Entwicklungsminister Dirk Niebel
© Tobias Hase/dpaEntwicklungsminister Dirk Niebel (hier bei einem Besuch in Äthiopien).
Bomben für Öl? Diesen Vorwurf erhebt der Entwicklungsminister und spricht von Heuchelei. SPD-Chef Gabriel kritisiert das UN-Chaos, an dem auch die Deutschen schuld seien.

Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) hat der internationalen Militärallianz Heuchelei im Kampf gegen den libyschen Machthaber Muammar al-Gadhafi vorgeworfen. Es sei "bemerkenswert, dass gerade die Nationen munter in Libyen bomben, die noch Öl von Libyen beziehen", sagte der FDP-Politiker in der ZDF-Sendung Maybrit Illner. Deutschland dagegen wolle offenbar als einziges Land einen absoluten Öl-Boykott.
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Niebel griff außerdem Bündnispartner Frankreich und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton an. Deutschland sei von Frankreich "nicht konsultiert" worden. Ashton habe "die Koordinierung der Außenpolitik suboptimal organisiert."

Zugleich wies er den Vorwurf zurück, bei der Enthaltung Deutschlands zur UN-Resolution habe es sich um ein Wahlkampfmanöver gehandelt. Eine Enthaltung sei im Wahlkampf viel schwieriger zu vertreten als eine Zustimmung, sagte der Minister. Die deutsche Position sei aber richtig, da im Vorfeld "nicht alle nichtmilitärischen Möglichkeiten ausgeschöpft worden" seien. Zudem gebe es keine politische Strategie für ein Libyen ohne Gadhafi.

Kontrollgebiete Libyen
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Diese Ansicht vertritt auch der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel - nicht aber, ohne dafür auch die Bundesregierung verantwortlich zu machen. So spricht der Sozialdemokrat im Fall des Luftkriegs gegen Libyen von einem am "schlechtesten vorbereiteten und chaotischsten UN-Einsatz", den es je gegeben habe. Es gebe "keine Strategie, keine wirkliche Einbindung der arabischen Nachbarn, keine Führung, keine klare Struktur", sagte er dem Tagesspiegel. Daran trügen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sowie der französische Präsident Nicolas Sarkozy eine Mitschuld. Alle drei hätten den Militäreinsatz für ihre "eigene Parteitaktik missbraucht".

Das Versagen der Bundesregierung begründet Gabriel wie folgt: Aus innenpolitischen Motiven habe diese zugeschaut, wie Sarkozy den Einsatz ebenfalls aus innenpolitischen Motiven vorangetrieben habe. Westerwelle sei es darum gegangen, sich als "Friedensfürst" zu profilieren. Sein Motto sei gewesen: "Nur nicht die Hände schmutzig machen." Das Ergebnis seien ein zerstrittenes Europa und eine "demolierte Nato".

Diese hat sich nun entschlossen, zumindest das Kommando über die Durchsetzung der Flugverbotszone in Libyen zu übernehmen. Dort fliegt seit Samstag eine von Frankreich, Großbritannien und den USA angeführte Militärallianz auf Grundlage einer Resolution des UN-Sicherheitsrats Luftangriffe, um die Zivilbevölkerung vor Übergriffen von Regierungssoldaten zu schützen und den Vormarsch dieser Truppen zu stoppen.

Deutschland - ebenfalls Mitglied im Verteidigungsbündnis - hatte sich bei der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat enthalten und beteiligt sich auch nicht am militärischen Vorgehen. Stattdessen will die Bundesregierung die am Libyen-Einsatz beteiligten Staaten an anderer Stelle entlasten und sich nun doch an Awacs-Aufklärungsflügen der Nato über Afghanistan beteiligen.