dreifach furchtbar: Mücken brauchen zehn bis zwölf Tage bis zum Schlüpfen. Noch ein kleines Hochwasser oder ein starker Regen - und sie sind schon wieder da. Es wäre geradezu ein albtraumhaftes Generationentreffen von Mücken. Wenn das Wetter so bleibt, warm und feucht, halten die Leibniz-Mückenforscher dieses Jahr eine echte Plage für möglich.

Es gibt auch zwei halbwegs gute Nachrichten: Stechmücken übertragen in Deutschland keine schlimmen Krankheiten. Der Malariaerreger ist hierzulande seit über sechzig Jahren ausgerottet. Und: Eine Mücke wird nicht älter als sechs Wochen und schafft es höchstens bis in den Herbst. Spätestens dann hat es sich erst einmal ausgestochen.