Imad Miri
© stern TVÄußerte sich erstmals vor einer Kamera: Imad Miri
Eine Stadt in Angst: Seit 30 Jahren treiben Mitglieder des libanesischen Miri-Clans in Bremen ihr Unwesen. Das verunsichert nicht nur die Bevölkerung. Sogar die Polizei hat Angst vor den kriminellen Clan-Mitgliedern.

Drogenhandel, Raub oder gefährliche Körperverletzung: Die Liste der Straftaten, die der Miri-Clan aus Bremen begangen haben soll, ist lang. Und: Allein mit dem Drogenhandel sollen die Miris 50 Millionen Euro verdient haben. "Die Miris sind überall dort, wo richtig viel Geld gemacht wird", sagt ein Ermittler, der nicht erkannt werden möchte.

"Polizisten haben Angst"

Seit 30 Jahren lebt der 2500 Mann starke Clan nun schon in Deutschland - und hat sich in dieser Zeit zu einer wahren Macht entwickelt, die sogar von der Polizei gefürchtet wird: "Die Polizisten haben Angst vor den Miris", sagt ein Kenner der Szene im Gespräch mit stern TV. Warum? "Die Miris zeichnet aus, dass sie absolut skrupellos sind." Und das zeige sich schon bei den jüngsten Clan-Mitgliedern.

"Wenn etwa ein 'normaler' Heranwachsender das Portemonnaie von einem Mitschüler abziehen will, droht er Gewalt an. Die Miris gehen einen Schritt weiter", erzählt der Mann. "Da kommt dann das Messer zum Einsatz - und es gibt schon mal einen Stich in den Oberschenkel. Nur um Stärke zu zeigen."

"Wir sind keine Terroristen"

1100 Mitglieder des Miri-Clans sind bei der Polizei aktenkundig. Alleine auf die Brüder Halil, Sami und Ali Miri fallen 162 Tatverdächtigungen. Sami Miri ist 77 Mal polizeilich in Erscheinung getreten - 21 mal wegen Körperverletzung.

Über die Straftaten der Miris wird oft erst lange nachdem sie passiert sind verhandelt. Und: Dann werden mehrere Straftaten zusammengelegt - weil die Justiz gar nicht die Möglichkeiten und Ressourcen habe, alle diese Fälle abzuarbeiten. Für die Miris wiederum ist das von Vorteil: Denn, wenn sich niemand richtig erinnert, dann gilt: Im Zweifel für den Angeklagten.

Die libanesische Großfamilie selbst fühlt sich ohnehin als Opfer: "Wir sind keine Terroristen", sagt etwa Imad Miri, der sich im Gespräch mit stern TV erstmals vor einer laufenden Kamera äußert. Und auch aus Sicht von Miri-Anwalt Detlef Vetter stehe die ganze Familie unter Generalverdacht, werde stigmatisiert.

Für die Bremer Bürger muss das absurd klingen. Sie haben große Angst. Und sie verstehen die Hilflosigkeit der Polizei nicht. Warum wird nichts unternommen? Und: Warum können die Miris in Bremen Angst und Schrecken verbreiten, obwohl die Probleme bekannt sind? Zwar hat der SPD-Innensenator Ulrich Mäurer eine Null-Toleranz-Strategie angekündigt. Passiert ist bisher allerdings nicht viel. "In Bremen haben wir das Problem, dass seit Jahren am Personal gespart wird", sagt ein Polizist zu stern TV. Von der Politik würde er sich deshalb manchmal alleine gelassen fühlen.

"Der Rechtsstaat wird nicht akzeptiert"

Auch der Chef des Landeskriminalamts Bremen, Andreas Weber, sagt, dass es bei der Bremer Polizei personelle Probleme gebe: "Das ist allen bekannt, aber das ist nicht nur in Bremen der Fall, sondern in anderen Bundesländern auch." Für Weber ist es jedoch ein weitaus größeres Problem, dass der Rechtsstaat von den Mitgliedern des Miri-Clans gar nicht akzeptiert werde: "Von den Patriarchen nicht, und auch von ihrer nächsten Generation nicht."

Härtere Haftstrafen seien deshalb nicht die einzige Lösung. Denn: "Auch in den Justizvollzugsanstalten haben diese Menschen die Möglichkeit, ihre Strukturen zu leben." Man müsse zwar bei Straftaten schnell und konsequent reagieren. Wichtig sei aber auch, vor allem auf die jungen Mitglieder einzuwirken, ihnen eine bessere Bildung zu bieten - und ihnen so zu zeigen, dass Kriminalität nicht der richtige Weg im Leben ist.