Demo in Ungarn
© dapdBei einer Demonstration gegen die Verfassungsreform in Budapest.
Tausende Ungarn haben am Wochenende gegen die Verfassungsreform demonstriert, die das Parlament an diesem Montag beschließen soll. Der frühere sozialistische Ministerpräsident Gyurcsany warf dem Regierungschef Viktor Orbán Streben nach „Alleinherrschaft“ vor.

Mehrere tausend Menschen haben am Wochenende in Budapest an einer Kundgebung der „Demokratischen Charta“ teilgenommen und damit gegen die neue Verfassung demonstriert, die an diesem Montag im Parlament verabschiedet werden soll. Der frühere sozialistische Ministerpräsident Gyurcsány warf dabei Regierungschef Orbán und dessen Parteienbündnis aus nationalkonservativer Bürgerallianz (Fidesz) und christlich-demokratischer Volkspartei (KDNP) vor, nach „Alleinherrschaft“ zu streben.

Fidesz und KDNP verfügen im Parlament über mehr als die zur Verfassungsänderung notwendige Zweidrittelmehrheit. Orbán verrate die Republik, habe „die Pressefreiheit mit Füßen getreten“, nutze „einen Teil der Staatsanwaltschaft für politische Ziele“ und schüchtere die Gerichte ein. Unter Orbán werde „Ungarn von Europa und der Welt isoliert“, sagte Gyurcsány und rechtfertigte das Fernbleiben der „demokratischen Opposition“ von der Parlamentsdebatte über die neue Verfassung, womit er Sozialisten (MSZP) und die Abgeordneten der LMP („Politik kann anders sein“) meinte.

Laut Organisatoren der Demonstration sei es „das kaum verschleierte Ziel“ der gegenwärtigen Parlamentsmehrheit, mit der neuen Verfassung „dem ganzen Land das eigene Weltbild aufzuzwingen“ und ihre „Macht einzubetonieren“.

In einer weiteren Demonstration protestierten etwa 15.000 Polizisten, Soldaten, Feuerwehrleute, Zöllner und Gefängniswärter „für den Schutz bisher gesicherter Rechte“ und für moderne Arbeitsbedingungen. Vor allem wandten sie sich gegen die von der Regierung Orbán geplante Reform des Pensionssystems, mit dem sie der ausufernden Frühpension begegnen will.

Orbán ließ zu den Protesten erklären, Ungarns Parlament beschließe am Montag „ein Grundgesetz, auf das alle Ungarn stolz sein können“. Die neue Verfassung biete Schutz vor „schweren politischen Verbrechen“, die „die Regierungen der Gyurcsany-Ära begangen haben“. Die Verfassung soll am 1. Januar 2012 in Kraft treten.