Sie wollen sich nicht damit abfinden: Zehntausende Katalanen protestieren gegen die Entscheidung des spanischen Verfassungsgerichts, die Volksbefragung zur Unabhängigkeit zu verbieten.

Zehntausende Katalanen protestieren gegen Referendum-Stopp
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Barcelona/Madrid - Die Verfassungsrichter in Madrid hatten am Montag das geplante Unabhängigkeitsvotum in Katalonien untersagt. Nun hat das einstweilige Verbot scharfe Proteste in der autonomen Region ausgelöst. Zehntausende Demonstranten folgten einem Aufruf und zogen vor die Rathäuser zahlreicher Gemeinden und Städte.

Die Bewohner der wirtschaftsstärksten Region im Nordosten des Euro-Landes und riefen immer wieder: "Wir wollen abstimmen, wir wollen abstimmen!" In Barcelona kleideten sich einige Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung in Nationalfarben, sie schwangen gelbe-rote Flaggen und hielten Aufschriften wie "Serem Illiures" (Deutsch: Wir werden frei sein) in die Höhe. Schon vor dem offiziellen Beginn der Kundgebung und trotz Regens war der Platz Sant Jaume im Zentrum der katalanischen Hauptstadt mit mindestens 5000 Menschen "total überfüllt", berichtete die Zeitung El País in der Onlineausgabe.

Am Montag hatte das spanische Verfassungsgericht das geplante Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens erwartungsgemäß gestoppt. Die Richter entschieden in Madrid einstimmig, die Verfassungsklage der spanischen Zentralregierung gegen die geplante Abstimmung in der autonomen Region zuzulassen.


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© Bildquelle: REUTERSDemonstration in gelb und rot: Bis zu 1,8 Millionen Menschen gingen am 11.09.2014 in Barcelona auf die Straße.

Damit ist das Dekret der Regionalregierung in Barcelona, wonach die Katalanen am 9. November per Volksbefragung über die Abspaltung von Spanien abstimmen sollten, durch die Entscheidung der Verfassungsrichter automatisch gestoppt worden.

Dabei hatten die Richter nur sechs Stunden nach der Einreichung der Verfassungsklage ihr Urteil gefällt. Der katalanische Regierungschef Artur Mas monierte, das Gericht hätte seine Entscheidung in "Überschallgeschwindigkeit" getroffen. Nach Sicht der liberalen Regierungspartei CDC (Demokratische Konvergenz) würde die Eile der Richter zeigen, dass das Verfassungsgericht "kein guter Schiedsrichter" sei. Der katalanische Abgeordnete Joan Tardà im spanischen Parlament stellte die Unparteilichkeit des Tribunals in Frage, da die Richter von den großen spanischen Parteien nominiert würden.

Die konservative Madrider Zeitung ABC wies darauf hin, dass der katalanische Regierungschef sich strafbar mache, wenn er daran festhalte, Vorbereitungen zur Volksabstimmung zu treffen. Die Regionalregierung teilte mit, man werde die Abspaltung von Spanien weiter verfolgen. Jedoch werde die die offizielle Informationskampagne für die eigentlich Anfang November geplante Abstimmung vorerst eingestellt, sagte Regierungssprecher Francesc Homs.

Die katalanische Regierung plant einen Antrag zu stellen, um das Urteil des Verfassungsgerichts zurückzuweisen.

Angesichts der anhaltenden Diskussionen und Proteste zeichnet sich in Madrid ein erstes Entgegenkommen des spanischen Ministerpräsident Mariano Rajoy ab. Er sei bereit, Vorschläge der Opposition anzuhören, offen für Gespräche über eine Stärkung der Regionen und eine entsprechende Änderung der Verfassung, sagte Rajoy.

daf/Reuters/AFP