seuche pest
© imago/BildFunkMVIn Anklam (Vorpommern, Greifswald) erinnern Bürger zum 750-jährigen Bestehen der Gemeine an die Zeit der Pest in der Stadt.
Hilflosigkeit - was die Menschen in Westafrika im Kampf gegen Ebola erleiden, kannten auch in Europa noch unsere Großväter. Um Seuchen wie Pest oder das Fleckfieber zu besiegen, waren wissenschaftliche Erkenntnisse vonnöten, für die die Forschung manchmal Jahrhunderte brauchte.

Eine globale Bedrohung, eine der weltweit schwersten Gesundheitskrisen - so lauten die Einschätzungen zur Ebola-Epidemie in Westafrika. Die Wortwahl regt dazu an, einmal zurückzuschauen auf die großen Epidemien der Vergangenheit. Wie bewältigten die Menschen früher solche Krisen?

Zunächst einmal waren sie meist völlig hilflos, auch in Europa. Denn auch hier ist es noch gar nicht lange so, dass man Seuchengefahren frühzeitig erkennt, gründlich beobachtet und rechtzeitig Maßnahmen zur Bekämpfung einleitet. Noch vor hundert Jahren war man einer Krankheit hilflos ausgeliefert, von der heute kaum noch jemand weiß: dem Fleckfieber. Im Ersten Weltkrieg tötete es mehrere Millionen Menschen, vor allem an der Ostfront. Die Krankheit begann mit Fieber und Muskelschmerzen, führte zu rotfleckigem Ausschlag und endete mit einer Vergiftung des Blutes. Bis zu 40 Prozent der Betroffenen starben. Erst 1909 erkannte der Franzose Charles Nicolle, dass die Krankheit von der Kleiderlaus übertragen wird. Die Folge waren große Desinfektions- und Entlausungsaktionen. Doch auch im Zweiten Weltkrieg, in Massenunterkünften und Lagern, fielen viele Menschen dem Fleckfieber zum Opfer. In ärmeren Gegenden Asiens, Afrikas und Südamerikas kommt es noch immer vor.

Ganze Dörfer riegelte man ab

Sogar die Pest gibt es noch. Jährlich erkranken daran weltweit etwa 2 000 Menschen, 180 sterben. Die meisten in Afrika. Doch auch hierzulande erschreckt der Name dieser Krankheit noch immer. Ihr Ausbruch war der schlimmste einer Seuche in der Menschheitsgeschichte. Von 1347 bis 1353 vernichtete die Pest in Europa 25 Millionen Menschen, ein Drittel der Bevölkerung. Noch 1666 raffte sie in London 100 000 Menschen dahin. Und was taten die Menschen dagegen? Sie geißelten sich mit Peitschen, um das Missfallen Gottes zu besänftigen. Sie räucherten befallene Häuser aus, um den „Pesthauch“ zu beseitigen. Sie ermordeten Juden, um sich an den vermeintlichen Brunnenvergiftern zu rächen. In London schlichen Sucher, oft alte Frauen, durch die Straßen, um Pestkranke ausfindig zu machen, deren Häuser dann von außen verrammelt wurden. Ganze Dörfer riegelte man hermetisch ab, ließ die Bewohner verhungern. Kinder wurden geschlagen, weil sie keinen Tabak rauchen wollten, der als Mittel gegen Pest galt.


Kommentar: In der Tat:

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Erst 1894 entdeckte der Schweizer Bakteriologe Alexandre Yersin den Pest-Erreger. Vier Jahre danach wurde der Rattenfloh als Überträger identifiziert. Erst seit den 1950er-Jahren können Antibiotika gegen die Pest eingesetzt werden. Andere Erreger - die Viren - wurden erst mit dem Elektronenmikroskops um 1940 sichtbar.

Uns scheint die Ära der Hilflosigkeit so weit entfernt - nicht zuletzt aufgrund des intensiven Wirkens von Bakteriologen und Virologen, dank Antibiotika und umfassender Impfprogramme. Doch die Panik, zu der auch wir angesichts von Ebola, Sars oder immer neuen Grippewellen neigen, zeigt: Wir sind und bleiben verwundbar.