Ein norwegischer Skydiver filmt mit seiner Helmkamera etwas, das an ihm vorbeifliegt. Das Video verbreitet sich viral, von einem Meteoriten ist die Rede. Nun zieht das norwegische Meteoritennetzwerk die Vermutung, es könnte ein Meteorit gewesen sein, zurück.

Knapp eine Woche lang rätselten Internetnutzer in aller Welt, was es wohl gewesen sein könnte, das ein norwegischer Skydiver bei seinem Sprung vor knapp zwei Jahren mit der Helmkamera gefilmt hatte. Ein Meteorit muss es gewesen sein, da waren sich einige ganz sicher. Der Skydiver Anders Helstrup habe großes Glück gehabt, dass er nicht von dem schnellen Steinbrocken getroffen wurde, hieß es, von einem Schutzengel war die Rede.

Doch die Zweifel waren von Anfang an da: Wenn es sich um einen Meteoriten handelte, warum wurden in der Region keine Sichtungen eines Feuerballs gemeldet? Warum war kein Überschallknall zu hören? Warum konnte der Stein - trotz hunderter Stunden, die am Boden nach ihm gesucht wurde - nicht gefunden werden? Die Theorie, der Meteorit sei in Wahrheit ein Stein gewesen, der sich aus dem Fallschirm des Skydivers gelöst hatte, stand im Raum. Doch der Stein bewegte sich im Video nicht so, wie man es erwarten würde, wenn er aus dem Fallschirm gefallen wäre. Was steckte dahinter?

Um dem Rätsel auf die Spur zu kommen, wurde das Video des Skydivers schließlich im norwegischen Fernsehen gezeigt. Das norwegische Meteoritennetzwerk, das an der Untersuchung des Videos und der Suche nach dem vermeintlichen Meteoriten beteiligt war, erhoffte sich neue Hinweise von der Veröffentlichung. "Vielleicht haben wir wichtige Hinweise übersehen", schreibt die Organisation am Tag der Veröffentlichung in ihrem Blog. "Wir hoffen sehr, dass die Geschichte viral verbreitet wird."



Nun, Tage nach der Veröffentlichung des Videos, zeigt sich, dass beide Hoffnungen des Meteoritennetzwerks erfüllt wurden: Die vom norwegischen Fernsehsender NRK auf YouTube veröffentlichten Videos wurden tatsächlich viral verbreitet, die knapp neun Minuten lange Fassung des Videos mit englischen Untertiteln wurde zwischenzeitlich beinahe 900.000 Mal angesehen, die Kurzversion, die nicht englisch untertitelt wurde, kommt derzeit auf knapp 4,7 Millionen Aufrufe.

Der Meteorit war ein ganz normaler Stein

Und auch das Crowdsourcing hat funktioniert: "Es gab keinen Meteoriten", schreibt das Meteoritennetzwerk nun, nachdem die Rückmeldungen aus dem Internet ausgewertet sind. "Es war ein Stein, der versehentlich in den Fallschirm gepackt wurde." Mit Hilfe der vielen Rückmeldungen könne man nun rekonstruieren, was passiert war, ist sich das Netzwerk sicher.

Die neue Theorie der Norweger: Der Stein, den die Forscher auf eine Größe von nur einigen Zentimetern schätzen, wurde versehentlich mit dem Fallschirm eingepackt. Als der Fallschirm geöffnet wird, fällt der Stein, doch durch die Bewegungen des Skydivers und des Fallschirms befindet sich der Stein zunächst über dem Springer. Später überholt er den Skydiver, da der Stein zu diesem Zeitpunkt aber bereits einige Sekunden fällt, beschleunigt er nicht mehr viel. Die fehlende Beschleunigung war ein Grund, warum man ursprünglich davon ausging, dass es sich um einen Meteoriten handelte.

"Die Details sind etwas unklar, aber das macht nichts", teilt das norwegische Meteoritennetzwerk mit und verweist auf "Ockhams Rasiermesser". Das Prinzip besagt, dass man die "einfachste" Erklärung für ein Phänomen wählen soll, wenn man mehrere Erklärungen hat. Die "einfachste" Erklärung ist diejenige, die mit der geringsten Zahl an Hypothesen auskommt. "Es ist egal, dass wir eine lange Kette von Ereignissen haben, die normalerweise nicht passieren, wenn die alternative Hypothese ein Meteorit ist", sagen die Meteoritenjäger nun und bedanken sich bei allen, die bei der Aufklärung geholfen haben.